«Ein Chief Digital Officer ist keine Alibiübung»

Wunschprojekte und Enttäuschungen

CW: Wenn Geld keine Rolle spielen würde: was sofort realisieren, was sofort abstellen? Und: warum?
Zech: Ich würde einen «Smart City Innovationshub» ins Leben rufen, bestückt mit kreativen Köpfen aus den verschiedensten Disziplinen, die es braucht, um eine Smart City umzusetzen. Daran beteiligt müsste die Wirtschaft (Start-ups), die Bildung und Forschung, die Bevölkerung sowie die Stadt sein. In einem «Living Lab» könnte dann das Machbare im Smart-City-Kontext zur Veranschaulichung um­gesetzt werden. Lösungen, die sich bewähren, könnten dann auf die ganze Stadt skaliert werden. Das Ziel wäre, die Smart City für die Einwohner «erlebbar» zu machen und das vorhandene Potenzial aufzuzeigen.
Etwas, das sofort abgeschaltet gehört, fällt mir spontan nicht ein. Natürlich würde man sich manchmal wünschen, dass die finanziellen Möglichkeiten und Kompetenzen grosszügiger bemessen wären und man mehr Handlungsspielraum hätte. Dies ist aber halt einfach «Part of the Game» in einer öffentlichen Verwaltung.
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Stadt Winterthur
Die Stadtverwaltung besteht aus sieben Departementen und der Stadtkanzlei. Die Verwaltung beschäftigt rund 5000 Mit­arbeiter auf ca. 3150 Stellen, da 67 Prozent der Angestellten in Teilzeit ar­beiten. Weiter bildet die Stadt über 400 Lernende in 35 Berufen aus. Winterthur ist mit ca. 112 000 Einwohnern die sechstgrösste Stadt der Schweiz.
CW: Was war Ihre bisher grösste Enttäuschung im Job?
Zech: Meine grösste Enttäuschung liegt schon länger zurück. Im Jahr 2011 wurde die E-Government-Strategie verabschiedet, die ich massgeblich mitgestaltet habe. Damit verbunden waren konkrete Umsetzungsmassnahmen und entsprechende finanzielle Mittel. Leider wurden diese Gelder im Zuge einschneidender Sparmassnahmen gestrichen, sodass die Umsetzung nicht wie geplant erfolgen konnte. Dies darf nun mit dem Smart-City-Programm auf keinen Fall wieder passieren.
CW: Was wollen Sie tun, wenn das Smart-City-Vorhaben scheitern sollte?
Zech: Ich denke, es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um über das Scheitern nachzudenken. Vielmehr sollten wir den Fokus jetzt darauf legen, wie wir die Smart City Winterthur zu einem Erfolg bringen. Dazu gibt es ein paar wichtige Aspekte zu beachten: Eine Smart City wird nicht über Nacht gebaut. Es handelt sich um einen langfristigen Prozess. Ganz generell denke ich, dass die Bevölkerung und die Politik es begrüssen, wenn sich ihre Städte in Richtung Smart City entwickeln. Wichtig dabei ist aber immer, dass Nutzen und Bedarf im Vordergrund stehen. Weiter müssen Datenschutz und Datensicherheit höchste Priorität haben. Ansonsten kann das Vertrauen in Smart-Lösungen sehr schnell verspielt werden.
Grundsätzlich denke ich, dass die Verwaltungen positiv gegenüber Smart City eingestellt sind. Die Frage ist nur, wie aktiv soll und kann die Verwaltung Smart City vorantreiben oder es einfach geschehen lassen – insbesondere mit den knappen Ressourcen.
CW: Sehen Sie allenfalls weitere Hürden, die das Smart-City-Projekt nehmen muss?
Zech: Ein wichtiger Aspekt ist die Kultur in einer Verwaltung. Behörden sind es sich gewöhnt, sehr zuverlässige und erprobte Dienstleistungen anzubieten, denn sie haben einen umfassenden gesetzlichen Auftrag. Fehler dürfen deshalb eigentlich auch nicht passieren. Im Umfeld von Innovationen und Smart City muss man aber auch bereit sein, gewisse Risiken einzugehen und auch mal ein Scheitern in Kauf zu nehmen. Dies erfordert auch vonseiten der Bevölkerung ein Umdenken. Es muss akzeptiert werden, dass auch Verwaltungen in gewissen innovativen Vorhaben im «Beta»-Modus unterwegs sein können.



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