30.07.2013, 11:42 Uhr

E-Voting steht nicht auf der Kippe

Obwohl ein Hacker öffentlich machte, dass das Genfer E-Voting-System manipulierbar ist, wollen die Kantone an der elektronischen Abstimmung festhalten. Denn beim Bund wusste man bereits vorher, dass die Systeme für Man-in-the-Middle-Attacken anfällig sind.
Die Kantone wollen am Genfer E-Voting-System festhalten
Seit ein Hacker das Genfer E-Voting-System für manipulierbar erklärte, scheint die Politik ihr Sommerloch-Thema gefunden zu haben. Die Grünen wollen E-Voting stoppen, die Piraten gerne den Quellcode offen sehen. In Zürich will die SVP die «Mausklick-Demokratie» verbieten wie der Tages-Anzeiger schreibt, sie sei zu unsicher und teuer.   Ein Bündnis von ganz link bis fast ganz rechts also, das Ende fürs E-Voting ist das aber nicht. Denn gemäss einer Umfrage im «Tagi»  sind FDP, SP und CVP durchaus zufrieden mit der elektronischen Abstimmung. Und der Kanton Zürich hat erst letzten Monat entschieden, einen neuen E-Voting-Anlauf zu nehmen. Gemeinsam mit den Kantonen Aargau, Graubünden, St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Solothurn und Freiburg entwickeln sie ihr eigenes System, es ist das Beliebteste zurzeit.  Gehackt wurde aber das Genfer-System, das neben der Léman-Stadt auch in Basel-Stadt, Bern und Luzern eingesetzt wird. Hegt man dort nun Bedenken ? In Basel nicht, wie die Basellandschaftliche Zeitung schreibt. Alfred Sommer von der Basler Staatskanzlei lobt die Effizient des Systems. «In Basel-Stadt sind zurzeit rund 6900 Auslandschweizer in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt», sagt er der «BZ». Die elektronische Stimmbeteiligung liege bei rund 50 Prozent. Angst vor Datenfälschungen im grossen Stil habe Sommer auch nach der Entdeckung des Hackers aber nicht, wird er zitiert. «Nach Auskunft der Bundeskanzlei handelt es sich bei der fraglichen Sicherheitslücke um eine Schwachstelle aufseiten der von den Stimmberechtigten verwendeten Computer.» Ende Jahr wird die Basler Regierung die vierjährige E-Voting-Testphase beenden und entscheiden, wie es weiter geht. Sommer geht nicht davon aus, dass der Vorfall Einfluss auf die Abstimmung haben wird. 

Genfer-System hat sich bewährt

Auch in Bern soll an der elektronischen Abstimmung festgehalten werden. «Bisher gab es nie Probleme, organisatorisch und technisch funktioniert das System perfekt», sagt Moritz Zaugg, Projektleiter E-Voting im Kanton Bern. Nach den Manipulationsveröffentlichungen hätte man natürlich umfassende Abklärungen getroffen, die Antworten aus Genf seien aber beruhigend gewesen. «Es besteht eine sehr geringe Gefahr für eine systematische Manipulation», versichert Zaugg. Es kann natürlich aber immer sein, dass einzelne Computer manipuliert werden.  Wie Basel-Stadt lässt sich Bern die Resultate direkt schicken und rechnet sie dann ihren 379 Gemeinden zu. «Wir hatten bisher 2 Testläufe und 5 Abstimmungen, die Zusammenarbeit mit Genf funktioniert gut», sagt Zaugg. Auch in Bern ist die Nutzungsquote hoch. Über 50 Prozent der Stimmmenden aus dem Ausland nutzen E-Voting. Allerdings relativiert der Projektleiter: «die Abstimmungsunterlagen erhalten ohnehin nur diejenigen, die sich über die Botschaft im Stimmregister eintragen lassen.» Insgesamt machen die gut 13 000 Auslandschweizer des Kantons Bern 1,85 Prozent aller Stimmberechtigten aus. Gleich klingt es in Luzern, wo man auch weiterhin plant, den Auslandschweizerin das elektronische Abstimmen zu ermöglichen, wie Edgar Huwiler vom Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern sagt. 1,45 Prozent aller in Luzern Stimmberechtigten fallen in diese Kategorie, 45 Prozent davon nutzen E-Voting.   Lesen Sie auf der nächsten Seite: «wir wussten, dass Systeme anfällig sind»

Irgendwann alle Schweizer

Die Kantone wollen also an E-Voting fest halten, lassen in dieser Phase aus Sicherheitsgründen aber weiterhin nur die Auslandschweizer abstimmen mit dem Ziel, ihr System irgendwann allen Schweizen zur Verfügung zu stellen. Dafür müssen diese aber nachgebessert werden, wie im dritten Bericht des Bundesrats zu vote lectronique steht, der Mitte Juni verabschiedet wurde. Mit den heutigen Systemen dürfen höchstens 30 Prozent der Stimmberechtigten ? plus Auslandschweizer - in den Kantonen elektronisch abstimmen. Auf Stufe Bund sind es maximal 10 Prozent, bei 5,1 Millionen Stimmberechtigten also 510 000 Personen. Nach einer ersten Überarbeitungsphase soll die bisherige Limite von 30 auf 50 Prozent steigen, am Ende sollen es 100 Prozent sein.

Risikominimierung

Die Zahl der Stimmberechtigten sei bislang bewusst tief gehalten worden, sagt Thomas Abegglen von der Bundeskanzlei. Damit soll verhindert werden, dass sich selbst eine systematische Manipulation auf Abstimmungsresultate auswirken kann. Denn: «wir wussten, dass die bisherigen Systeme bei 'Man-in-the-Middle-Attacken' grundsätzlich ein Problem haben», sagt Abegglen.  Damit in Zukunft auch solche Attacken nicht mehr möglich sind, müssen die neuen Systeme die doppelte Verifizierbarkeit aufweisen. Sowohl der Abstimmende wie auch das System sollen erkennen können, ob die Stimme richtig abgegeben und gezählt worden ist ? und dabei muss das Stimmgeheimnis gewahrt bleiben. In der Pflicht stehen die Kantone.  Dass es weiterhin drei verschiedene Systeme gibt, stört Thomas Abegglen nicht. Im Gegenteil: «Mir ist es recht, wenn mehrere Systeme weiterentwickelt werden. So ist man nicht abhängig von einem System.» Und falls etwas wie in Genf geschieht, wissen die anderen Kantone, was sie besser machen müssen.



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