28.09.2009, 11:39 Uhr

«Beide Seiten reden aneinander vorbei»

Die IT hat in vielen Unternehmen einen schlechten Ruf und gilt ausschliesslich als Kostenfaktor. Um das zu ändern, müssen CIOs aktiver kommunizieren. Tipps gegen ein schlechtes Image.
Dr. Joachim E. Wolbersen von «Guide Consulting Dr. Wolbersen & Partner» in Hamburg und Basel unterstützt mit seinem Team nationale und internationale Mandanten vorrangig in den Bereichen internationales Servicemanagement und ITIL, internationales Projektmanagement, Management Consulting und organisatorisches Change Management
Die IT hat in vielen Firmen einen schlechten Ruf. Schuld daran ist der Hype der 1990er-Jahre, für den auch die CIOs verantwortlich gemacht wurden. Damals dachte man, dass Informationstechnologie jedes Problem lösen könne. Die Fachabteilungen hatten oft überzogene Erwartungen, teilweise trugen die IT-Verantwortlichen selbst zu dieser Euphorie bei. Das betraf besonders Technologien im CRM-Bereich, die theoretisch zwar eine Menge Möglichkeiten boten, aber für das einzelne Unternehmen nicht immer anwendbar waren. Statt eine neue Software im Vorfeld kritisch auf ihre Potenziale hin zu prüfen, übernahmen die EDV-Leiter ungefragt die Neuheit. Umso grösser war die Enttäuschung bei den Fachabteilungen, wenn nicht alles nach Wunsch lief. Mit dem Platzen der New-Economy-Blase litt das Renommee der IT noch mehr.
Danach gingen die CIOs in die genau entgegengesetzte Richtung. Sie wurden übervorsichtig und stellten bei jedem neuen Thema die Probleme in den Vordergrund, nicht die Chancen. Kein Wunder, dass Geschäftsführung und Fachbereiche inzwischen die EDV-Abteilung als Bremser sehen. Dieses Bild hat sich so verfestigt, dass die IT in vielen Unternehmen nur als Kostenfaktor, nicht aber als Business Driver gesehen wird.

Mehr miteinander reden

Das Hauptproblem: die mangelhafte Kommunikation innerhalb des Unternehmens. CIOs agieren oft losgelöst vom operativen Geschäft und nehmen Ansprüche der Fachbereiche nicht wahr. Diese wiederum würdigen die Leistung der IT nicht ausreichend. Sie formulieren Wünsche ohne Rücksicht auf deren Machbarkeit. Im Prinzip reden beide Seiten aneinander vorbei. ITler sind nüchterne Fakten gewohnt, Konfliktmanagement und Einfühlungsvermögen dagegen kommen oft zu kurz.
Ausserdem werden Budgets zu knapp kalkuliert. Wenn ein Projekt dann ins Schlingern kommt, hat die IT-Abteilung den schwarzen Peter. Mit einer konsequenten Abstimmung zwischen CIO, Management und Anwender lässt sich das vermeiden.
Dazu müssen sich aber alle über das gemeinsame Ziel im Klaren sein, was nicht ohne Kompromisse geht. Oft werden Vorhaben mit überflüssigen Anforderungen vollgestopft, und der CIO ist nicht energisch genug zu sagen, dass sich bestimmte Dinge einfach nicht umsetzen lassen. Daher sollten alle Mitarbeiter so früh wie möglich für ein Projekt sensibilisiert werden. Es muss ihnen klar sein, warum sich was für wen ändert und mit welchen Folgen. Anwender hassen nichts mehr als Überrumpelung. Aber auch die IT-Abteilungen werden oft vor vollendete Tatsachen gestellt. Man sieht sie als ausführendes Organ, aber nicht als gleichberechtigten Partner. Wenn der CIO feststellt, dass die Software gar nicht in die bestehende EDV-Landschaft passt, steht er als Spielverderber da. Deshalb muss im gesamten Unternehmen ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass die IT auch Partner ist.

