Top 500 13.09.2010, 06:00 Uhr

Es geht wieder aufwärts - Die Tops und Flops der Schweizer ICT-Branche

Allen Unkenrufen zum Trotz haben sich die Schweizer ICT-Unternehmen auch im vergangenen Jahr insgesamt wacker geschlagen. Allerdings nicht alle gleich gut, wie das Top-500-Umsatzranking von Computerworld zeigt.
Top 10 Verlierer 2010
Düstere Wolken haben 2009 den Horizont verdunkelt. Die Weltwirtschaft schien auf der Kippe zu stehen und der für die Schweiz so wichtige Bankensektor erst recht. Doch die 500 umsatzstärksten ICT-Unternehmen scheinen die Krise, zwar mit teils grösseren und kleineren Blessuren, aber doch überstanden zu haben. Es zeichnen sich sogar einige klare Krisengewinnler ab. Gesamthaft gesehen, ist der Branche das kleine Kunststück gelungen, weiter zu wachsen - wenn auch in glazialen Dimensionen. Der Umsatz aller in der Top-500-Ausmarchung von Computerworld vertretenen Unternehmen stieg 2009 im Vergleich zu 2008 um 1,3 Prozent und erreicht mit ca. 49,7 Milliarden Franken beinahe die 50-Milliarden-Franken-Marke. Auch die mittleren Zuwachsraten der Top-500-Firmen bewegten sich um die 1,3 Prozent.
Es gab aber auch viele Verlierer, die im einstelligen Prozentbereich geschrumpft sind, wie die Gesamtliste der Top 500 eindrücklich zeigt. Andere konnten trotz der widrigen Umstände zulegen. Unter den Top-Gewinnern finden sich allerdings einige, die anorganisch, sprich durch Firmenzukäufe, gewachsen sind.

Verschiebungen unter den Top 20

Betrachtet man lediglich die zehn stärksten Firmen der Branche, so sind wenig Änderungen erkennbar. Trotz Umsatzschwund bleibt Swisscom an der Spitze, mit einigem Abstand folgen der Konkurrent Sunrise sowie die IT-Riesen Hewlett-Packard (HP) und IBM. Einziger Neuzugang in den «Top 10» ist die Coop-Gruppe, allerdings kein richtiger, denn unter ihrem Dach werden nun lediglich mehrere Händler wie Fust, Microspot, Netto24 und Interdiscount zusammengefasst, die in den Vorjahren jeweils noch einzeln ausgewiesen wurden.
Sieht man sich allerdings die Firmen auf den Plätzen 10 bis 20 näher an, so lassen sich - vor allem wenn man die Entwicklung der letzten fünf Jahre verfolgt - einige gewichtige Verschiebungen beobachten.
Besonders auffällig ist der kometenhafte Aufstieg von Apple. Dank iPod- und iPhone-Boom konnte der kalifornische Hersteller seinen helvetischen Umsatz in fünf Jahren fast vervier-fachen. Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass Apple noch 2010 die Milliarden-Franken-Hürde knackt und damit in die «Top 10» der Top 500 aufrückt.
Eines ebenfalls überdurchschnittlichen Wachstums konnte sich Microsoft im gleichen Zeitraum erfreuen. Die Redmonder setzen mit etwas über einer Milliarde Franken 2009 in der Schweiz fast doppelt so viel um wie vor fünf Jahren. Generell scheinen Software-Firmen ihre Erlöse stark steigern zu können. Deshalb sind auch SAP und Oracle hierzulande überdurchschnittlich gewachsen, wenn auch nicht so deutlich wie Microsoft. Schliesslich ist noch Google als Shootingstar zu erwähnen. In nur zwei Jahren verzeichnet Computerworld eine Steigerung des Suchmaschinen-Riesen in der Schweiz von 280 auf 412 Millionen Franken.
Beinahe ebenso steil sieht die Kurve beim Direktanbieter Dell aus, allerdings zeigt sie hier in die entgegen-gesetzte Richtung: steil nach unten. Die Texaner erwirtschaften 2009 nur noch die Hälfte dessen, was sie vor einigen Jahren hierzulande umzusetzen pflegten. Grund für diesen Abstieg sind laufend sinkende Absatzzahlen, die sich auch in der alljährlich von Robert Weiss Consulting herausgegebenen Schweizer PC-Marktstudie «Weissbuch» niederschlägt. Allein 2009 konnte Dell demnach gut 30 Prozent weniger PCs - dazu zählen auch Server und Notebooks - in der Schweiz absetzen als im Vorjahr. Das negative Wachstum beobachtet der Weissbuch-Herausgeber zudem seit vier Jahren. Dieses spiegelt sich wiederum im stetigen Umsatzschwund von Dell in der Top-500-Auswertung wider. Doch auch bei den erfolgreichen Firmen zeigt sich eine deutliche Abflachung der Umsatzkurve auf das Jahr 2009 hin. Deutliches Zeichen der harten Zeiten, die auch die helvetischen Überflieger zu spüren bekamen.
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Nach der Krise ist vor der Krise

