04.09.2006, 10:55 Uhr

Kampf gegen Kostenexplosionen

Oft sprengen behördliche IT-Projekte die geplanten Zeit- und Kostenbudgets. Mit welchen spezifischen Problemen haben öffentliche Auftraggeber zu kämpfen und welche Gegenmittel stehen ihnen zur Verfügung?
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Weltweit liefern nur 29 Prozent der Entwicklungsprojekte die bestellten Funktionen im vereinbarten Zeit- und Kostenrahmen. 53 Prozent verschlingen mehr Aufwand als geplant, und 18 Prozent scheitern ganz. Dies hat die Standish Group in ihrem jüngsten so genannten Chaos Report herausgefunden, den sie alle zwei Jahre nach der Untersuchung von zuletzt fast 10000 IT-Projekten erstellt.
Gerade bei behördlichen IT-Grossprojekten ist sowohl der finanzielle, als auch der Imageschaden enorm, wenn sie nicht nach Plan verlaufen. Wilhelm Kruth ist Leiter des gemeinsamen Gebietsrechenzentrums, eines Systemhauses des Landes Nordrhein-Westfalen in Köln. Er ist überzeugt: «Versäumnisse bei der Anforderungsdefinition, also in den frühen Phasen von Entwicklungsprojekten, sind die Ursache vieler dieser Probleme.» Schlechte Vorgaben liessen sich während der Programmierung nur noch aufwändig und im Test gar nicht mehr kompensieren. Kruth fordert deshalb eine übergreifende Qualitätssicherung, die schon im Projektvorfeld prüft, ob die Anforderungen der politisch verantwortlichen Auftraggeber eindeutig und systemtechnisch umsetzbar sind.
Die fundamentale Bedeutung des Anforderungsmanagements für die Wirtschaftlichkeit von IT-Projekten ist zwar seit Jahren nichts Neues mehr. Doch immer noch tun sich viele öffentliche Auftraggeber mit Investitionen in diese vorbeugende Qualitätssicherung schwer. Der Grund: Der politische Entscheidungsprozess ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass Anforderungen immer wieder auf den Prüfstand kommen und kurzfristig geändert werden. Gesetze und öffentliche Regularien tragen zumeist die Handschrift vieler unterschiedlicher Interessengruppen. Hinzu kommt, dass IT-Expertise noch keinen festen Platz in den politischen Entscheidungsprozessen besitzt. Dies führt zum bekannten Phänomen, dass die politisch Verantwortlichen die Implementierungsdauer ihrer Vorgaben regelmässig unterschätzen.
Aufgrund des zunehmenden Drucks seitens der Öffentlichkeit und angesichts leerer Kassen sehen sich viele Behörden nach geeigneten Gegenmassnahmen um. So hat etwa der Deutsche Städte- und Gemeindebund einen Rahmenvertrag mit SQS Software Quality Systems geschlossen. Das Beratungshaus unterstützt dessen Mitgliedkommunen beim Qualitätsmanagement und stellt Produkte sowie Dienstleistungen rund um das Software-Testen zur Verfügung.

Zusätzliche Brücken zur IT

Was bedeutet das für den Projektalltag der Behörden-IT? Welche Stolpersteine und Erfolgsfaktoren müssen die Verantwortlichen kennen? In erster Linie geht es um eine wesentlich stärkere Verzahnung der bisher getrennten Welten Fachabteilung und IT-Organisation. Zum einen muss die IT-Expertise bei der Vertragsgestaltung einen stärkeren Einfluss bekommen. So können Auftraggeber und IT-Lieferanten zum Beispiel vermeiden, dass sie von vornherein unrealistischen Lieferterminen hinterher laufen. Andererseits gilt es, die Fachexperten während der Entwicklung stärker in die Pflicht zu nehmen - sei es bei der Anforderungsdefinition oder der Priorisierung der verschiedenen Funktionen.



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