22.12.2011, 08:32 Uhr

iTunes Match im Praxis-Test

Der neue Apple-Dienst iTunes Match bietet einiges: Lokal gesammelte Musik wird in der Cloud gespeichert und kann danach überall angezapft und sogar zwischen Geräten abgeglichen werden. Noch besser: Minderwertige Songs werden qualitativ auf ein neues Niveau gehoben und aufgehübscht. Legal, notabene.
iTunes Match wird innerhalb von iTunes abonniert und kostet 35 Franken pro Jahr. Beim ersten Kontakt prüft der Dienst, welche Songs in der lokalen Musiksammlung auch im iTunes Store erhältlich sind. Anschliessend werden nur jene Songs auf die Server geladen, die der Store nicht kennt. Allzu viele dürften das in den meisten Fällen nicht sein, denn immerhin umfasst der iTunes Store ein Repertoire von über 20 Millionen Liedern. Die Anzahl der Songs, die in der Cloud gespeichert werden können ist grosszügig limitiert. Insgesamt speichert iTunes Match maximal 25’000 Songs, die NICHT im iTunes Store gekauft wurden, während die Einkäufe diesem Limit nicht angerechnet werden. Dabei kümmert sich iTunes Match nicht um die Herkunft der Songs, im Gegenteil. Egal, ob die Dateien von einer CD übertragen oder aus einer dubiosen Tauschbörse gezogen wurden: Sie alle versammeln sich in der Wolke. Dabei wird die Sammlung deutlich aufgewertet, denn alle bekannten Songs werden bei Bedarf mit besseren Coverabbildungen versehen. Mehr noch: Selbst popelige MP3-Dateien mit geringer Bitrate werden automatisch durch hochwertige AAC-Dateien mit beachtlichen 256 kbps ersetzt! Die besseren Dateien sind jedoch nicht nur über die Cloud verfügbar, sondern werden auch auf dem Rechner des Benutzers abgespeichert. Allerdings ist die originale Musiksammlung diejenige, die zuletzt profitiert. Die Umwandlungen und Verbesserungen werden erst wirksam, wenn die Dateien aus der Cloud geladen werden. Deshalb: Sicherungskopie anlegen, den iTunes-Ordner löschen, iTunes neu starten und die ganze Bibliothek (am besten über Nacht) wieder herunterladen. Bei so viel Service sollte erwähnt werden, dass schwarz kopierte Songs nicht legalisiert werden – Apple macht lediglich keinen Unterschied. Allerdings wäre das auch ziemlich schwierig, denn woher soll der Dienst wissen, ob eine Datei aus einer Tauschbörse stammt oder von einer regulär gekauften CD? Nächste Seite: So geht’s

Die erste Synchronisierung

Mit dem Upgrade auf iTunes 10.5.2 erscheint in der linken Spalte automatisch der Eintrag «iTunes Match». Ein Klick darauf zeigt eine hübsche Wolke und die Möglichkeit, den Dienst für 35 Franken pro Jahr zu abonnieren. So getan, gleicht iTunes augenblicklich die lokale Sammlung mit den Servern bei Apple ab. Anschliessend werden die Cover-Abbildungen aktualisiert und gleichzeitig die verbleibenden, unbekannten Dateien auf die Apple-Server übertragen.
Wir testeten den Dienst mit einer Musiksammlung von insgesamt 2286 Titeln. 1527 der Songs lagen als MP3-Dateien aus verschiedenen Quellen vor, beim Rest handelte es sich um AAC-Dateien aus dem iTunes Store. 33 Songs waren noch mit dem alten Apple-DRM geschützt, wie es in der ersten Zeit des iTunes Stores zum Einsatz kam. Laut der Anzeige in iTunes mussten insgesamt 1279 Objekte hochgeladen werden – um was es sich dabei handelte, wurde jedoch nicht ausdrücklich angezeigt. Auf alle Fälle dauerte dieser Vorgang ziemlich genau drei Stunden.
Bereits während dieser Zeit war jeder bekannte oder bereits heraufgeladene Song auf den anderen Geräten verfügbar. Ausserdem konnte auch ein kleiner iPod touch mit beschränktem Speicher plötzlich auf die gesamte Musiksammlung zugreifen. Das Gerät darf jedoch nicht zu alt sein, denn iTunes Match funktioniert erst ab iOS 5.0.1. Bei den Geräten wird mindestens ein iPhone 3GS, ein iPod touch der 3./4. Generation oder ein iPad (2) vorausgesetzt.

