01.12.2008, 14:44 Uhr

Der ideale IT-Mitarbeiter 2010

Der Informatiker der Zukunft soll vor Publikum sprechen können und betriebswirtschaftlich denken. Eine Gartner-Analystin, ein Managementberater, ein Personalchef und eine Professorin geben Ratschläge für die Job-Ausrichtung.
Schon 2010 könnte es so weit sein: Hervorragende Technikkenntnisse sind dann gar nicht mehr gefragt. Die Programmierer und Support-Mitarbeiter werden dann alle weg sein, weil ihre Jobs ausgelagert wurden. Was die IT-Abteilungen dann brauchen, sind Generalisten, die sowohl die technische als auch die unternehmerische Seite verstehen. Mitarbeiter, die IT-Pläne entwerfen und gleichzeitig umsetzen können. Und zwar so, dass das Unternehmen davon profitiert. Zudem sollen sie in der Lage sein, Kontakte innerhalb der Firma und mit Kunden zu pflegen.

Das Rüstzeug für die Zukunft

Dass der IT-Spezialist der Zukunft diese Fähigkeiten mitbringen sollte, ist nachvollziehbar. Aber warum braucht man bald nur noch Generalisten? Das liegt unter anderem am veränderten Konsumentenverhalten, einem Anstieg von Firmenfusionen, Outsourcing, der Verbreitung mobiler Anwendungen und der Zunahme gespeicherter Daten. Hinzu kommt: Viele der 2010 besonders gefragten Fähigkeiten erwirbt man abseits der IT. Dazu zählen gestalterisches Talent, mathematisches Verständnis oder die Gabe zum Sprechen vor
Publikum. Fähigkeiten, die IT-Mitarbeiter heute nicht immer mitbringen.

Teamplayer über Grenzen hinweg

Gartner-Analystin Diane Morello beschreibt in der Studie «IT Professional Outlook» die ideale Belegschaft als «nach aussen fokussiertes und unternehmensorientiertes Kompetenzzentrum». Direkte Kollegen werden stärker als heute geographisch getrennt sein. Deshalb sollten sie lernen, im Team zu arbeiten. Auch mit Kollegen, die sie vorher noch nicht kannten. Erfahrungen im Projektmanagement und in der Entwicklung neuer Applikationen werden im Jahr 2010 unverzichtbar sein, glaubt Morello.
Und der Bedarf an Management-Fähigkeiten steigt: Bis 2010 übernehmen sechs von zehn IT-Fachkräften auch betriebswirtschaftliche Aufgaben, prophezeit Morello. Gartner sagt zudem voraus, dass in den kommenden zwei Jahren zehn bis 15 Prozent ihren Job verlassen. Teils, weil ihre Aufgaben automatisiert werden oder weil sie an ihrer Tätigkeit das Interesse verlieren.

Mit IT Geschäftsgrundlagen legen

«Die Hot Jobs 2010 sind Unternehmensarchitekten, System-Analysten und Projektmanager», davon ist David Foote, CEO der amerikanischen IT-Management-Beratung Foote Partners überzeugt. «Wenn ich IT-ler wäre, würde ich mich für einen dieser Jobs entscheiden. Viele können es allerdings gar nicht, weil sie solche Technokraten sind.»
«Die betriebswirtschaftliche Seite wird wichtiger als die technologische», weiss auch Kate Kaiser, Professorin an der Marquette Universität in Milwaukee. Sie befragte 104 CIOs nach den wichtigsten Fähigkeiten für ihren Job. IT-Fachkräfte, die auch nach 2010 Erfolg haben werden, verfügen über betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Das betrifft die Informatik in der Schweiz im übrigen genauso wie den globalen Arbeitsmarkt: «IT-Fachleute brauchen eine breite Abstützung im Sinne von Erfahrung und Ausbildung - nicht nur den Fokus auf ein Thema.» meint Mauro Paulon, HR-Manager bei Microsoft Schweiz. Neben der Informatik könnten das Auslandsaufenthalte oder unterschiedliche Funktionen und Business-Bereiche sein. «So kann die Dynamik von Veränderung auch durch die Mitarbeitenden problemlos mitgemacht und getragen werden», meint Paulon.
Das ist insbesondere dann wichtig, wenn Unternehmen durch Fusionen und Ankäufe immer grösser werden. Während Firmen die technischen Aspekte beherrschen, sind sie «miserabel darin, Kulturen zusammenzuführen», beklagt Unternehmensberater Foote. Die zukünftige Schlüsselrolle sagt er Unternehmensarchitekten voraus, die in den Bereichen Technologie, Sicherheit und Daten tätig sind. Foote beobachtet, dass Firmen wie IBM und Microsoft schon jetzt solche Mitarbeiter rekrutieren: «Sie wissen, dass sie untergehen, wenn ihre Architektur einen bestimmten Level nicht erreicht».

