Ehrgeizige Ziele 22.12.2017, 08:36 Uhr

Nokia: «Wir wollen zur Nummer Drei aufsteigen»

Nokia-Lizenznehmer HMD Global hat sich für den Schweizer Smartphone-Markt ehrgeizige Ziele gesteckt. Aber Huawei will hierzulande Nummer Eins werden.
2017 war auch für den Nokia-Lizenznehmer HMD Global ein bewegtes Jahr. Mit den neuen Android-Smartphones Nokia 3, Nokia 5, Nokia 6 und Nokia 8 gibt es nebst dem wiederbelebten Kult-Phone Nokia 3310 wieder mehr als vier neue Telefone auf dem Markt. HMD Global betreibt das von Microsoft aufgegebene Handy-Geschäft mit den erworbenen Markenrechten weiter. «Vor einem Jahr noch, als wir gegründet wurden, haben wir uns noch im Garten getroffen», sagt Sebastian Ulrich, der Regionalverantwortliche vom HMD Global an einem Pressefrühstück. In einigen Ländern, so Ulrich, bewege sich der Marktanteil im zweistelligen Bereich. Dieses Ziel glaubt HMD auch in der Schweiz im nächsten Jahr zu erreichen. So habe bereits die Wiedereinführung des Nokia 3310 sämtliche Rekorde gebrochen. Angeblich habe man mit dem Feature-Telefon hierzulande nicht nur die Nokia-Kenner aus der Jahrtausendwende abholen können, sondern auch die jungen «Millennials», die auf Retro-Gadgets stehen. «In den nächsten vier bis fünf Jahren wollen wir zur Nummer Drei aufsteigen», betont Sebastian Ulrich.
Besonders gut angekommen im Schweizer Markt sei das Nokia 6
Quelle: lpd / PCtipp

Schweizer lieben günstiges «Premium»

Gute Karten hat das junge Start-up zumindest bei seinen starken Partnern Google, Nokia und der iPhone-Fabrik: Foxconn produziert zu 60 Prozent für Apple und für die riesige Produktionsstätte sei es eine «Ehre», als Partner die neu aufgelegten Nokias zu schmieden. Tatsächlich ist die Aluminiumverarbeitung beispielsweise beim Nokia 5, dem mittleren Einstiegsgerät, von sehr guter Qualität.
Um ein einziges Body zu fräsen, sei ein 22-stündiger Produktionsvorgang vonnöten, versicherte Ulrich. Dass es aber nebst der guten Partnerschaft mit Google für blitzschnelle Android-Updates vor allem eines braucht – nämlich ein riesiges Werbe-Budget–, darüber ist man sich auch bei HMD einig. Bis jetzt investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben jährlich eine Million Schweizer Franken im hiesigen Markt. Sehr gut aufgenommen von Schweizer Käufern wurden HMD zufolge das 5,5 Zoll grosse Nokia 6, gefolgt von dem etwas kleineren Nokia 5 (5,2 Zoll). Zahlen wurden dabei keine genannt.

Nokia 2 und Nokia 9 vor Markteinführung

Noch wird spekuliert, was im nächsten Jahr kommt. Mit Sicherheit steht nach dem Nokia 8 im nächsten Jahr ein weiteres Premium-Smartphone auf dem Plan. Ob es auch ein randloses Gerät sein wird, darüber gibt es bis jetzt nur Vermutungen, die auch Ulrich nicht kommentieren wollte. Mit dem Nokia 2 wird Anfang 2018 zudem ein weiteres Kompakt-Smartphone folgen. Ein Nokia 4 wird es nicht geben, weil die Zahl in Asien Unglück bringt. Ähnlich wie bei Automarken soll aber die Nummerierung der Modelle in sich treu bleiben.

