DSAG Technologietage 2024
06.02.2024, 15:29 Uhr

Anwender fordern SAP heraus

Das Motto der diesjährigen Technologietage der deutschsprachigen SAP-Anwender (DSAG) lässt aufhorchen: «Black Box – From Vision to Reality». Haben die Kunden zu viele Präsentationen gesehen, aber zu wenige Fakten? Fast scheint es so, doch SAP beruhigt.
«Blackbox SAP» - die Technologietage der DSAG bringen Vision und Realität zusammen
(Quelle: Computerworld)
Die deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) stellt die Gewerkschaft der DACH-User von SAP dar. Eine Vereinigung, welche nicht nur die Interessen potenter Unternehmen vertritt, sondern auch massgebend an der Weiterentwicklung der SAP-Systeme beteiligt ist. Anlässlich der diesjährigen Technologietagen in Hamburg versammelten sich rund 3000 (!) User, um die neuesten Technologien - insbesondere die Nutzung von künstlicher Intelligenz - zu diskutieren und Forderungen an den Softwarehersteller zu stellen.
Für uns sind aus kommerzieller, fachlicher und technologischer Sicht noch einige Fragen offen, sagt Sebastian Westphal, Technologie-Vorstand der DSAG
Quelle: Computerwold
Künstliche Intelligenz muss sein, aber wie?
Das Anliegen der Anwender widerspiegelt sich im Motto der Tagung: Vision und Realität zusammenbringen. Durch die schnelle und einfache Verfügbarkeit von ChatGPT nahm das Thema Künstliche Intelligenz (KI) seit November 2022 sehr viel Fahrt auf, erklärt Sebastian Westpahl als DSAG-Fachvorstand Technologie. Offen bleibt aber vielfach aus DSAG-Sicht, was KI in Form von konkreten Anwendungen bedeutet. Dabei wurde KI bereits weit vor dem Hype um Generative KI und Large Language Models (LLMs) eingesetzt, um z. B. Prozesse zu automatisieren oder um Cyber-Bedrohungen mittels Machine- und Deep-Learning-Modellen besser zu erkennen. Wird KI nun verstärkt in bestehende Prozesse integriert und werden datengetriebene Ansätze weiterentwickelt, trägt dies langfristig dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Resilienz der Unternehmen zu steigern.
Jürgen Müller will auch langjährige SAP-Hana-Kunden mittels Grow in die Technologie-Zukunft mitnehmen
Quelle: Computerworld
Verunsicherte Kunden, doch SAP beruhigt
Die Ankündigung von SAP im Sommer 2023, künftige Innovationen wie KI nur noch via RISE-with-SAP-Premium-Angebot zur Verfügung zu stellen, hat viele Kunden verunsichert, die auf S/4HANA Private Cloud oder On-Premises gesetzt haben.Doch SAP-Vorstand Jürgen Müller glättet die Wellen: «Im Dialog mit der DSAG wollen wir alle Kunden mitnehmen. Auch die langjährigen SAP-Hana-Kunden sollen mittels Grow auf die neuesten Technologien kommen.»- Postwendend kommt die Kritik seitens DSAG: Die technische Integration von KI-Modellen von einem Vertragskonstrukt eines Anbieters abhängig zu machen, lässt sich im Kontext einer gesamthaften IT-Architektur kaum abbilden. Und DSAG-Technologievorstand Sebastian Westphal doppelt nach: «KI nur noch in einem singulären Cloud-Ver-trags- und -Betriebsmodell anzubieten, ist zudem technisch nicht haltbar, können doch Large-Language-Modelle jederzeit unabhängig hiervon realisiert werden.»
Gemeinsamer Fokus auf Business AI
Positiv in diesem Zusammenhang sei laut DSAG daher die Bekanntgabe des Generative AI-Hubs bei der letzten SAP TechEd zu bewerten, der diese Öffnung technologisch aufgreift. Die auf der SAP Business Technology Platform (BTP) existierenden SAP AI Core und SAP AI Launchpad werden um diesen Generative AI-Hub erweitert, um die Anbindung an externe LLM-Modelle, genau genommen zunächst Open AI, anzusteuern. Zudem ist die Abrechnung über ein eigenes Preismodell (AI Units) geplant.Auch mit der Einführung von SAP Joule wird der neue Fokus von SAP auf «Business AI» deutlich.
