Interview 04.03.2013, 06:27 Uhr

Der Cebit-Chef zur Shareconomy

Diese Woche geht es los, die weltgrösste ITK-Messe Cebit öffnet ihre Pforten in Hannover. Heinrich Vaske von unserer deutschen Schwesterpublikation Computerwoche hat den verantwortlichen Vorstand der Deutschen Messe AG, Frank Pörschmann, um Antworten zu den Messetrends und -zielen gebeten.
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Frank Pörschmann, Cebit-Messechef
Shareconomy ist das Motto der Cebit, vermutlich abgeleitet von dem Begriff Share Economy, den es schon seit den 70ern gibt, der aber im Web eine neue Bedeutung bekommen hat. Was ist konkret der Trend, den Sie auf der Messe spiegeln wollen? Pörschmann: Shareconomy beschreibt das Teilen und gemeinsame Nutzen von Wissen, Kompetenzen sowie Kontakten und Infrastruktur als Formen neuer Zusammenarbeit - geschäftlich und privat. Neue Informations- und Kommunikationslösungen schaffen dafür die technologische Grundlage. Das Phänomen Sharing in allen seinen Facetten bildet sich aktuell als wesentliche Voraussetzung für verantwortungsvolles Wachstum heraus und hat deshalb branchenübergreifende Relevanz.

Liegt das «Teilen» eigentlich wirklich in der DNA der IT-Unternehmen? Man möchte doch eigentlich lieber exklusiv beispielsweise in der IT-Branche an Softwarelizenzen und Wartungsverträgen Geld verdienen.

Pörschmann: Noch vor einigen Jahren waren Plattenläden die DNA der Musikbranche - heute verlagert sich das Angebot fast ausschliesslich in die Cloud. Durch den Einsatz von Cloud-Technologien befindet sich die gesamte ITK-Branche im Umbruch. Sie sehen, die Shareconomy ist ein gesamtwirtschaftliches und -gesellschaftliches Phänomen, dass vor allem die Anwenderbranchen betrifft: Autohersteller bieten Car-Sharing an, Entertainment-Portale stellen Millionen Musiktitel zum Anhören auf Zeit bereit. Ein gutes Beispiel für das «Sharen» von Wissen und Erfahrungen sind auch Wikis und Bewertungsportale. Dieser Trend bringt viele neue, erfolgreiche Geschäftsmodelle hervor - insbesondere für die IT-Unternehmen. Daher mache ich mir keine Sorgen, dass Softwareunternehmen kein Geld mehr verdienen - ganz im Gegenteil. Darin steckt insgesamt für die IT-Industrie ein grosses Potenzial, das es zu nutzen gilt. Nächste Seite: Bleibt die Cebit eine IT-Messe? Vier Themen spielen momentan im ITK-Markt eine herausragende Rolle: Big Data einschliesslich Analytics, Cloud Computing, mobile Technologien und das Social Enterprise. Sind das auch die inhaltlichen Schwerpunkte auf der Cebit? Wie werden sie dort sichtbar gemacht? Pörschmann: Die Cebit spiegelt die aktuellen und kommenden Entwicklungen der gesamten Branche wider, deshalb werden natürlich auch diese Themen auf dem Messegelände zu finden sein. Die Themen Big Data, Cloud und Social zum Beispiel gehören zu den Highlights im Programm der diesjährigen Cebit Global Conferences. Dort sprechen unter anderem Top-Manager von Huawei, Salesforce, Continental, Trend Micro, der Deutschen Telekom, Fujitsu und SAS über das Teilen in der Cloud, den Weg zum Social Business und die intelligente Nutzung riesiger, dezentraler Datenmengen. Hierzu können Besucher sich auch in einem separaten Fachforum in Halle 6 informieren.

Mobile Technologien sind ein wichtiger Bestandteile unseres Leitthemas Shareconomy. Zum Thema «Mobile Business Solutions» haben wir einen ganz neuen Bereich geschaffen. Dort geht es um die sichere und kontrollierbare Integration mobiler Endgeräte in die Unternehmens-ITK.

Die Digitalisierung der Prozesse und Produkte durchdringt gegenwärtig alle Branchen und alle Unternehmensbereiche. Kann die Cebit vor diesem Hintergrund eine reine ITK-Messe bleiben? Pörschmann: Diese Entwicklung ist allgegenwärtig, aber nicht neu - für die Masse wird sie jetzt lediglich sichtbar und begreifbar. Die Cebit wächst bereits seit Jahren stärker in die Anwenderbereiche hinein. Das ist auch der Grund, warum es nach wie vor die Plattform für digitales Hightech ist. Das zeigt sich unter anderem in den Bereichen Energie, Gesundheit, Infrastruktur und Automotive. Bestes Beispiel ist der Automotive Day am Cebit-Donnerstag, ein Kongress mit mehr als 500 Teilnehmern. Nächste Seite: «Die CeBIT lässt die Anwender sprechen»

Mit EADS-Chef Tom Enders lassen Sie einen CEO die Messe eröffnen. Das ist neu. Welches Motiv hat Sie geleitet? Pörschmann: Das trägt genau dem Trend Rechnung, den Sie gerade angesprochen haben. In den vergangenen Jahren standen hochrangige Manager aus Anbieterunternehmen auf der Bühne. Dieses Jahr kehrt die Cebit das Ganze um und lässt die Anwenderindustrie sprechen. Das wird hochinteressant, denn Tom Enders wird uns Einblicke geben, was ein Konzern wie EADS für Ansprüche an die IT-Unternehmen stellt und was für Anforderungen zukünftige Entwicklungen erfüllen müssen.

Warum haben Sie keinen CIO gewählt? Pörschmann: Die Cebit ist die weltweit wichtigste Veranstaltung der digitalen Wirtschaft. Bei der Eröffnung sitzen rund 2000 hochrangige Politiker und Entscheidungsträger der Wirtschaft im Publikum, mehrere tausend Menschen verfolgen die Veranstaltung im Netz, die Bundeskanzlerin spricht ebenso wie der Regierungschef des Partnerlandes. Da ist unser Anspruch, dass der Industrievertreter nicht nur aus einem Fachressort kommt, sondern Berührungspunkte und Einfluss auf alle wirtschaftlichen Disziplinen hat.

Partnerland der Cebit ist in diesem Jahr Polen. Wie ist es dazu gekommen und warum bauen Sie diese Brücke in das Nachbarland? Pörschmann: In Europa ist Polen so etwas wie der Hidden Champion der digitalen Wirtschaft. Sowohl Polen und Deutschland als auch alle an der Cebit beteiligten Unternehmen und Besucher werden von dieser Partnerschaft profitieren. Das Partnerland-Konzept bringt einen nachhaltigen Schub für die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Polen ist eine der wirtschaftlich dynamischsten Nationen Europas und erlebt seit Jahren einen Aufwärtstrend - trotz der Wirtschaftskrise. Die wirtschaftlichen Rahmendaten der vergangenen Jahre sind beeindruckend. Für die ausstellenden Firmen und Institutionen ist Polen das Tor nach Osteuropa. Und für die polnischen Aussteller ist die Cebit das Tor zur Welt.



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