07.12.2009, 16:33 Uhr

Azure, Windows 7 und ein NetBook für alle - ein Bericht von der PDC 09

Vom 16. bis 19. November fand in Los Angeles beinahe schon traditionell die Professional Software Developers Conference (PDC) statt, Microsofts wichtigste Konferenz für Entwickler über Themen, die die Zukunft der Microsoft-Plattform betreffen. Die drei Highlights der Konferenz waren Windows 7, Silverlight 4 und natürlich Azure 1.0.
Allzu viel musste im Vorfeld der diesjährigen PDC nicht über mögliche Ankündigungen während der beiden Keynotes an den ersten beiden Tagen spekuliert werden, denn dass Windows Azure einen breiten Raum einnehmen würde war für alle Experten im Vorfeld klar. Ebenso, dass das im Sommer vorgestellte Silverlight 3.0 nur eine Art Zwischenrelease ist und ein Nachfolger (sprich ein Silverlight 4) daher kurz vor der Tür stehen würde. Und da die neuen Releases .NET 4, VS 2010, SharePoint 2010, Office 2010 und SQL Server 2008 R2 bereits angekündigt wurden, war natürlich die spannende Frage, ob es nicht doch das eine oder andere ,,Big Announcement" geben würde. Um es vorweg zu nehmen: Überraschungen gab es keine (bis auf eine, von der noch die Rede sein wird), was man nachträglich als positiv werten muss, denn mit dem ,,Verdauen" und vor allem Umsetzen von dem, was in den nächsten Monaten an neuen Versionen auf den Markt kommen wird, dürfte die Mehrheit der Entwickler (zumindest theoretisch) auf Jahre ausgelastet sein.Windows Azure 1.0 War es im letzten Jahr, zur PDC 08, noch eine Art Paukenschlag ohne Orchesterbegleitung, wirkten Begriffe wie Windows Azure, Fabric und Cloud-Computing in diesem Jahr fast schon ein wenig altmodisch. Doch das wäre natürlich ein Trugschluss, denn die ,,Cloud" ist ein Thema, das erst jetzt offiziell an den Start geht. Es wird noch einige Jahre dauern, bis es wirklich bei der Mehrheit der Unternehmen angekommen ist. Die wichtigste Ankündigung von Microsoft Chief Software Architect Ray Ozzie am ersten Konferenztag war daher auch, dass Windows Azure fertig gestellt ist und ab Januar vom Probebetrieb in den Regelbetrieb übergehen wird. Und damit wurde auch die wichtigste Botschaft der Konferenz formuliert: ,,Seht her, wir haben unser Versprechen von Software plus Services eingehalten - das erste Zwischenresultat und gleichzeitig das Fundament für alle kommenden Angebote steht: Windows Azure 1.0". Abbildung 1: Microsoft Chief Software Architect Ray Ozzie verkündet Azure 1.0 Mit der Version 1.0 müssen sich Entwickler wieder einmal an ein paar neue Begriffe gewöhnen: Neben denen für unstrukturierte Daten gedachten Table- und Blob-Services steht mit SQL Azure ein echtes DBMS in der Cloud zur Verfügung, das über T-SQL und vertraute Schnittstellen wie Entity Framework, ADO.NET, OBDC (und wenn es sein muss auch JDBC) angesprochen werden kann. Aus ,,Dublin" als Application Server-Aufsatz für Windows Server 2008 wurde AppFabric Server und mit "Dallas" gibt es einen neuen Projektnamen, der für hochwertige Daten steht, die über die Azure Plattform (in erster Linie kommerziell) vertrieben werden sollen.Ein wenig verwunderlich war, dass im Rahmen der Azure-Keynote nur drei Referenzanwendungen vorgestellt wurden, die bereits auf der Azure-Plattform laufen. Neben dem neuen Windows Twitter-Client und der dazu gehörigen Infrastruktur der kleinen französischen Firma Seesmic wurde mit WordPress eine große (auf Apache-Servern laufende) PHP-Anwendung vorgestellt, die auch auf Azure gehostet wird, und mit Kelly Blue Book eine Plattform für Gebrauchtwagenkäufer mit passendem Silverlight-Client (Auf der Partnerausstellung war mit SugarCRM eine Firma vertreten, die CRM-Dienste auf der Basis von PHP und Azure anbietet, und die eventuell ein wenig besser geeignet gewesen wäre, da sie ein Gegenmodell zum Unternehmen Salesforce.com anbietet, die ein wenig den Eindruck erwecken als hätten sie das "Software als Service"-Modell erfunden). Abbildung 2: Die Microsoft Cloud und wie sie sich darstellt Windows 7 oder die Wiederbelegung eines MarktesIn der Keynote des zweiten Tages nahmen die Fertigstellung von Windows 7 und die daraus gewonnenen Erfahrungen einen breiten Platz ein, was gleich aus zwei Gründen hätte erstaunlich sein können. Es war kein direktes Entwicklerthema und Windows 7 wurde bereits vor einigen Wochen ausgeliefert. Bei etwas näherer Betrachtung passt die starke Präsenz aber perfekt in die aktuelle Strategie. Während Cloud-Computing nach wie vor ein Zukunftsthema ist und zu dem Gesamtumsatz des Konzerns erst in einigen Jahren spürbar beitragen wird (von Gewinnen gar nicht zu reden, da Microsoft gigantische Summen in die Infrastruktur investiert hat, die zunächst ,,eingespielt" werden müssen), ist Windows 7 der vermutlich aktuell stärkste Umsatzträger. Vor allem spielt Windows 7 mehr denn je eine strategische Rolle, denn durch die Unterstützung für innovative Features wie TouchDisplays und diverse Sensorengeräte wird es nicht nur Hardware-Verkäufe