«Wir bringen das Digitale auf die Politbühne»

Politisch breit abgestützt und themenfokussiert

CW: SP und SVP bilden die politischen Pole im Par­lament. Wie wirkt sich das auf Ihre Zusammenarbeit innerhalb von Parldigi aus?
Franz Grüter: Wir sind politisch eine sehr breit abgestützte Gruppe, in der alle Parteien vertreten sind. Es ist eben so, dass sich digitale Themen nicht in ein klassisches Rechts-links-Schema einordnen lassen. Wir arbeiten themenfokussiert. Das macht die Arbeit so spannend.
Graf-Litscher: Das ist eine zentrale Stärke von Parldigi. Wir diskutieren nicht über Sozial- oder Ausländerpolitik. Das gehört nicht hierher. Wir überlegen uns, wie sich die Schweiz gesellschaftspolitisch im digitalen Raum positionieren soll. Franz und ich ergänzen uns diesbezüglich. Er bringt als IT-Unternehmer die wirtschaftliche Sichtweise ein und ich die volkswirtschaftliche. Zudem bin ich ein Stück weit auch eine Vertreterin der Arbeitnehmenden.
CW: In der aktuellen Legislaturperiode sind bekannte Namen aus der ICT-Branche im Parlament vertreten. Inwieweit hat das digitalen Themen Vorschub gegeben?
Grüter: Leider ist die Situation die, dass die digitale Wirtschaft im Parlament massiv untervertreten ist. Wir sind knapp 20 Personen, die man im Parlament den digitalen Themen zuordnen kann. Wenn man das zum Beispiel mit der Bauern-Lobby vergleicht, für die 40 Leute im Par­lament sitzen und deren Anliegen vertreten, dann sind wir darauf angewiesen, dass wir zusammenarbeiten, um unsere Anliegen durchzubringen. Insofern ist die breite politische Abstützung bei Parldigi etwas Aussergewöhnliches.
“Die Digitalwirtschaft ist im Parlament massiv untervertreten„
Franz Grüter
CW: Sie sagen, dass Sie sich für volkswirtschaftliche Anliegen einsetzen, also auch für die Gesellschaft. Wie stark ist Parldigi in der Öffentlichkeit verankert?
Graf-Litscher: Wir werden regelmässig zu unseren Dossiers angefragt, auch von einem breiten Spektrum an Medien. Franz wird als Unternehmer, als VR-Präsident von Green identifiziert. Ich werde wiederum auch häufig als Co-Präsidentin von Parldigi angesprochen. Die Leute schätzen, dass wir die volkswirtschaftlichen Aspekte der Digitalisierung betrachten. Als wir anfingen, haben wir fast 100 Vorstösse eingereicht, um der Verwaltung einmal Dampf zu machen. Alle Vorstösse wurden zur Ablehnung empfohlen. Dann suchten wir das Gespräch mit verschiedenen Stakeholdern in der Verwaltung, in Unternehmen etc. Darauf folgte ein Wandel. Wir reduzierten unsere Vorstösse, suchten dafür mehr das Gespräch und den Dialog, auch an unseren Anlässen. Und auch am Digitaltag sind wir als Parldigi der Kontakt zur Politik. Das wird geschätzt. Die Veranstalter nehmen uns wahr als die Gruppe, die parteipolitisch breit abgestützt ist. Der Digitaltag ist ein gutes Beispiel dafür, an dem ich gemerkt habe, dass wir jetzt wirklich eta­bliert und anerkannt sind.
Grüter: Das Interessante ist ja, dass der Ursprung von Parldigi auf freihändige Vergaben von IT-Aufträgen zurückgeht. Das ist ein Thema, das die Wirtschaft nicht ohne Weiteres aufgreifen will. Denn auch die Anbieter befinden sich hier in der Abhängigkeit. Der Bund ist in der Schweiz der grösste IT-Auftraggeber, der jährlich Aufträge für rund 1,2 Milliarden Franken vergibt. Wirtschaftsvertreter wollen hier natürlich nicht ihren grössten Kunden angreifen. Wir sind hier ungebunden. Unsere Gruppenmitglieder sind eher frei denkende Leute mit wenig Abhängigkeiten. Wir können daher Themen aufgreifen, an die sich andere nicht heranwagen. Deswegen sind bei uns eher wenige Vertreter grosser IT- Unternehmen dabei, sondern vielmehr aus Gesellschaft, Bildung und Kultur. Es ist eine bunt zusammengewürfelte Gruppe an Leuten, die uns nebst den parlamentarischen Vertretern immer wieder mit Inputs zu digitalen Themen versorgen und sich einbringen.



Das könnte Sie auch interessieren