«Wir bringen das Digitale auf die Politbühne»

Unterschiedliche Meinungen zur E-ID

Edith Graf-Litscher ist Co-Präsidentin von Parldigi. Seit 2005 ist sie Nationalrätin der SP Thurgau. Graf-Litscher ist Mitglied der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen KVF und der Sicherheitspolitischen Kommission SIK. Zudem leitet sie das Präsidium von Glasfasernetz Schweiz
Quelle: Werner Rolli
CW: Die E-ID hat im Ständerat die Hürde genommen. Jedoch wünscht sich gemäss einer Umfrage von Demoscope im Auftrag der Digitalen Gesellschaft, Public­Beta und WeCollect der Grossteil der Bevölkerung eine staatlich herausgegebene E-ID. Wie bewerten Sie bei Parldigi die Entwicklung?
Graf-Litscher: Wir haben innerhalb von Parldigi unterschiedliche Meinungen zur E-ID. Geht man von dem Modell aus, dass die öffentliche Hand und die Privatwirtschaft jeweils Aufgaben wahrnehmen, finde ich es wichtig, dass man eine neutrale Aufsicht darauf hat. Es ist begrüssenswert, dass der Ständerat hier eine wichtige Anpassung vorgenommen hat. Künftig soll die Eidcom die privatwirtschaftlichen Herausgeber der E-ID überwachen. In der Eidcom sind der Preisüberwacher und der EDÖB engagiert. Mit der geplanten neutralen Aufsicht haben wir einen typisch schweizerischen Kompromiss erarbeitet.
Grüter: Unsere Positionen liegen gar nicht weit auseinander. So, wie man einen Pass oder Führerausweis besitzt, ist es auch im digitalen Raum enorm wichtig, dass man sich ausweisen kann und man aber auch weiss, mit wem man es zu tun hat. Insofern ist eine glaubhafte und anerkannte digitale Identität enorm wichtig. Die Schweiz hatte früher die Suisse ID, eine absolute Totgeburt, für die zweistellige Millionenbeträge verlocht wurden. Ein Grund war, dass nur wenige Unternehmen die Suisse ID anboten. Somit war sie für die Nutzer praktisch unbrauchbar.
CW: Aber weshalb sollte die E-ID jetzt Erfolg haben?
Grüter: Der jetzige Anlauf entstand auch aus der Erkenntnis heraus, dass eine digitale Identität nur dann funktioniert, wenn die Kerndaten beim Staat bleiben und wenn wir zusätzlich privatwirtschaftliche Herausgeber haben, die zugleich die E-ID auch einführen und akzeptieren. Auf diese Weise sollten wir rasch eine hohe Verbreitung der E-ID erleben. Von daher glaube ich, dass dieses Modell deutlich erfolgsversprechender ist als das erste. Jetzt hat man noch finale Kritikpunkte berücksichtigt und die Aufsichtsbehörde eingeführt.
CW: Aber?
Grüter: Ich bin mit dem jetzigen Konstrukt nicht ganz glücklich. Man hat die Behörde eingeführt, um das Referendum zu verhindern. Dabei ist es nur eine kleine Gruppe, die das Referendum will und sich davon auch nicht abbringen lässt. Sollte das Referendum zustande kommen, müssen wir den Leuten erklären, worum es genau geht. Es ist ein wichtiges Projekt, das den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land hilft, sich im digitalen Raum sicher zu bewegen.
Stürmer: Bei der E-ID sind wir im Rückstand gegenüber verschiedenen Ländern. Aus Sicht der digitalen Nach­haltigkeit wollen wir nicht, dass Banken unsere Identität definieren. Aber das ist ja nicht der Fall. Bei der aktuellen Vorlage hat der Staat die Aufsicht. Insofern kann ich aus Sicht von Parldigi sehr gut dahinterstehen.
CW: Wie konnten Sie sich in die Debatte einbringen?
Grüter: Parldigi hat eine entscheidende Rolle gespielt bei der Erarbeitung einer Lösung, die möglichst breite Unterstützung findet. Es waren Leute von uns, die gewissermas­sen als Mediatoren auftraten und Lösungen vorschlugen, wie etwa die nun geplante Aufsichtsstelle. Sie haben ruhig und diskret hinter den Kulissen mit den unterschiedlichen Stakeholdern diskutiert und ausgelotet, was es braucht, damit diese zustimmen können. Das Ergebnis ist nun der breit abgestützte Konsens.
Graf-Litscher: Die Arbeit für die E-ID ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir politische Geschäfte jahrelang begleiten.



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