stimulieren, sondern auch zu neuartigen Anwendungstypen führen. Es geht also um nicht weniger als das Wiederbeleben des Windows-Marktes als Ganzes, der durch das wenig erfreuliche Vista-Zwischenspiel in eine Art Vertrauenskrise geraten war.Damit auch wirklich jeder Entwickler die Gelegenheit erhält, sich von den neuen Möglichkeiten, die mit Windows 7 einhergehen, überzeugen zu können, ließ man sich für die Keynote am zweiten Tag eine echte Überraschung einfallen (sie war ja im Vorfeld der Keynote bereits angekündigt worden). Etwa 40 Minuten nachdem Stefen Sinofsky, der Leiter des Windows-Bereichs bei Microsoft, ausführlich über die Einführung von Windows 7 und die verschiedenen Formfaktoren von NetBooks und anderen mobilen Geräten geredet hatte, hielt er auf einmal ein Netbook in die Höhe, das Microsoft im Zusammenarbeit mit Acer entwickelt hatte (es handelt sich um den Acer Aspire 1420P[2]).Er ging die technischen Daten durch (u.a. Windows 7 Ultimate 64 Bit, 2 GByte RAM, 250 GByte Festplatte, Touch Display, Office 2010 Beta vorinstalliert) pries das kompakte Gerät als Maschine an, die für den Entwickler gemacht wurde, und wies stolz darauf hin, dass sogar im BIOS ,,MSFT" eingetragen sei, um kurz danach, nach einer dramaturgischen Pause, zu verkünden, dass Microsoft jedem (zahlenden wie er gleich darauf einschränkte) Teilnehmer der PDC ein solches Gerät schenken würde. Der daraufhin einsetzende Applaus war gewaltig und ließ für einen Augenblick vergessen, dass echte Neuigkeiten bislang ausgeblieben waren. Dafür gab es dieses Mal keine DVDs mit Prerelease-Software in edel gestylten ,,Juwel Cases", aber was hätte man in diesem Jahr auch verteilen können? Silverlight 4Für die große Ankündigung des zweiten Tages war Microsoft Corporate Vice President Scott Guthrie (,,The Gu") zuständig, der Silverlight 4 ankündigte (was auf wundersame Weise dazu führte, dass sich über Nacht die Themen von zahlreichen Silverlight-Vorträgen geändert hatten, in denen nun auf einmal die Zahl 4 auftauchte).Die erste Beta steht seit der Ankündigung zur Verfügung. Die kommende Version wird eine Vielzahl kleinerer und größerer Verbesserungen enthalten, insbesondere was den Zugriff auf die Hardware, die Zwischenablage und andere Bereiche des Betriebssystems angeht. Sogar COM-Interop wird es geben, sodass sich z. B. Excel fernsteuern lässt, wobei alle Features natürlich auch unter MacOS zur Verfügung stehen werden. Silverlight 4 wird damit mehr und mehr für typische Desktopanwendungen attraktiv, die unabhängig vom Browser ausführen, was natürlich die Frage aufwirft, wozu dann noch WPF benötig wird. Abbildung 3: Scott Guthrie hat Spaß mit Siverligt 4 und einer WebCam Details am Rande Mit über 3.000 Teilnehmern war die PDC nicht nur etwas kleiner als im letzten Jahr, sondern auch einen Tag kürzer. Die wirtschaftliche Lage dürfte vor allem Teilnehmer aus Europa von einem Besuch abgehalten haben, zumal wie im letzten Jahr die beiden Keynotes live übertragen wurden und sämtliche Sessions nach und nach über die Konferenzwebseite [1] zur Verfügung gestellt werden. Der angenehme Effekt war, dass es keine hoffnungsvoll überfüllten Räume wie im letzten Jahr mehr gab, wenngleich die Sessions zu den Topthemen durchweg gut besucht waren.Auch die große Party im Universal Studio fiel dieses Jahr leider aus. Dafür fand am zweiten Abend in der Konferenz ein großes ,,Geek Fest" mit Live-Musik, Spielen, Massagemöglichkeiten und einem reichhaltigen Angebot an Essen und Getränken statt und im Anschluss daran im L.A. Live Center nebenan die Underground PDC-Party, zu der man sich im Vorfeld aber per Twitter anmelden müssen. Hier ließ es sich ,,The Gu" alias Scott Guthrie im Conga Room nicht nehmen, noch einmal ein paar Neuerungen von Silverlight 4 zu demonstrieren. Gerüchten zufolge soll es auch 2010 eine PDC geben. Gleicher Ort, gleicher Zeitpunkt. Tabelle 1: Neuerungen auf der PDC 09>Windows Azure 1.0>SQL Azure als der offizielle Name der SQL Services und SQL Azure Database als der offizielle Name der SQL Data Services (diese Ankündigung stammt aber bereits schon von Juli 2009). Microsoft bezeichnet SQL Azure als eine wahre Datenbank als Service. >AppFabric als der offizielle Name des Applikationservers Dublin >OData - der neue Name von ADO.NET Data Services bzw. Astoria>Neue ,,Version" von Pinpoint - einem Portal, auf dem Microsoft-Partner alle möglichen Services anbieten können >Dallas - ein neuer Service auf der Basis von Azure, der über Microsoft Pinpoint angeboten werden wird, und der hochwertige Daten als ,,DataSets" für die (in erster Linie) kommerzielle Nutzung zur Verfügung stellen soll>XDrive - Azure Storage Blobs, die wie NTFS Volumes angesprochen werden >Silverlight 4 Beta >Internet Explorer 9 (die erste Beta steht noch aus)>ASP.NET MVC2 Beta Links[1] http://www.microsoftpdc.com[2] http://microsoftpdc.com/tablet [3] http://www.microsoft.com/windowsazurePeter Monadiemi


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