27.10.2005, 21:17 Uhr

Verluste verhindern via Kreditversicherung

In jeder erwachsen gewordenen Branche werden alle Einsparmöglichkeiten genutzt. ­Kreditversicherer wie Euler Hermes wollen Verluste verhindern helfen und der IT-Branche einen besseren Ruf in der Geschäftsabwicklung verschaffen.
Laut Jules Kappeler von Euler Hermes kann sich auch der IT-Handel heute keinen Umsatz- und Liquiditätsausfall mehr leisten. Hier will der Kreditversicherer Abhilfe schaffen.
Roger Huber arbeitet als freier Journalist und Unternehmensberater in Zürich. Die Informatikbranche durchlebt nach vielen Jahren des Wachstums schwierige Zeiten. Heute wird wie in jeder anderen ausgewachsenen Branche auch Einsparpotenzial auf allen Ebenen genutzt. Kreditversicherer wie Euler Hermes versprechen, Geldverluste im IT-Handel zu verhindern und so der IT-Branche insgesamt mehr Qualität zu verschaffen. Seit die IT auch in der Schweiz ihren Hype hinter sich hat, muss sie sich wie jede andere Industrie an tiefere Wachstumsraten als zu Boomzeiten gewöhnen. Um so wichtiger ist deshalb in den vergangenen Jahren der Schutz vor Forderungsverlusten, etwa bei den Distributoren, geworden. Denn auch nur kleine Verluste erfordern bei tiefen Margen erhebliche Neu-Umsätze, um die Geschäftsbücher wieder auszugleichen. 

Margenschwund eingrenzen

So benötigt zum Beispiel ein nicht bezahlter Auftrag von 30'000 Franken bei 4 Prozent Marge einen Umsatz von 750'000 Franken, um die Nichtbezahlung dieses Auftrags auszugleichen. «IT-Hersteller und Distributoren können sich diese Verluste bei den heutigen tiefen Branchenmargen schlicht nicht mehr leisten», erklärt Jules Kappeler, Verkaufs- und Businesschef beim Zürcher Kreditversicherer Euler Hermes. Ausserdem dürfe man dabei neben dem Umsatzausfall auch den genau so wichtigen Liquiditätsausfall nicht vergessen, beschreibt Kappeler die finanziellen Risiken im IT-Handel weiter. Damit solche potenziellen Schäden, die trotz grösster Kontrolle immer wieder auftreten können, ohne dramatische Wirkung bleiben, setzt längst auch die Schweizer IT-Branche auf Kreditversicherungen. So versichern inzwischen alle Schweizer IT-Distis die Risiken ihrer Lieferantenkredite. International hat sich dabei die zum Allianz-Konzern gehörende Euler Hermes weit vorne positioniert. In der Schweiz verdient Euler Hermes heute mit 38 Mitarbeitern in Zürich und Lausanne rund 70 Prozent ihres Umsatzes im Exportgeschäft und versteht sich als Versicherer des Gross- und Fachhandels wie der Industrie.

Vertrauen und Transparenz

Im letzten Jahr stand Euler Hermes für gut 54'000 Riskoanfragen ein. Dabei ging es immer um sensible Geschäftsdaten, die gemäss Kappeler grosses Vertrauen und Transparenz zwischen den Versicherten und der Kreditversicherung bedingen. Konkret heisst das, wenn der Kreditversicherer für 90 Prozent eines Verlustes gerade stehen soll, muss der Versicherte eine Bonitätsprüfung über sich ergehen lassen und sich der Bonitätsüberwachung unterstellen. Dazu reichen dann aber keineswegs nur die Daten einzelner Kunden, sondern es muss das gesamte Portfolio offengelegt werden. Für sich beansprucht Euler Hermes dabei umsatzabhängige Prämien, die zwischen 0,2 und 0,6 Prozent ausmachen. Der Gegenwert ist allerdings beträchtlich. Erhält doch das IT-Unternehmen klar kalkulierbare Kosten und bekommt mit dieser Zusammenarbeit auch die Implementierung eines professionellen und für alle Bereiche einheitlichen Kreditrisiko-Managements, ohne dafür zusätzliches Personal zu benötigen. Kappeler streicht denn auch heraus, dass «wir mit unseren schnellen und klaren Kreditentscheiden beanspruchen, unsere Kunden bei ihren Geschäftsentscheidungen zu unterstützen». Auch werde durch diesen Prozess das nicht zu unterschätzende Konfliktpotenzial zwischen Verkaufs- und Finanzabteilung in den versicherten Firmen deutlich gesenkt, beschreibt Kappeler seine Erfahrungen weiter.

Geschäftssicherheit

So liessen sich beispielsweise via Bonitätsprüfung Unternehmen mit schlechterer Zahlungsfähigkeit schon vor Geschäftsabschluss rasch aussortieren. Euler Hermes betreibt für diesen Service den nach eigenen Aussagen international grössten Informationspool mit über 40 Millionen Firmenadressen, der den Versicherten online zur Verfügung steht. Für Martin Steiner, Finanzchef bei Ingram Micro in Hünenberg, ist denn auch die Zusammenarbeit mit Kreditversicherern nahezu unumgänglich. «In einem Volumengeschäft wie der IT mit seinen tiefen Margen tut ein Debitorenausfall sehr weh», erklärt Steiner. Eine Kreditversicherung schränke das Debitorenrisiko wirksam ein, meint er weiter. «Zudem gefällt mir der automatisierte Prozess. Eine Anfrage kann online eingegeben werden und wir können sofort prüfen, ob wir das Geschäft abschliessen wollen», sagt der Finanzchef. Gemäss Kappeler wächst das Kreditversicherungsgeschäft in der Schweiz wieder rasant. «Wir konnten in den letzten 24 Monaten unsere Prämieneinnahmen mehr als verdoppeln und erwarten weiterhin hohe Wachstumsraten», sagt er. Dass der hiesige Markt für Euler Hermes so interessant ist, liegt nicht zuletzt an deren quasi Monopolstellung für komplette Kreditversicherungsdienste, die aus der Schweiz -heraus, mit lokalen Vertretungen und Entscheidern vor Ort abgewickelt werden können.
Roger Huber



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