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Jeder kann mitmachen

Nachdem die eigene Musiksammlung mit den Apple-Servern abgeglichen worden ist, steht dem unbeschwerten Musikgenuss nichts mehr im Weg. Um die Cloud auf einem iOS-Gerät anzuzapfen, wird lediglich in dessen Einstellungen im Bereich «Musik» die Option «iTunes Match» aktiviert. So getan, wird der Benutzer darüber informiert, dass nun die gesamte Musik von Gerät gelöscht und durch eine Kopie aus der Cloud ersetzt wird. Dabei ist es dem Benutzer überlassen, ob er sich alle verfügbaren Songs in der Cloud anzeigen lassen will, oder nur jene, die lokal auf dem Gerät gespeichert sind.

Beim Abgleich mit der Cloud werden jedoch nicht nur Musikstücke, sondern auch Wiedergabelisten übertragen. Je nachdem, wie die Erstellung und Pflege von Wiedergabelisten in einer Familie gehandhabt wird, kann dies als Vor- oder Nachteil gewertet werden. Wenn alle Wiedergabelisten gemeinsam genutzt werden sollen, repräsentiert iTunes Match die perfekte Lösung. Soll jedoch nur die neu hinzugekommene Musik zwischen den Familienmitgliedern synchronisiert werden, während die Zusammenstellung der Wiedergabelisten dem Einzelnen überlassen bleibt, dann ist die Privatfreigabe von iTunes die bessere Lösung.

Die Synchronisierung zwischen Rechnern funktioniert genauso einfach. Auf jeden Computer mit derselben Apple-ID wird lediglich iTunes geöffnet, der Bereich «iTunes Match» aufgerufen und die Schaltfläche «Diesen Computer hinzufügen» angeklickt. Einfacher geht es nun wirklich nicht! Die einzige Beschränkung besteht darin, dass zwei oder mehr Rechner nicht gleichzeitig mit der Cloud synchronisieren können – stattdessen geht es immer schön der Reihe nach. Allerdings ist die originale Musiksammlung diejenige, die zuletzt profitiert. Die Umwandlungen und Verbesserungen werden erst wirksam, wenn die Dateien aus der Cloud geladen werden. Deshalb: Sicherungskopie anlegen, alle Songs iTunes-Ordner löschen und die ganze Bibliothek (am besten über Nacht) wieder herunterladen. Bei der Aktivierung des Rechners befinden sich übrigens alle Songs noch in der Cloud und werden erst gespeichert, wenn sie zum ersten Mal abgespielt werden. Um alle Songs gleich von Anfang an zu laden, werden alle Titel markiert, mit rechts angeklickt und mit dem Befehl «Laden» aus der Cloud geholt. Nächste Seite: Frischzellenkur

Die Frischzellenkur

Und wie hat sich nun die Synchronisierung mit iTunes Match auf die einzelnen Songs ausgewirkt? Tatsächlich hat sich Vieles zum Besseren gewendet. Bei unserem Test wurde zuerst die Musiksammlung von einem iMac mit iTunes Match abgeglichen – mit kunterbunt gemischten Dateiformaten in unterschiedlicher Qualität. Ganz anders sah die Sammlung aus, die anschliessend ein MacBook Air in Empfang nehmen konnte: Die bekannte MP3-Dateien waren weitgehend verschwunden und durch hochwertige AAC-Dateien ersetzt worden. Die teilweise mangelhaften Cover-Abbildungen erstrahlten in neuem Glanz und die wenigen noch kopiergeschützten Dateien wurden durch solche ohne DRM ersetzt. Mission geglückt.

Fazit: iTunes Match löst gleich mehrere Probleme auf einmal. So wird die Musiksammlung auf allen angeschlossenen Geräten immer auf dem neuesten Stand gehalten. iOS-Geräte mit beschränktem Speicherplatz können kabellos auf die gesamte Musiksammlung zugreifen. Und dann sind da noch die automatischen Verbesserungen bei der Tonqualität und den Cover-Abbildungen: sie kommen einem intensiven Frühlingsputz gleich, ohne dass man dazu auf eine Leiter steigen oder sich bücken müsste. Da keine einzige Datei mit einem Kopierschutz versehen ist, kann die gesamte Musiksammlung in diesem aufgefrischten Zustand wie gewohnt gesichert werden und bleibt dem Benutzer auch dann erhalten, wenn er sich entschliesst, den Dienst nach Ablauf des Jahres nicht mehr zu abonnieren. Man könnte also sagen, dass man für 35 Franken eine Musiksammlung auf den bestmöglichen Stand bringt, ohne auch nur einen Finger zu rühren – und allein dieses Argument sollte Grund genug sein, um iTunes Match eine Chance zu geben.



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