Dass einige Firmen die Krise bislang mit wenigen Blessuren, aber doch ganz gut überstanden haben, hat seine Gründe. Wie HP-Schweiz-Chefin Hauke Stars gegenüber Computerworld erklärt, habe die Krise insbesondere beim Hardware-Verkauf für Unternehmenskunden Spuren hinterlassen. «Hingegen war die Nachfrage bei den Endverbrauchern erstaunlich stabil», kons-tatiert Stars, wodurch HP hierzulande trotz Wirtschaftskrise wachsen konnte.
Derweil windet die HP-Schweiz-Chefin der öffentlichen Hand ein Kränzchen. «Bund, Kantone und Gemeinden haben auf dem Höhepunkt der Krise in vorbildlicher, antizyklischer Weise investiert», lobt Stars. Die Managerin warnt aber gleichzeitig, dass wegen der Krise für die nächsten Jahre geringere Steuereinnahmen zu befürchten seien, was wiederum Einfluss auf die IT-Budgets haben könnte.
Der Chef des Distributors Also Schweiz, Marc Schnyder, sieht ebenfalls die Zurückhaltung von Geschäftskunden als Hauptgrund dafür, dass die Krise seine Branche gebeutelt hat. Doch auch er stellt für das vergangene Jahr «eine relativ gute Konsumentenstimmung trotz Krise fest». Immerhin sieht Schnyder einen Silberstreifen am Horizont, obwohl er sich noch nicht sicher ist, ob das Schlimmste wirklich überstanden oder eine weitere Baisse im Anmarsch ist. Ein Zeichen für Ersteres ist laut Schnyder der Fakt, dass der Auftragsbestand seit Juni wieder steigt und sich das Servergeschäft erholt. Laut dem helvetischen Country Manager von Microsoft, Peter Waser, ist die Wirtschaftskrise auch an dem Software-Riesen nicht spurlos vorübergegangen. «Die Unsicherheit unserer Kunden war spürbar und hat gewisse Projekte verzögert oder gar gestoppt», berichtet er gegenüber Computerworld. Die Bilanz sei für Microsoft trotzdem positiv ausgefallen, da 2009 ein «Windows-Jahr» gewesen sei. Die Nachfrage nach Windows 7 hat «unsere kühnsten Erwartungen bei Weitem über-troffen», berichtet Waser. Dabei habe, was die Absatzmenge angehe, die Schweiz Länder geschlagen, die ein Mehrfaches an Einwohnern hätten.
Dass das Projektgeschäft nicht gerade überragend ausfiel, hat auch Frank Thonüs festgestellt, obwohl der Managing Director von Symantec Schweiz in einer Sparte tätig ist, in der es viele Must-have-Projekte gibt: IT-Security und Storage. «Grosse Projekte wurden verschoben», konstatiert er. Im gleichen Atemzug relativiert der Symantec-Manager jedoch: Die Projekte seien keinesfalls aufgehoben, sondern würden nun im ersten Halbjahr erneut lanciert. «Generell konnten wir in der Schweiz einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach Lösungen feststellen, mit deren Hilfe Unternehmen ihre IT-Betriebskosten senken können», berichtet Thonüs.
Weitere Prozessoptimierung sei deshalb das Gebot der Stunde, ist Pierre Klatt, Chef von T-Systems Schweiz, überzeugt. «Das Gröbste ist zwar überstanden, dennoch sollten Unternehmen nach wie vor auf der Hut sein», warnt er. «Sie sollten ihre Business- und IT-Prozesse krisensicher ausrichten, denn nach der Krise ist bekanntlich vor der Krise.» Deshalb kann er der Wirtschafts- und Finanzkrise auch Positives abgewinnen: «Sie ist der Auslöser für das konsequente Ineinandergreifen von Business und IT.»
Nicht nur IT-intern ist eine Aufwärtsbewegung zu spüren, einzelne, von der Krise arg gebeutelte Branchen scheinen sich auf dem Weg der Besserung zu befinden. So stehe der Bankensektor wieder gut da, ist Marc Römer, Leiter für Geschäftsentwicklung bei Swisscom IT Services, dem IT-Dienstleistungsarm des helvetischen Telekom-Riesen, überzeugt. Da dieser «einer unserer wichtigsten Zielsegmente ist», schaut Römer zuversichtlich in die Zukunft, zumal die Krise die Schweiz ganz allgemein weniger betroffen habe als andere Länder. Mehr zur Krisenfestigkeit Schweizer ICT-Unternehmen ist ab Seite 12 nachzulesen.

