Telekom-Riese trotzt den USA 07.08.2019, 15:16 Uhr

Huawei buhlt um die Gunst Europas für 5G-Ausbau

Die USA werfen Huawei Spionage für Peking vor und üben Druck auf europäische Länder aus, keine Geschäfte mehr mit dem chinesischen Telekom-Unternehmen zu machen. Bisher haben sie damit wenig Erfolg.
(Quelle: Martina Badini / shutterstock.com)
An einem Freitagmittag im Juni überquert eine Gruppe Huawei-Mitarbeiter einen Nachbau der Alten Brücke von Heidelberg auf dem Weg zu einer Cafeteria nahe eines falschen Versailler Schlosses.
Auf der 120 Hektar grossen Fläche des neuen Firmencampus in den Bergen vor der Stadt Shenzhen im Südosten Chinas stehen Repliken von Gebäuden aus zwölf europäischen Städten. Sie zeigen, wie sehr der Firmengründer Ren Zhengfei Europas Kultur schätzt.
Doch jetzt steht der weltgrösste Netzwerkausrüster auf dem alten Kontinent vor einer besonderen Herausforderung. Inmitten seines Handelskriegs mit den USA bewirbt sich das chinesische Unternehmen in Europa um Verträge für den Aufbau des 5G-Netzes.

Spionagevorwurf von den USA

Washington wirft Huawei vor, es helfe der Regierung in Peking, andere Länder auszuspionieren. Die USA üben Druck auf ihre europäischen Verbündeten aus, deshalb nicht mehr mit dem chinesischen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Damit haben sie bisher nur begrenzten Erfolg. Huawei und Peking weisen die Vorwürfe zurück.
Wenn es um das richtige Unternehmen für den Ausbau der 5G-Infrastruktur geht, wiegen europäische Regierungen und Telekommunikationsfirmen ihre Optionen vorsichtig ab. Ihre Entscheidung kann bedeutende wirtschaftliche Auswirkungen haben. Die 5G-Technologie ist bis zu 100 Mal schneller als 4G. Sie soll unter anderem superschnelle Verbindungen für digitalisierte Fabriken, fahrerlose Autos und smarte Haushaltsgeräte schaffen.
«Das führende 5G-Unternehmen wird im Lauf der kommenden zehn Jahre Hunderte Milliarden Dollar verdienen. Dazu kommen viele neue Jobs im gesamten Sektor drahtlose Technologie», heisst es in einem Experten-Bericht für das US-Verteidigungsministerium.
Huawei hatte im vergangenen Jahr mit 40 Prozent den grössten Marktanteil unter den Netzwerkausrüstern in Europa, im Nahen Osten und in Afrika, gefolgt von dem schwedischen Unternehmen Ericsson mit 36, Chinas ZTE mit 11 und Nokia aus Finnland mit 10 Prozent. Doch im Mai erlitt die Firma einen Rückschlag, als Washington Huawei auf eine schwarze Liste von Unternehmen setzte, mit denen US-Firmen nur unter besonderen Auflagen Handel treiben dürfen.
Im Juni reduzierte Ren die Umsatzprognose für Huawei in den kommenden zwei Jahren um 30 Milliarden Dollar. Im ersten Halbjahr wuchs der Umsatz des Konzerns zwar noch deutlich. Konkrete Angaben dazu, wie das Geschäft durch die US-Sanktionen bereits gelitten hat, machte Huawei bei der Vorlage der Zahlen in dieser Woche allerdings nicht. Es seien noch viele Löcher zu stopfen, sagte Verwaltungsratschef Liang Hua. Dafür wolle das Unternehmen massiv investieren.
Bei seinen Geschäftspartnern in Europa könne Huawei nicht viel mehr tun, als auf den Vertrauensbonus der vergangenen 15 Jahre zu setzen und für mehr Transparenz zu sorgen, heisst es bei dem Unternehmen. Zu diesem Zweck hat Huawei an Orten wie Brüssel, Bonn oder im britischen Banbury mehrere Zentren für Cybersicherheit angesiedelt, wo Regierungen die Produkte des chinesischen Anbieters testen können.



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