Ländervergleich 2012 20.07.2012, 16:12 Uhr

Wie gut ist die Schweizer ITK-Wirtschaft?

Fakten, Zahlen, Argumente - das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) analysiert die Schweizer ITK, lobt deren Stärken, identifiziert Defizite. Die Highlights der aktuellen, internationalen Studie.
Die Schweizer ITK - im Vergleich mit den besten Ländern der Welt.
Die Schweiz als hochentwickelte Volkswirtschaft muss sich weltweit mit den besten Unternehmen und Staaten messen, wenn sie ihren Wohlstand bewahren (oder ausbauen) will. Ergo kann sich die Schweiz im internationalen Vergleich keine Rückstände leisten. "Best Practices"-Anwendungen aber setzen hervorragende ITK-Infrastrukturen "vor Ort" voraus, betont das Institut für Wirtschaftsstudien in Basel. Die Basler haben im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) am Pulsschlag der Schweizer ITK gehorcht und den Befund auf 133 Seiten niedergelegt. Die Studie \"eEconomy in der Schweiz: Monitoring und Report 2012" ist die Erste ihrer Art - und brandaktuell (Juli 2012). Wie also ist es um die Schweizer ITK bestellt? Einige Highlights der Studie: Zunächst zur ITK-Infrastrukturnote: Die Business School INSEAD und das World Economic Forum (WEF) haben vor einigen Wochen einen "Network Readiness Index" und eine Länderrangliste von 142 Ländern herausgegeben. Als Bewertungskriterien dienten unter anderem das allgemeine Geschäftsumfeld, IT-Skills und die Verbreitung von ITK-Technologie in den Haushalten, der Wirtschaft und der öffentlichen Hand. Gemäss Studie konnte sich die Schweiz mit sehr wenig Abstand auf das führende Schweden an fünfter Stelle behaupten (Quelle: INSEAD/WEF: The Global Information Technology Report 2012). Die Basler Wirtschaftswissenschaftler warnen allerdings davor, sich von derartigen Gesamturteilen, die den IST-Zustand eines Landes an "gewissen Idealvorstellungen" messen, in falsche Sicherheit wiegen zu lassen (vgl. Grafik).

Nachholbedarf: Bandbreite

Punkto breitbandige Internetanschlüsse hält die Schweiz die Weltspitze mit Dänemark. Das Netz der Swisscom bedient heute fast alle Schweizer Haushalte mit bis zu 20 Mbps, Kabelnetze sogar mit bis zu 100 Mbps und mehr. Da der Bedarf an zusätzlicher Bandbreite ohne Zweifel rasch steigen wird, bauen Swisscom und andere Marktteilnehmer ihre Netze mit Glasfaser aus. Im Hochbreitbandbereich, so resümieren die Autoren der Studie, liegt die Schweiz jedoch hinter vielen Staaten zurück, nicht punkto Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen, sondern punkto verfügbarer Bandbreite. Nchste Seite: Ist die Schweiz zu teuer? Preisvergleiche mit dem Ausland sind immer ein sehr heisses Eisen. Die Schweizer Festnetzpreise schätzen die Basler Wissenschaftler im internationalen Vergleich zwischen günstig und mittel ein. Für die mobilen Anschlüsse und Internetzugänge konstatieren die Autoren jedoch kritischer: "Vermutlich sind die Preise für mobile Dienste bzw. für den Zugang zu mobilen Netzen in der Schweiz eher teuer und wirken sich tatsächlich dämpfend auf die mobile ITK-Welt aus". Die vielen Preisoptionen, Gerätesubventionen und Bündelangebote machten es jedoch schwer, die Frage nach mobilen Preismodellen klar zu beantworten. Internet-Nutzung in der Bevölkerung: Im Internet surfen mehr Männer als Frauen, jedoch ist die Differenz in den letzten Jahren immer stärker zurückgegangen - von 23 Prozent im Jahr 2002 auf 12 Prozent im Jahr 2011. Im letzten Jahr 2011 lag die Nutzungsquote unter Männern also um 12 Prozent höher als unter Frauen. Tendenziell steigt die Nutzung mit dem Bildungsniveau an. Bei Hochschulangängern liegt die Nutzungsquote seit Jahren bei über 90 Prozent, bei Personen mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II liegt sie dagegen nur bei 76 Prozent. Auch die Schweizer Sprachregionen unterscheiden sich: Der italienischsprachige Teil hinkt der Deutschschweiz und der französischsprachigen Schweiz hinterher. Junge Internetnutzer zwischen 15 und 29 Jahren treiben sich mit einer Nutzungsquote von 72 Prozent überproportional häufig in sozialen Netzwerken herum. Nutzer mit einer höheren Ausbildung interessieren sich besonders stark für Nachrichten, E-Banking, E-Commerce, Telefonieren via Internet und Informationen zu politischen Themen. Unabhängig von Alter und Ausbildung sind Frauen gesundheitbewusster als Männer. 62 Prozent der Frauen, aber nur 48 Prozent der Männer suchen im Web nach gesundheitsspezifischen Informationen.

