Start-up-Check 29.04.2019, 10:47 Uhr

Vetri – die Währung für persönliche Daten

Vetri will Menschen dabei unterstützen, dass sie sich in Zukunft von den digitalen Informationen, die sie preisgeben, etwas kaufen können. Der gleichnamige Token soll zur Währung für persönliche Daten werden.
Das Procivis-Team ist an der Zürcher Bahnhofstrasse zu Hause – nebst der Arbeit an Vetri bietet die Firma etwa auch eine eigene E-ID-Lösung an
(Quelle: Procivis)
Tech-Konzerne wie Amazon, Facebook oder Google verdienen sich eine goldene Nase mit dem gezielten Auswerten von Daten. Dazu verwenden sie nebst vielem anderen die Spuren, die User beispielsweise beim Surfen oder Liken von Content hinterlassen. Unternehmen, die über diese Plattformen ihre Produkte bewerben wollen, lassen für diese Insights gerne Geld springen – und das nicht zu knapp. Die Menschen, die diese Daten produzieren und Firmen indirekt via Vermittler zur Verfügung stellen, profitieren meist kaum davon – ausser, dass die Schuhe, die man sich beim Online-Händler angeschaut hat, plötzlich prominent auf der nächsten Website angepriesen werden.
Yves-Alain Petitjean hat dem sogenannten Über­wachungskapitalismus den Kampf angesagt und will den Tech-Giganten die Suppe versalzen, die mit dem Ausleuchten der Gesellschaft ihr Geld verdienen. «Firmen wie Amazon wissen künftig besser darüber Bescheid, was ihre Kunden brauchen als sie selbst. Das ist eine Zukunft, welche die Welt nicht will. Menschen möchten selbst über ihr Konsumverhalten bestimmen und ihre Daten im Griff haben», sagt er. Petitjean ist überzeugt, dass es Zeit für eine Ver­änderung ist. Denn die Situation werde sich mit der zunehmenden Reife von künstlicher Intelligenz noch verschärfen. Der CFO des Zürcher E-Government-Spezialisten Procivis hat deshalb gemeinsam mit dem CEO Daniel Gasteiger ein Projekt gestartet, das den Menschen dabei helfen soll, die Kontrolle über ihre Daten zu erlangen. Dafür entwickelt Petitjean mit seinem Team derzeit die Data- Management-Plattform Vetri. Wer die Plattform nutzt, soll darüber künftig seine persönlichen Informationen verwalten können und eine Entschädigung erhalten, wenn er diese mit einem Unternehmen oder einer Organisation teilt.

Datentresor Smartphone

Wie Petitjean erklärt, besteht die Plattform aus zwei grundlegenden Komponenten: Einer Wallet-App, über die User ihre digitale Identität und die persönlichen Informationen verwalten können, sowie einer Web-Applikation, der so­genannte Marketplace. Er dient Unternehmen dazu, Daten anzufordern und zu erwerben. Wer nun mit Vetri Profit aus seinen Daten schlagen möchte, baut sich zunächst ein Profil auf. Informationen wie der Name, das Geburtsdatum oder die Nationalität werden angereichert mit Daten zu Interessen, Vorlieben, Hobbys oder Tätigkeiten – also solche, die traditionellerweise von Facebook oder Google monetarisiert werden. Die Dateneingabe erfolgt laut Petitjean manuell. Alternativ könnten jedoch auch Daten aus Facebook, Amazon oder Google angezapft werden, um den Prozess zu automatisieren. Die Profile würden ausserdem mittels E-ID durch einen Drittanbieter verifiziert.
Vetri belohnt das Beantworten von Datenanfragen mit Token, die sich etwa in Gutscheine eintauschen lassen
Quelle: Procivis
«Wir erhalten im gesamten Prozess weder Einsicht in die Daten, noch werden sie bei uns gespeichert», verspricht Petitjean. Die Informationen würden ausschliesslich auf dem Smartphone der User gespeichert – es dient also gewissermassen als Datentresor. Das bedeutet jedoch auch, dass User selbst für die Verwaltung der Daten verantwortlich sind. Haben sie kein Backup erstellt und der Speicher wird gelöscht oder geht das Handy verloren, dann müsse das Profil neu aufgebaut werden, erklärt der Co-Founder von Vetri. In der Mehrheit der Anwendungsfälle, insbesondere im Marketingbereich, sind personenspezifische Daten nicht nötig, weshalb die Übermittlung anonymisierter Informationen in der Regel ausreicht.



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