Jeden Erfolg kommunizieren

Eine wichtige Säule dabei ist das Personenmarketing, das heisst, der CIO muss seine Abteilung nach aussen hin repräsentieren und bekannt machen. So ist es beispielsweise eine tolle Leistung, täglich eine Systemverfügbarkeit von 99,9 Prozent zu erreichen. Viele kommunizieren das gar nicht, weil es für sie selbstverständlich ist. Der Endanwender weiss aber in der Regel nicht, welche Anstrengungen dahinterstecken. Ein anderes Mittel, das Image aufzupolieren, ist die Teilnahme an Award-Ausschreibungen. Ein renommierter Preis oder das gute Abschneiden in einem unabhängigen Benchmarking erhöht das Prestige auch intern.

Externe Unterstützung

Ein externer IT-Dienstleister kann bei der Imagepflege eines Unternehmens unterstützen, indem es dem CIO Know-how liefert. Mit dem Wissen agiert dieser gegenüber den Mitarbeitern souveräner. Heutzutage stehen EDV-Leiter unter dem Druck, sich ständig weiterbilden zu müssen. Hier kann der Externe ansetzen. Systemhäuser wie die Cormeta organisieren Workshop-Reihen, um Führungskräfte zusammenzubringen, aktuelle Herausforderungen zu diskutieren und technologische Neuheiten vorzustellen. Natürlich müssen es nicht immer gross angelegte Veranstaltungen sein. Ein Systemhaus könnte dem CIO auch ein Coaching im eigenen Haus anbieten oder die Möglichkeit, auf einem wichtigen Kongress von einem erfolgreichen Projekt zu berichten. Auch hier gibt es Potenzial, den IT-Verantwortlichen zu schulen, vor allem in Präsentationstechniken. So etwas stärkt das Renommee des CIO auch bei den eigenen Leuten ungemein. Überhaupt sind Projekterfolge eine gute Gelegenheit, die IT ins rechte Licht zu rücken. Wenn ein Externer sagt, dass das Projekt ohne den EDV-Leiter nicht so gut verlaufen wäre, macht das Eindruck auf die Kollegen.
Natürlich muss sich die Unterstützung durch ein Systemhaus darauf beschränken, Know-how für das ganz konkrete Projekt beizusteuern. Daraus kann aber durchaus eine langfristige Zusammenarbeit entstehen. Die Frage ist, wie stark dadurch die strategische Ausrichtung des Unternehmens beeinflusst wird. Wenn der Betrieb bei jeder Entscheidung nur das eine Systemhaus als möglichen Einführungspartner wählt, wird es kritisch. Beide Seiten sollten deshalb feste Regeln vereinbaren, damit ein Vertrauensverhältnis entsteht. Je klarer der Dialog und die Positionen, umso geringer das Risiko von Konflikten.

Ein erfolgreiches Beispiel

Wie erfolgreiches IT-Marketing in der Praxis aussieht, zeigt das folgende Beispiel in der öffentlichen Verwaltung Hessens. Die für IT-Aufgaben zuständige Servicegesellschaft hatte Probleme bei der Systemverfügbarkeit und im Umgang mit den Ämtern. Hinzu kam, dass innerhalb der IT-Tochter zu wenig miteinander abgestimmt wurde. Mitarbeiter spielten unkoordiniert Patches ein oder nahmen unberechtigt Änderungen vor, die das gesamte System ins Taumeln brachten. Das ganze Tohuwabohu drohte sogar ein aktuelles Projekt zu Fall zu bringen. Der Wendepunkt kam, als man eine Consulting-Agentur ins Boot holte. Sie empfahl, die IT klar prozessorientiert aufzustellen und am ITIL-Standard auszurichten.
Die Endanwender wurden konsequent in die Definition der Abläufe eingebunden. Man trat sogar in einen bundesweiten Erfahrungsaustausch mit anderen Behörden. Das Ergebnis war eine viel höhere Systemverfügbarkeit. Durch den Impuls eines Externen gelang es, das Prozessverständnis in der eigenen Mannschaft zu verankern. Man konnte sich nun als professioneller Dienstleister präsentieren, was zu einem Prestigegewinn führte. Die Kunden sahen, wie komplex die Abläufe sind und welches Know-how nötig ist, um immer eine hohe Verfügbarkeit sicherzustellen. Die Prozesseinführung war hier ein wirksames Marketinginstrument.
Dr. Joachim E. Wolbersen



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