Geschichte: Hackerangriffe per Diskette und Videotex

Mensch das schlimmste Virus

Die 1989 gängigen Antivirenprogramme hatten einerseits mit sehr heterogenen Systemlandschaften zu kämpfen. Andererseits bedeutete Kompatibilität mit IBM noch lange nicht, dass die Anwendungen auch tatsächlich von der Hardware unterstützt wurden. In einem Test der Zürcher Firma CC Data-Disc arbeitete eine Antivirenlösung zwar auf kompatiblen Klons einwandfrei, nicht aber auf einem Original-IBM. Karl Otto Lassahn, Experte von CC Data-Disc, wies auch darauf hin, dass ein bereits im System vorhandener Virus oftmals unentdeckt bleibt. Er hatte verseuchte Computer-Spiele von Antivirus-Software untersuchen lassen. «Wir konnten bei den infizierten Programmen keinen Virus finden», sagte er der Computerworld. «Was aber nicht bedeutet, dass kein Schädling vorhanden ist.»
Als einen Grund nannte er die Tricks der Virenprogrammierer. Einige Viren würden erst bei bestimmten Systemkonstellationen aktiv, beispielsweise am Freitag den 13., beim Aufstarten des Computers genau zur vollen Stunde oder beim Drücken einer speziellen Tastenkombination. So äusserte sich Michael Riemer, Präsident des Herstellers Foundation Ware, über die Leistungsfähigkeit des Antivirenprodukts seiner Firma dann auch sehr zurückhaltend: «Viren sind ein Problem, aber nur ein Teilproblem. Die grössten Probleme kommen von jenem zweibeinigen Virus, genannt Mensch, der immer wieder Fehler macht.»
Andere Software-Hersteller versprachen den Interessenten das Blaue vom Himmel: Eric Hansen, Vizepräsident bei Digital Dispatch, erklärte, dass die hauseigene Lösung jeden beliebigen Virus auf einem IBM-Rechner und auf kompatiblen Computern finden könne. «Ich wäre äusserst erstaunt, wenn es heute jemand fertigbringen würde, unser Programm zu überlisten, und einen Virus programmieren könnte, der nicht entdeckt und zerstört würde», prahlte er. Die Angreifer würden die Antivirenprogramme gar nicht kennen, weil die installierte Anzahl noch viel zu gering sei, sagte Hansen zur Begründung.
So verzichtete der Hersteller dann auch bewusst auf Werbung, damit sich die Virenautoren erst gar nicht mit der Software auseinandersetzten. Sie sollten nicht herausgefordert werden, damit die Industrie nicht in ein noch schieferes Licht geriete, doppelte er nach. Die Schlagzeilen rund um den Morris-Wurm seien schon ärgerlich genug gewesen.



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