Blick in die Kristallkugel

Dass es langsam, aber sicher wieder etwas «obsi» geht, zeigt sich auch bei der Auswertung unserer Zusatzfrage nach der ICT-Konjunktur. Hier fragten wir die Top-500-Firmen, wie sie die Entwicklung der Branche in den nächsten 12 Monaten beurteilen. Demnach erwarten über drei Viertel innerhalb eines Jahres einen leichten Aufschwung. 2,2 Prozent sehen sogar einem kräftigen Aufschwung entgegen. 18,8 Prozent erwarten eine stagnierende Kurve, während insgesamt 3,5 Prozent noch nicht davon überzeugt sind, dass die Krise zu Ende ist. Sie rechnen mit einer mässig bis stark rückläufigen ICT-Konjunktur.
Besonders interessant ist dabei der Vergleich mit den Vorjahren: Die Befragten sind optimistischer als noch vor zwei Jahren. 2008 waren nur 72,5 Prozent von einem leichten oder kräftigen Aufschwung überzeugt, aktuell sind es 77,7 Prozent. Ebenfalls gut zu sehen ist, wie die Top 500 der Schweiz Anfang 2009 den sich verdüsternden ICT-Horizont voraussagten. Damals gingen 33,6 Prozent von einem mehr oder weniger dramatischen Abschwung in den kommenden 12 Monaten aus und lagen damit durchaus richtig. Mehr als die Hälfte erwartete eine stagnative Phase. Eine realistische Prognose, wie die aktuellen Umsatzzahlen der Top 500 zeigen: Insgesamt konnte sich die Schweizer ICT-Branche mit einem geringen Plus von 1,3 Prozent behaupten.
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Firmenprofil: IDG Communications AG

IDG Communications Switzerland ist eine Tochter der IDG International Data Group mit Sitz in Boston, welche in 85 Ländern mehr als 300 IT-Zeitschriften publiziert. Sie ist damit das grösste internationale Verlagshaus für Informatikliteratur. Weltweit vertrauen über 16 Millionen Computeranwender auf die Publikationen der IDG. Die weltweite Verbindung der Niederlassungen untereinander sorgt dafür, dass Entwicklungstrends auf dem schnelllebigen IT-Sektor schnell erkannt und kommuniziert werden.
Die IDG Communications AG mit Sitz in Zürich beschäftigt 33 Mitarbeiter, von denen 19 in den Redaktionen für den hohen Standard der beiden Schweizer Publikationen «PCtipp» und «Computerworld» sorgen.

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