Schweizer E-Banking unterentwickelt

Punkto Gesundheit liegt die Schweiz deutlich über dem EU-25-Durchschnitt, punkto E-Banking aber darunter. Jeder zweite Schweizer Internet-Nutzer (50 Prozent) betreibt E-Banking. Der EU-25-Durchschnitt liegt jedoch bei 54 Prozent. Mit 80 Prozent deutlich höher liegt die E-Banking-Quote in Dänemark, den Niederlanden, Finnland, Schweden und Norwegen. Nchste Seite: ITK in den Unternehmen Im internationalen Vergleich ist der Anteil der ITK-Investitionen an den Gesamtinvestitionen in den USA mit 31,5 Prozent am höchsten. Auch Schweden, Dänemark und Grossbritannien investieren mehr in ihre ITK als die Schweiz, Länder wie Deutschland Finnland oder Österreich investieren deutlich weniger. In den meisten Ländern, so die Autoren der Studie, machen Software-Investitionen mehr als die Hälfte der ITK-Investitionen aus - so auch in der Schweiz. Dort investieren die Finanz- und Versicherungsdienstleister am meisten in ihre IT. Der Anteil ihrer IT-Ausgaben (nicht nur Software) am Gesamtbudget liegt bei 17,6 Prozent Gemäss einer im Auftrag von Accenture durchgeführten Befragung von 350 Schweizer Berufstätigen (Mobile Web Watch 2012) ist das mobile Internet in der Schweizer Geschäftswelt stark etabliert. 33 Prozent der Befragten nutzen im Beruf ein Smartphone, der Länderdurchschnitt liegt bei 25 Prozent. Die Schweiz nimmt punkto Smartphone eine Vorreiterrolle ein. Punkto Tablet-PCs ist die Verbreitung in der Schweiz jedoch mit 7 Prozent leicht unterdurchschnittlich (Länderdurchschnitt: 9 Prozent). In Sachen Business Software stützt sich die SECO und Basel auf die von Computerworld und IDC durchgeführte Studie "Swiss IT 2011" (zum Online-Recherchetool: ITK-Marktzahlen der Schweiz). ERP-Systeme sind in grösseren Schweizer Unternehmen mittlerweile sehr verbreitet. 79 Prozent der 603 von CW/IDC befragten Schweizer Firmen haben eine ERP-Lösung im Einsatz, jedoch nur gut die Hälfte arbeitet mit einer CRM-Software. Punkto CRM besteht in der Schweiz noch Nachholbedarf; immerhin planen 22 Prozent der Schweizer den Einsatz von CRM in den kommenden Jahren. Hemmschuh punkto Cloud Computing: Gemäss einer von Dell und Intel in Auftrag gegebenen Studie über Cloud Computing bei Kleinunternehmen haben nur 12 Prozent der Schweizer Unternehmen keine Bedenken, in die Cloud zu wechseln (Vanson Bourne 2012: Der Umgang mit veränderten IT-Anforderungen). In den Benelux-Ländern ist die Quote der Unternehmen ohne Bedenken mit 24 Prozent am höchsten. Diese Länder stehen in Europa dem Beschaffungsmodell Cloud am aufgeschlossensten gegenüber. In Deutschland (14 Prozent) und in Frankreich (15 Prozent) ist die Quote der Unternehmen ohne Bedenken ähnlich tief wie in der Schweiz. Auch dort ist man (noch) skeptisch. Nchste Seite: Das ITK-Fazit des SECO

HighTech wahrt Wettbewerbsfähigkeit

Fazit - Schweizer ITK-Wirtschaft: Die Autoren der Studie ziehen insgesamt ein positives Resümmee. Ganz offensichtlich seien sich Schweizer Unternehmen der Bedeutung von ITK für ihre Wettbewerbsfähigkeit bewusst. Sie unternehmen vieles, um den Anschluss nicht zu verlieren. Exemplarisch für die Bemühungen, neue Entwicklungen nicht zu verpassen, ist der in jüngster Vergangenheit erfolgte Einstieg in Social Media auf breitester Front: Obwohl (noch) in vielen Schweizer Unternehmen Skepsis bezüglich Kosten und Nutzen von Social-Media-Aktivitäten herrscht, werden nun Investitionen getätigt und Erfahrungen gesammelt. Die Autoren betonen jedoch: Der frühzeitige Einsatz neuer ITK-Lösungen verschafft heute keine Wettbewerbsvorteile mehr, sondern ist vielmehr eine Bedingung für die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit. Für die Schweizer Wirtschaft gehe es deshalb in erster Linie darum, mit innovativer ITK im globalen, dynamischen Umfeld ihre gute Position zu verteidigen.



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