Streit um UPC-Übernahme 22.10.2019, 07:33 Uhr

Sunrise sagt ausserordentliche GV in letzter Minute ab

Offenbar wegen des Widerstandes gegen den geplanten UPC-Deal hat Sunrise die für Mittwoch geplante ausserordentliche Generalversammlung abgesagt.
(Quelle: Sunrise)
Der Widerstand grosser Aktionäre gegen den Kauf von UPC durch Sunrise hat Erfolg: Sunrise hat die für den morgigen Mittwoch angesetzte ausserordentliche Generalversammlung in letzter Minute abgesagt.
Grund sei, dass eine deutliche Mehrheit der Aktionäre, die sich für die GV registriert hätten, die Kapitalerhöhung zur Finanzierung des 6,3 Milliarden-Kaufs nicht unterstütze, schrieb Sunrise am Dienstag. Mit der Zustimmung von UPC-Verkäuferin Liberty Global habe man das ausserordentliche Aktionärstreffen annulliert.
«Der Aktienkaufvertrag (Share Purchase Agreement) hat ein 'Long-Stop'-Datum per 27. Februar 2020 und bleibt in Kraft, bis eine Partei ihn kündigt», hiess es weiter. Dies dürfte ein taktischer Schritt sein. Denn wenn Sunrise den Vertrag kündigen würde, müsste der Schweizer Telekomkonzern eine Strafe von 50 Millionen Franken bezahlen. Deshalb dürfte Sunrise keine Eile mit der Kündigung haben und warten, bis Liberty kündigt.
Verwaltungsratspräsident Peter Kurer erklärte: «Wir bedauern die Annullation der GV. Wir haben viel Zeit in die Gespräche mit unseren Aktionären investiert und sind weiterhin von den strategischen und finanziellen Gründen der Übernahme überzeugt». Mit dem Kauf von UPC hätte Sunrise ein eigenes Festnetz erworben und wäre zu einer stärkeren Konkurrentin von Platzhirsch Swisscom geworden.

Gewaltiger Gegenwind

Wortführerin des Widerstands war die deutsche Grossaktionärin Freenet, die 24,5 Prozent an Sunrise besitzt. Freenet-Chef Christoph Vilanek kritisierte den Kaufpreis und die dazu nötige Kapitalerhöhung von 2,8 Milliarden Franken als zu hoch. Auch die Struktur des Deals sei nachteilig für die Sunrise-Aktionäre.
Zudem sieht er den strategischen Sinn der Übernahme nicht mehr. Wegen der neuen Mobilfunkgeneration 5G lohne sich der Kauf des UPC-Kabelnetzes für so viel Geld nicht. Dafür 6,3 Milliarden Franken auszugeben, sei «Irrsinn». Ins selbe Horn stiess der aktivistische Aktionär Active Ownership Capital (AOC). Unerwartet war, dass sich der einflussreiche Stimmrechtsberater ISS dem Nein-Lager anschloss.
Auf der anderen Seite hatten sich eine Reihe von gewichtigen Aktionären wie die kanadische Pensionskasse Canada Pension Plan Investment Board (CPPIB) hinter das Vorhaben gestellt. Auch die Stimmrechtsberater Glass Lewis sowie die Schweizer Ethos und zRating unterstützten den Deal.

Widerstand zu gross

Offenbar reichte das nicht. Sunrise hätte an der GV die Zustimmung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen gebraucht, um die Kapitalerhöhung durchführen zu können. Doch der Widerstand der für die ausserordentliche GV registrierten Aktionäre war zu gross.
Alle Zugeständnisse hatten nichts genutzt. So hatte Sunrise die Kapitalerhöhung auf 2,8 Milliarden Franken verkleinert. Ursprünglich war sie gar 4,1 Milliarden Franken schwer, was den Börsenwert von Sunrise überstiegen hätte.
Zudem erklärte sich UPC-Verkäuferin Liberty Global in der vergangenen Woche auf den letzten Drücker bereit, die Kapitalerhöhung mit einem Betrag von bis zu 500 Millionen Franken zu unterstützen. Damit wäre die Kapitalerhöhung um 18 Prozent erleichtert worden. Wäre die Kapitalerhöhung zustande gekommen, hätte Liberty Global bis zu 7,8 Prozent an Sunrise besessen.
Auch das zweite GV-Traktandum hätte laut Sunrise keinen Erfolg gehabt. Grossaktionär Axxion hatten den Antrag zur Abwahl von Verwaltungsratspräsident Kurer und Verwaltungsrat Jens Jesper Ovesen gestellt. Da beide Traktanden voraussichtlich nicht durchgekommen wären, hat Sunrise die GV abgesagt.
Wie es nun weitergeht, liess der Unternehmen offen. Auch ob personelle Konsequenzen folgen, ist bislang nicht klar.

