Das sind die Robotik-Trends 2018

Wafa Mousavi-Amin, Analyst und Geschäftsführer bei IDC  im Interview

Die Fortschritte in der Robotik werden nicht nur unsere Art zu arbeiten grundlegend verändern. Wafa Moussavi-Amin, Analyst und Geschäftsführer bei IDC, erklärt, was auf uns zukommt und wie Unternehmen und Gesellschaft darauf reagieren sollten.
Computerworld: Herr Moussavi-Amin, IDC sagt für die kommenden Jahre eine stark wachsende Nachfrage nach Robotik voraus. Was sind die Hauptgründe dafür?
Wafa Moussavi-Amin: Die rasante technische Entwicklung erlaubt es, Robotik in immer mehr Aufgabengebieten einzusetzen. Roboter werden nicht nur kleiner, mobiler und günstiger in der
Wafa Moussavi-Amin: Analyst und Geschäftsführer bei IDC
Quelle: IDC
Anschaffung, sie werden auch intelligenter. Die Vernetzung von Robotiksystemen über die Cloud wird den Maschinen in Zukunft eine wesentlich höhere Rechenleistung zur Verfügung stellen als dies bei Standalone-Produkten der Fall ist.
CW: Verändert sich durch zunehmende Intelligenz und Beweglichkeit der Roboter auch die Art und Weise, wie Menschen mit ihnen interagieren?
Moussavi-Amin: Auf jeden Fall. Mensch und Maschine werden sehr eng zusammenarbeiten, was bisher allein aus Sicherheitsgründen so nicht möglich war. Der klassische Industrieroboter kann seine Kraft nicht dosieren oder flexibel auf Hindernisse reagieren. Daher gibt es um Robotikstationen regelrechte Bannmeilen, in denen sich während des Betriebs kein Mensch aufhalten darf. Neue Robotergenerationen sind mit so vielen Sensoren ausgestattet, dass sie ihre Umwelt wahrnehmen und darauf flexibel reagieren können. Die Feinmotorik ist ausserdem weiterentwickelt worden, sodass Roboter heute auch für Aufgaben eingesetzt werden können, die weniger auf Kraft als auf Präzision ausgerichtet sind.
CW: Werden diese Möglichkeiten schon genutzt oder sehen Sie noch Nachholbedarf?
Moussavi-Amin: Technologisch sehe ich keinen Nachholbedarf, im Gegenteil: Vieles, was heute technisch möglich ist, wird nicht umgesetzt, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen fehlen. Das gilt auch für Bereiche wie das autonome Fahren.
CW: Wer sind zukünftig die grössten Abnehmer für Robotiksysteme?
Moussavi-Amin: Der grösste Markt dafür ist schon seit jeher die Fertigungsindustrie. Das wird auch in den kommenden Jahren so bleiben.
CW: Wie sieht es im Mittelstand aus? Setzen auch kleinere und mittlere Unternehmen verstärkt Roboter ein?
Moussavi-Amin: Mittelständler zögern häufig noch, auch wenn Roboter günstiger geworden sind und sich leichter betreiben lassen. Mit der Investition und der Installation ist es ja nicht getan, wer Roboter einsetzt, muss womöglich seine sämtlichen Arbeitsprozesse auf den Kopf stellen. Da sind Mittelständler noch sehr skeptisch. Die Situation lässt sich mit der Akzeptanz von Cloud- Computing vor vier bis fünf Jahren vergleichen.
CW: Sehen Sie bei der Robotik bereits eine ähnliche Entwicklung wie bei der Cloud?
Moussavi-Amin: Die Robotik ist ein weites Feld. In der Fertigung ist Robotik sicher auch schon im Mittelstand angekommen. Andere Branchen wie Transport und Logistik oder der Handel haben sich bis jetzt noch nicht wirklich mit dem Thema befasst.
CW: Neben rechtlichen Aspekten wirft die enorme technologische Entwicklung in der Robotik auch gesellschaftliche Fragen auf. Wie wird sich zum Beispiel der Arbeitsmarkt verändern?
Moussavi-Amin: Das ist ein entscheidendes Thema. Wir stehen am Anfang einer neuen Epoche, die ganz klar von diesen technologischen Fortschritten geprägt sein wird. Wenn man die Entwicklung weiterdenkt, kann im Prinzip 90 Prozent der menschlichen Arbeit von Maschinen übernommen werden. Selbst ein Bäcker wird sich durch einen Roboter ersetzen lassen.
CW: Auch im Gesundheitsbereich wird viel über den Einsatz von Robotern diskutiert. Welche Entwicklungen beobachten Sie in diesem Segment?
Moussavi-Amin: Es gibt sehr viele Ansätze, Ideen und Prototypen. Von einem echten Einsatz sind wir aber noch weit entfernt. Auch in diesem Bereich spielen gesellschaftlich-politische und ethisch-moralische Aspekte eine Rolle. Wollen wir wirklich Roboter in der  Pflege oder sogar im Operationssaal einsetzen?
CW: Droht uns also eine Massenarbeitslosigkeit nie gekannten Ausmasses, die anders als bisher auch hochqualifizierte Fachkräfte erfassen wird?
Moussavi-Amin: So pessimistisch bin ich nicht, auch wenn ich natürlich sehe, dass wir hier vor einer grossen gesellschaftlichen Herausforderung stehen. Die Fertigungsindustrie ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Einsatz von Robotern nicht zum massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen führen muss. Dort sind solche Anlagen ja schon seit Jahrzehnten im Einsatz und sie haben nicht nur Arbeitsplätze ersetzt, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten und Dienstleistungen geschaffen.



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