Huawei will in der Schweiz zur Nummer Eins werden

Aber wer will schon nicht im Smartphone-Markt aufsteigen? Vor allem Huawei gewinnt im Moment global an Marktanteilen und will nichts anderes als HMD: nämlich kräftig zulegen. «Wir waren mit dem vergangenen Geschäftsjahr sehr zufrieden», sagt Markus Bühlmann Marketing Director of Consumer Business von Huawei dem PCtipp. «Wertmässig» hat sich der Brand bereits sehr gut auf dem dritten Rang etalbliert und «unsere Ambition in der Schweiz ist es, die Nummer Eins zu werden. Wir sind überzeugt, dieses Ziel in einigen Jahren erreichen zu können» . Als sehr erfolgreich erwiesen habe sich insbesondere die Partnerschaft mit Leica. «2018 wird bei uns sicher künstliche Intelligenz weiterhin ein grosses Thema sein, aber auch die Kamera wird weiter optimiert», so Bühlmann.
Reicht das aus, um Apple und Samsung vom Thron zu stossen? PCtipp fragt keinen geringeren als den Chef des Schweizer Smartphone-Distributors Autronic AG. Das Unternehmen ist seit den Neunzigerjahren in der Schweiz für die Distribution von Mobiltelefonen verantwortlich und brachte bereits damals Nokia in die Schweiz. Autronic-Distributor-CEO Ruben Lehmann stand uns für einige Fragen zur Entwicklung des Schweizer Smartphone-Marktes Red und Antwort.
Interview
Autronic AG im PCtipp-Interview
Im PCtipp-Interview: Ruben Lehmann, CEO von Autronic AG
Autronic AG
PCtipp: Herr Lehmann, welches waren denn dieses Jahr die dominierenden Smartphone-Brands im Schweizer Handel? Sind diese Zahlen mehr oder weniger deckungsgleich mit den Marktforschungszahlen?
Lehmann: Tatsächlich bilden die aktuellen Zahlen vom GfK ungefähr den Schweizer Markt ab. Wie Sie ja wissen, kommt nach Samsung und Apple lange nichts. Diese beiden Player wechseln sich immer wieder ein wenig ab. Interessant für uns zu beobachten sind allerdings die aufstrebenden Marken Wiko und HMD Global. Auch das Feature-Phone ist längst nicht totgesagt. Hier hat HMD mit den neu aufgelegten Feature-Phones wie dem Nokia 105 oder Nokia 3310 durchaus Potenzial, sich von der Nische anderer Anbieter abzuheben.
PCtipp: Was ist mit den neu in China aufstrebenden Herstellern wie Meizu und LeEco? Die hätten doch für einen grossen Smartphone-Distributor genauso enormes Potenzial puncto Verarbeitung, Qualität und vor allem beim Preis?
Lehmann: Tatsächlich verfolgen wir diese Entwicklung wie alle anderen Distributoren sehr aufmerksam. Aber solange noch keine umfassenden After-Sales-Verträge mit den Herstellern bestehen, gestalten sich die Verhandlungen nach wie vor schwierig. Wer ein Problem mit seinem Smartphone hat, geht nun einmal immer zuerst dorthin, wo er es gekauft hat. Daher muss auch ein Händler wie Digitec mit einem Partner wie Mobiletouch AG zu allen Reparatur- und Garantieleistungen befähigt sein. Händler sowie Distributoren gehen in dem schnelllebigen Smartphone-Business sehr selten Risiken ein. Auch bei Problemen wie fehlendem oder nicht länderkonformem Mobilfunkband sitzt der Händler sonst plötzlich auf der Ware.
PCtipp: Muss sich das Smartphone aus Ihrer Sicht nächstes Jahr neu erfinden? Was erhoffen Sie sich vom nächsten Mobile World Congress als Distributor für den Schweizer Markt?
Lehmann: 2018 wird ein aufregendes Smartphone-Jahr. Ich könnte mir vorstellen, dass nun endlich ein erstes faltbares Smartphone präsentiert wird (lacht). Damit wäre seit langem wieder einmal ein nächster Evolutionsschritt vollbracht. Ich denke aber nicht einmal nur an Haupttrends wie randlose Displays und KI. Mit Sicherheit wird dank neuer Chips auch die 5G-Technik endlich vorangetrieben.
PCtipp: Warum werden denn 5G-Chips für Sie die neue Ära der Smartphones begründen?
Lehmann: Denken Sie an AR und VR (Augmented Reality und Virtual Reality). Damit wir in Zukunft auch im Webbrowser solche Inhalte betrachten können, wird eine enorme Netzbandbreite unumgänglich.

PCtipp meint

Unserer Meinung nach hat HMD vor allem im Premium-Bereich bei der Kamera noch Potenzial nach oben. Bei den weniger flotten Mitteklasse-Smartphones, die demnächst mit Android Oreo beliefert werden, überzeugt die kompakte und wertige Verarbeitung. Dafür ist die Software bei den günstigeren Geräten unter 300 Franken trotz des puren Androids noch etwas rucklig. Wie der PCtipp über das Nokia 5, das Nokia 6 und das Nokia 8 befunden hat, lesen Sie in unseren Testberichten:



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