Neue Business-Chancen durch 5G

Im Gespräch mit Andy Rowland von BT

Andy Rowland: Head of Customer Innovation, Energy, Ressources und Manufacturing bei BT
Quelle: BT
Andy Rowland, Head of Customer Innovation, Energy, Resources und Manufacturing beim britischen Telekommunikationsunternehmen BT, erklärt im Interview, wie sich 5G im Unternehmen nutzen lässt –und warum man sich nicht gänzlich darauf verlassen sollte.
Welche Möglichkeiten eröffnen sich für Unternehmen dank 5G?
Andy Rowland: 5G wird für Unternehmen ganz neue Anwendungsszenarien eröffnen, ähnlich wie 4G (LTE) für Verbraucher neue Möglichkeiten eröffnet hat. Während 4G die Grundlage für das Wachstum von Apps der Social-Media- und Streaming-Dienste-Anbieter auf Smartphones war, unterstützt 5G Anwendungen wie Augmented Reality, Remote Healthcare und autonomes Fahren. Für Unternehmen werden insbesondere auch private 5G-Netze interessant sein für Anwendungen, bei denen niedrige Latenzzeit, hohe Bandbreite und stabile Verfügbarkeit entscheidend sind.
Können Sie praktische Beispiele nennen?
Rowland: Der Einsatz von 5G ermöglicht es älteren Ingenieuren, die kurz vor der Rente stehen, ihre jüngeren Kollegen mit Hilfe von Augmented Reality aus der Ferne zu unterstützen. Nachwuchskräfte, die eine 30 Jahre alte Werkzeugmaschine warten sollen, können so von dem Wissen der älteren Kollegen profitieren, ohne dass diese selbst am Einsatzort präsent sein müssen. Wenn man zur Anbindung der AR-Headsets 4G nutzte, waren die Latenzen zu gross, was zu Schwindel und Übelkeit führte. Ausserdem war die Verbindung über öffentliches 4G extrem anfällig. Mit 5G lief die Verbindung unterbrechungsfrei. Aktuell ist die Schulung über AR-Headsets ein grosses Thema, da Mitarbeiter wegen Covid-19 weitgehend remote arbeiten.
Worin liegt der Nutzen von Campus-Netz­werken?
Rowland: 5G ermöglicht sowohl hohe Bandbreiten als auch die Anwendung in Gebäuden. Typischerweise werden mehr, dafür kleinere Zellen als bei der 4G-Technologie zur Abdeckung verwendet. Ein gutes Beispiel sind unsere Installationen in Häfen, bei denen wir 5G für Virtual-Reality-Anwendungen einsetzen. Wir richten dort eine realistische Trainingsumgebung für Situationen ein, in denen es zu gefährlich ist, Worst-Case-Szenarien mit den Mitarbeitern physisch durchzuspielen. 5G verändert auch die Art und Weise, wie sich mit einem Netzwerk von Sensoren an Containern und Anlagen die Aktivitäten und Bewegungen von Ladungen überwachen lassen. Die Sensoren zeichnen Bewegungs- und Umweltinformationen aus grossen Teilen des Hafengebiets in Echtzeit auf, sodass die Hafenbehörde die Bewegungen von Ladungen im Hafen lückenlos verfolgen kann.
Wie ist die Lage in Bezug auf die Sicherheit?
Rowland: Sicherlich bringt 5G neue Sicherheitsherausforderungen, die in Betracht gezogen werden müssen. So erhöht 5G die Geschwindigkeit und die Menge der übertragenen Daten erheblich, folglich lassen sich mehr IoT-Geräte mit höherer Kapazität einsetzen, die wiederum geschützt werden müssen. Allerdings bietet 5G auch klare Sicherheitsvorteile gegenüber früheren Technologien – zum Beispiel durch die Möglichkeiten des Network Slicings, die verbesserte Authentifizierung von Teilnehmern und das schnellere Patching.
Wird 5G das IoT voranbringen?
Rowland: Viele IoT-Ökosysteme funktionieren bereits gut mit bestehenden Technologien wie LoRaWAN, Schmalband-IoT und CAT M1. 5G wird wahrscheinlich den grössten Einfluss auf besonders geschäftskritische oder sensible Anwendungen haben. Dazu gehören Anwendungen aus dem medizinischen Bereich (Remote Healthcare) und die Überwachung von Maschinen, wo hohe Verfügbarkeit und geringe Latenzzeiten besonders wichtig sind. In diesem Szenario ist ein privates 5G-Netz wahrscheinlich die beste Option.
Stehen sich 5G und das kommende Wi-Fi 6 gegenseitig im Weg?
Rowland: Wir erwarten, dass Wi-Fi 6 und 5G sich ergänzen werden. Wi-Fi 6 wird wahrscheinlich eher die bevorzugte Technologie für hochwertige Datennetze in Innenräumen werden. 5G wird mit einem höheren Frequenzspektrum eingesetzt – das wirkt sich positiv auf die Kapazität aus, gleichzeitig werden Innenbereiche von Gebäuden nicht so gut durchdrungen. Wie bei jeder neuen Generation von Mobilfunknetzen sind die Preise für die neuen Chipsätze entsprechend hoch. Das bedeutet für 5G, dass es in einer typischen Unternehmensumgebung viele Geräte geben wird, die diese neue Technologie nicht unterstützen und somit Wi-Fi benötigen.
Was bringt Network Slicing im Unternehmen?
Rowland: 5G-Netzwerk-Slicing ermöglicht es Betreibern, virtuelle Ende-zu-Ende-Netzwerke aufzubauen, die für bestimmte Servicetypen vorgesehen sind. Ein Beispiel ist das Angebot einer wesentlich höheren Servicequalität (Priorisierung) für einen Slice, der für die Rettungsdienste bestimmt ist. Network Slicing wird mit zukünftigen 5G-Versionen immer mehr Verbreitung finden. In der Zwischenzeit können partielle Slices in privaten oder hybriden Netzwerken zum Einsatz kommen, um bestimmte Arten von Datenverkehr innerhalb eines Kundenstandorts zu separieren. So könnte etwa ein Teil der Daten an einen lokalen Netzwerkknoten gesendet werden, ein anderer an einen zentralen Netzwerkknoten.
In welchen Szenarien ist die Latenz von Bedeutung?
Rowland: Abgesehen von Augmented Reality ist eine niedrige Latenzzeit entscheidend für Angebote wie Remote Healthcare oder auch das Monitoring von CNC-Maschinen. Da CNC-Maschinen schneller und komplexer geworden sind, sind die damit verbundenen Kosten gestiegen. Eine Lösung, die beispielsweise den Zustand der Spindel in Echtzeit überwacht und frühzeitig vor einem drohenden Ausfall warnt, würde Ausfallzeiten und Reparaturkosten erheblich reduzieren. Gegenwärtig werden PCs auf Werkzeugmaschinen befestigt, um diese zu überwachen. Privates 5G mit niedriger Latenz würde eine billigere, zentralisierte Überwachung ermöglichen.

Andreas Dumont
Autor(in) Andreas Dumont



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