Sunrise-Aktionär Freenet stellt Forderungen

Der deutsche Sunrise-Grossaktionär Freenet zeigt sich derweil über die Absage der GV und damit wohl auch des Kaufs von UPC erfreut. «Der Kaufpreis von 6,3 Milliarden Franken ist zu hoch, die strategische Logik überzeugt nicht und die Struktur des Deals ist nachteilig für die Sunrise-Aktionäre», sagte Freenet-Chef Christoph Vilanek am Dienstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Freenets Christoph Vilanek will bei Sunrise offenbar keine Köpfe rollen sehen
Quelle: Freenet
Personelle Konsequenzen aus dem Debakel für die Sunrise-Spitze forderte Vilanek keine: «Dazu ist jetzt nicht der Zeitpunkt. Jetzt muss Sunrise wieder Fahrt aufnehmen. Dazu braucht man die besten operativen Leute.» Über allfällige personelle Änderungen könne man sich unterhalten, wenn es in Richtung ordentliche Generalversammlung im nächsten Jahr gehe.
Vilanek verlangte, dass Sunrise jetzt zum Tagesgeschäft zurückkehre und sich darauf konzentriere, Marktanteile zu gewinnen. «Ich fordere, das UPC-Kabelgeschäft dort zu attackieren, wo das Sunrise-Produkt überlegen ist», sagte der Freenet-Chef.

UPC hält am Turnaroundplan fest

Auch die Kabelnetzbetreiberin UPC will nach der vorerst wohl gescheiterten Übernahme durch Sunrise weiter machen wie bisher. Man halte am Turnaroundplan fest und werde diesen weiterhin umsetzen, erklärte eine UPC-Sprecherin am Dienstag auf Anfrage. Da habe UPC Fortschritte gemacht. Für weitere Auskünfte verwies sie an Verkäuferin Liberty Global.
UPC-CEO Severina Pascu hält an ihrer Strategie fest
Quelle: UPC
Der Umsatz von UPC war zwischen April und Juni um 3,6 Prozent auf 315,6 Millionen Franken gesunken. Allerdings sah das Unternehmen positive Tendenzen. So habe der Geschäftskundenbereich zugelegt. Auch die Kundenzahlen gehen laut dem Unternehmen in die richtige Richtung. So sei die Zahl der Mobilfunkkunden gestiegen. Und der Rückgang bei den TV-Kunden und Internetkunden habe sich verlangsamt.
Insgesamt habe das Unternehmen die Trendwende im zweiten Quartal in zahlreichen Bereichen beschleunigt, liess sich UPC-Chefin Severina Pascu bei der Vorlage der Quartalszahlen zitieren. «Unsere Strategie funktioniert und ich bin überzeugt, dass wir auch in den kommenden Quartalen gute Resultate verzeichnen werden.»
Anders sieht dies Sunrise-Grossaktionär Freenet. Nach der Vorlage der UPC-Halbjahreszahlen hatte Freenet-Chef Christoph Vilanek den Kauf von 6,3 Milliarden Franken durch Sunrise abgelehnt. UPC sei ein fallendes Schwert, hatte Vilanek der Nachrichtenagentur AWP gesagt.
Obwohl die Kabelnetzbetreiberin seit Monaten versuche, mit Kampfpreisangeboten für TV, Festnetz, Internet und Mobilfunk neue Kunden zu gewinnen, zeigten die Zahlen nach unten. «Das ist eine traurige Geschichte», sagte Vilanek zum angestrebten UPC-Turnaround. Die angespannte Marktsituation der Kabelnetzbranche und die operative Entwicklung von UPC würden den Kaufpreis von 6,3 Milliarden nicht rechtfertigen.



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