Bei Digicomp herrscht Aufbruchstimmung

Digitale Transformation bei Digicomp

CW: Sie sind seit 2006 im Unternehmen. Wie hat sich das Lernangebot seither verändert?
Ung: Früher waren Microsoft-Server-Kurse die meistgefragten Lehrgänge. Wenn man sich anschaut, wo Microsoft heute steht, wird klar, dass Lernangebote zu Azure, AWS, Docker und Kubernetes die Server-Kurse ablösen. Kurse zu ITIL, also zur Verbesserung des Service-Levels der IT, waren Renner und sind es teilweise auch heute noch, jedoch als Digital-IT-Service. Heute sind die Klassen voll bei Themen wie Scrum Master, Product Owner und Agile Leadership. Das liegt auch daran, dass sich die IT-Abteilung wandelt. Sie hat heute die Chance, vom vermeintlichen Kostenblock zum unentbehrlichen Treiber von Wertschöpfung zu werden.
CW: Wie kann die IT-Abteilung zur Wertschöpfung beitragen?
Ung: Um Werte zu genieren, müssen IT-Experten neben ihrem technischen Know-how lernen, die Kunden zu verstehen, diese Einsichten in digitale Werte zu verwandeln und rasch auf den Markt zu bringen. DevOps ist beispielsweise eine Reaktion darauf, dass entwickelte Software sofort an den Kunden ausgeliefert werden soll, da die Integration der Entwicklung der technischen Infrastruktur bereits in die Methode zur Wertgenerierung implementiert ist. Microservices und das Container-Prinzip erlauben viel schnellere Integrationstest und dadurch eine kürzere Time-to-Market als dies früher möglich war. Die Trends in der IT-Weiterbildung zielen genau darauf ab: Wie kann die IT stärker zur Wertgenerierung des Unternehmens beitragen? Wie können neue Technologien wie IoT, AI oder Robotics wertstiftend in die Geschäftsprozesse integriert werden. Wir bieten Weiterbildungen, die IT-Leute ans Steuer setzen, in dem wir Technik mit Business-Know-how und dem passenden Mindset verbinden.
CW: Was hat sich noch geändert?
Ung: Wir beobachten zudem, dass sich die verschiedenen Bereiche eines Unternehmens wie Technologie, Business, Kultur, Marketing oder Verkauf aufeinander zu bewegen. IT wird heute etwa auch vom Marketing-Budget bezahlt, muss also direkt einen Kundenwert generieren. Neue digitale Produkte können nur in interdisziplinären Teams entwickelt werden, die Infrastruktur, Software, Kunden-Einblicke, Marketing und Verkauf umfassen. Mit unseren neuen Formaten tragen wir dieser Entwicklung Rechnung und bieten Kurse aus verschiedenen Bereichen an, die modular kombiniert werden können, damit diese Verzahnung auch im Kopf der Mitarbeiter stattfindet. Es geht hier auch um die «Zerschlagung der Silos». Wir glauben, dass dies nur funktioniert, wenn die Mitarbeiter ihre heutige Grundeinstellung ändern. Und dies versuchen wir in unseren Weiterbildungen mitzugeben.
CW: Veränderungen mag nicht jeder. Erleben Sie auch Widerstand in Ihren Kursen?
Ung: Den gibt es tatsächlich. Wir erleben immer wieder Besucher, die sagen, sie seien von der Firma geschickt worden und «müssten» das Seminar besuchen. Das ist schade. Diese Kursbesucher bleiben auch nach dem Kursabschluss unzufrieden und das Unternehmen hat unnötig Geld und Zeit in seine Mitarbeiter investiert.
CW: Wie gehen Sie damit um?
Ung: Der Umgang mit Widerstand wird zunehmend wichtiger – speziell in den Kursen, in denen es um den digitalen Wandel geht. Dieser kann extrem spannend sein, wenn man auch offen dafür ist. Man kann versuchen, sich dagegen zu sperren, aber der Wandel kommt dennoch. Da gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann den Drachen bekämpfen, also drohen: «Wenn wir uns nicht verändern, geht unser Geschäft unter.» Oder man kann versuchen, Widerstände auf positive Art zu lösen: «Wir können die Prinzessin retten und noch einen Schatz finden.»
CW: Was bedeutet Digitalisierung für Digicomp selbst?
Ung: Auf technischer Ebene begannen wir vor über fünf Jahren, uns neu aufzustellen und migrierten unsere Systeme in die Cloud. 2015 bei der ersten Vergabe des Digital Transformation Award im Rahmen von «Best of Swiss Web» landete Digicomp auf Rang 6 der Shortlist – von 200 Unternehmen. Die Digitalisierung zwang uns auch dazu, unsere Sichtweise auf die Technik zu ändern. Wenn früher etwas nicht funktionierte, war einfach das System schuld. Dabei ist es umgekehrt. Wir müssen die Technik verstehen, um sagen zu können, weshalb etwas nicht läuft. Während der letzten zwei Jahre arbeiteten wir deshalb an Kultur, Sinn und Vision unseres Unternehmens. Momentan fokussieren wir auf Agilität und Digital Product Design. Wir müssen in der Lage sein, unsere physischen und digitalen Angebote schneller und konsequenter auf die Kundenwünsche hin auszurichten und sogar Wünsche vorwegzunehmen.
CW: Was folgt daraus für Ihr Team?
Ung: Was wir anbieten, wollen wir auch leben. Wer bei uns arbeitet, den wollen wir befähigen, sich selbst weiterzuentwickeln. Das ist der Sinn hinter der neuen Vision. Wir benötigen mehr Raum für Eigeninitiativen, müssen Prozesse und Entscheidungen anders regeln und zusätzliches Wissen darüber aneignen, wie wir digitale Produkte rasch für den Markt entwickeln können. Hierfür überlegen wir uns, wie wir Teams optimaler als bis anhin aufstellen können. Wir bewegen uns also weg von Abteilungen wie Verkauf, Marketing oder Product Management und hin zu kleinen Scrum Teams mit einer klaren Produkt- respektive Service-Vision.



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