Urteil des Bundesverfassungsgerichts 20.07.2020, 06:51 Uhr

Höchstes deutsche Gericht bremst staatlichen Handy-Zugriff

Das höchste deutsche Gericht schränkt die staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auf persönliche Daten von Handy- und Internetnutzern zur Strafverfolgung und Terrorabwehr ein. Es erklärte am Freitag mehrere Regelungen zur sogenannten Bestandsdatenauskunft verfassungswidrig. 
Das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den staatlichen Zugriff auf Smartphone-Daten erneut gebremst
(Quelle: Stephan Baumann/Bundesverfassungsgericht)
Die Regelungen zur sogenannten Bestandsdatenauskunft  verletzten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Telekommunikationsgeheimnis, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mitteilte.
Das deutsche Telekommunikationsgesetz und entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen müssen nun bis spätestens Ende 2021 überarbeitet werden. Solange bleiben die beanstandeten Regelungen in Kraft. Die Richter des Ersten Senats machen aber Massgaben für ihre Anwendung.
Polizei, Bundeskriminalamt und Nachrichtendienste nutzen die Auskünfte, um Verbrechen aufzuklären oder Terroranschläge zu verhindern. Dazu dürfen sie zum Beispiel bei Telefongesellschaften und Providern die "festen" Bestandsdaten wie Name, Anschrift und Geburtsdatum abfragen. Um den Inhaber eines Internetanschlusses zu bestimmen, greifen Anbieter auch auf die genutzte IP-Adresse zurück.

Bereits zweite Überarbeitung

Die Regelungen mussten nach einem ersten Urteil des deutschen Verfassungsgerichts von 2012 schon einmal überarbeitet werden. Nun stellte sich heraus, dass das reformierte Gesetz immer noch nicht den Anforderungen genügt.
Die Richter bekräftigen zwar, dass die Auskunft über Bestandsdaten grundsätzlich zulässig sei. Voraussetzung müsse aber das Vorliegen einer konkreten Gefahr oder der Anfangsverdacht einer Straftat sein. IP-Adressen, die Rückschlüsse auf die Internetnutzung geben, geniessen besonderen Schutz.
Anlass für die neue Entscheidung waren zwei Verfassungsbeschwerden. Eine der Klagen wurde von mehr als 6000 Menschen unterstützt. Sie war 2013 von dem heutigen Piraten-Europapolitiker Patrick Breyer und seiner früheren Parteikollegin Katharina Nocun eingereicht worden.



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