Es besteht weiterhin Handlungsbedarf
«Grundsätzlich begrüssen wir diese strategische Ausrichtung von SAP – gerade vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklungen rund um die grossen Modelle wie OpenAI, Bard etc. Allerdings sind für uns aus kommerzieller, fachlicher und technologischer Sicht noch einige Fragen offen», so Sebastian Westphal. Es braucht z. B. transparente und erprobte Abrechnungsmodelle und -metriken. Zudem muss nachweisbar sein, dass bei Prozessentscheidungen durch eine KI geltende Richtlinien ausgeführt und dokumentiert wurden. Er gesteht aber auch ein, dass die Klarheit der KI-Anwendungen in der Praxis noch nicht gegeben ist.
Technologietage
DSAG-Forderungen auf einen Blick
  • Die technische Integration von KI-Modellen ist offen zu gestalten und darf nicht von kommerziellen Vertragsmodellen abhängig gemacht werden.
  • Für das Identity-Management braucht es eine klare Ziellösung von SAP mit Migrationsszenarien und -services.
  • Ein einheitliches Harmonized Document Management über das komplette SAP-Portfolio hinweg.
  • Übergreifende End-to-End-Geschäftsanwendungen für SAP Datasphere und SAP Analytics Cloud sowie ein erweitertes Lizenzmodell für Gelegen-heitsnutzer:innen.
  • Erhebliche Fortschritte in den Bereichen Data Fabric/Data Mesh sowie mo-derne Data-Lakehouse-Architekturen.
  • Security-Tools für den Solution Manager über 2027 hinaus. Erste Signale von SAP, dass diese Funktionalitäten künftig in der Zielplattform SAP Cloud ALM bereitgestellt werden sollen, können nur der Anfang sein.
  • Flexibel steuerbare Cloud-Services um Always-on-Szenarien und Reser-ved Instances abzulösen.
  • Der Energieverbrauch muss bei Cloud-Services und dem Aufbau cloudba-sierter Infrastrukturen berücksichtigt werden.
  • Green Ledger darf im Sinne der Nachhaltigkeit nicht gegen Aufpreis und nur für RISE-with-SAP-Premium-Kunden bereitgestellt werden.
Security-Dashboard nimmt Form an
Das Thema Security spielt auch im Zusammenhang mit KI eine wichtige Rolle. KI unterstützt nicht nur beim Einsatz diverser Funktionalitäten. Sie hilft auch Cyberkriminielle schneller, effizienter und automatisierter zu agieren. Dass SAP nun für die SAP Analytics Cloud plant, ein Security-Dashboard für mittelständische Kunden parallel zu den Schnittstellen (API) und entsprechenden Partnerlösungen be-reitzustellen, ist sehr zu begrüssen. «Damit erfüllt SAP eine langjährige DSAG-Forderung und unterstützt Kunden, die nicht über eine bereits implementierte, übergreifende Monitoring-Infrastruktur verfügen», ist Sebastian Westphal zufrieden. Was allerdings noch fehlt, ist eine klare Antwort von SAP zur Bereitstellung von Security-Tools des Solution Managers über das Jahr 2027 hinaus.
Cloud all-in – Green IT: Quo vadis?
Beim Einsatz von Cloud-Services und dem Aufbau cloudbasierter Infrastrukturen wird es immer wichtiger, den damit verbundenen Energieverbrauch zu berücksichtigen. Dementsprechend müssen die Cloud-Services von SAP in Zukunft sehr viel flexibler steuerbar gestaltet werden. Natürlich braucht es dafür auch entsprechende SAP-Lösungen. «Durch die einseitige Preispolitik und Einstellung der bisherigen Produkte Sustainability Control Tower und Sustainability Footprint Management werden Anwenderunternehmen darin bestärkt, sich nach Alternativlösungen mit langfristigen Einsatzszenarien umzusehen», kritisiert Sebastian Westphal. Das sei der falsche Ansatz, um Nachhaltigkeit wirklich zu fördern, erklärt die DSAG.



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