Kommunikationsprofis gesucht

Selbst bei den Hunderten von CIOs, die Gartner nach den Wachstumsmärkten für IT-ler befragte, war das Ergebnis einstimmig: «Prozess- und Beziehungsmanagement wurden am höchsten eingestuft», resümiert Gartner-Analyst Morello. Dass die unternehmerische Seite immer mehr Bedeutung bekommt, liegt auch am Outsourcing. Wenn Firmen mit Drittanbietern koo-perieren, müssen sie in Mitarbeiter investieren, die den Kontakt pflegen. Kommunikationsstärke brauchen auch künftige Microsoft-Angestellte, betont deren Schweizer HR-Manager Paulon: «Der IT-Mitarbeiter 2010 ist offen und proaktiv in der Kommunikation, damit er sich in den immer ausgeprägteren internationalen Teams geschmeidig bewegen kann.»
Die Gartner-Studie kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Fähigkeiten im Bereich Technologie-Infrastruktur und Services den stärksten Rückgang erleben werden. Programmieraufgaben werden häufig durch Automatisierung ersetzt oder ausgelagert. Anders fällt die Zukunftsprognose für Systemauditoren aus. Ihre Bedeutung wächst. «Compliance verschwindet nicht - sie wird wichtiger», meint Foote

Gutes Geld für Sicherheitsexperten

Mit dem zunehmenden Datenmissbrauch wächst auch das Bewusstsein für Datensicherheit. IT-Sicherheit zählt zu den zehn Fähigkeiten, die in den kommenden fünf Jahren hohe Bedeutung in Unternehmen erlangen werden. Weltweit beschäftigen Firmen 1,4 Millionen IT-Sicherheitsspezialisten, ermittelte eine IDC-Studie Anfang des Jahres. Bis 2010 werde diese Zahl auf zwei Millionen steigen, sagen die Marktforscher. Bei Fähigkeiten und Kenntnissen rund um Continuity sowie Recovery sieht es anders aus, denn sie werden künftig zunehmend ausgelagert. Hat ein Unternehmen eine firmenweite Server-Strategie, braucht es auch eine ebensolche Archivierungs-Strategie und die Fähigkeit, diese anzuwenden. Storage-Administratoren sind daher schon jetzt sehr gefragt und teuer.

Mehr

als Software-Entwicklung

Applikationen werden bis in zwei Jahren ausgelagert. Interne Entwicklung wird es nach wie vor geben - nur völlig anders als heute. Sie werde kundenorientierter und biete strategische Vorteile. In der Onlinebanking-Industrie zum Beispiel wollen Firmen das Geld ihrer Kunden verwalten - vom Kredit bis zum Rentenkonto. Um auch 2010 noch erfolgreich zu sein, brauchen die Banken nutzerfreundliche Webseiten mit künstlicher Intelligenz, Data Mining und ausreichenden Kapazitäten für Datenlagerung. Für den IT-Berater Foote ist klar: «Schnelle Applikationsentwicklung und rasches Programmieren sind sehr gut bezahlte Jobs. Aber sie setzen Flinkheit und Flexibilität voraus.»
Footes Mantra für die kommenden zehn Jahre: «Wenn Sie denken, dass jetzt schon Konkurrenz auf dem Markt herrscht, warten sie auf 2010. Ein globales Spielfeld, Innovationen und immer schnellere Technologien machen gefragte Fähigkeiten immer unverzichtbarer, wenn man konkurrenzfähig bleiben möchte.»
Zur Autorin: Andrea König ist freie Autorin unserer deutschen Schwesternpublikation CIO



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