Welche Fachkräfte gesucht sind und wie man sie hält 20.09.2019, 07:19 Uhr

«Komm doch zu uns!»

Der Fachkräftemarkt gilt als trocken. Bewerber haben die freie Wahl. Dennoch haben auch Unternehmen ihre Anforderungen. Und die sind nach wie vor hoch. Computerworld hat nachgefragt, wen Unternehmen suchen und wie sie Mitarbeitende halten.
(Quelle: Shutterstock.com/racorn)
Arbeitgeber schenken sich nichts, wenn es um das Halten der besten ICT-Fachleute im Land geht. Dafür setzen die Unternehmen vor allem auf die Schaffung eines attraktiven Arbeitsumfelds.
Flexible Arbeitszeiten, ein guter Lohn mit attraktiven Nebenleistungen, vielseitige Weiterbildungen und Karrierewege: Die Branche investiert mittlerweile sehr viel in ihr wichtigstes Gut, die Mitarbeiter.

Offene Karrierewege

Das zeigt auch die Umfrage von Computerworld unter den wirtschaftlich stärksten ICT-Unternehmen im Land. Demnach setzen rund zwei Drittel aller in der Top-500-Studie befragten ICT-Firmen im Ringen um Fachkräfte vorrangig auf die Schaffung eines ansprechenden Arbeitsumfelds sowie auf die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. «Uns ist es ein Anliegen, dass sich unsere Arbeitnehmer wohlfühlen und sich einbringen können. So können sie sich entwickeln und weiterkommen», sagt Patrick Stampfli, Head of Operations bei Elca.
Neben einem guten Austausch im Team setzt Elca auch auf spannende Kundenprojekte. «Und eine wichtige Rolle spielen schliesslich Ausblick und Perspektive unserer Mitarbeiter.» Die Möglichkeiten sind deshalb vielfältig. Elca verlässt – wie immer mehr ICT-Firmen – starre Karrierepfade und offeriert stattdessen ein Rundum-Angebot: «Grundsätzlich kann sich bei uns jeder Ingenieur, Architekt, Consultant oder Business-Spezialist in eines der anderen Berufsfelder weiterentwickeln», erklärt Stampfli.
“Bei uns kann sich jeder Ingenieur, Architekt, Consultant oder Business-Spezialist in eines der anderen Berufsfelder weiterentwickeln„
Patrick Stampfli, Elca
Auf diese Weise halte Elca seine Mitarbeiter interessiert und stelle sicher, dass sie wissen, dass es immer auch noch andere Möglichkeiten gibt. Um von Beginn weg eine erfolgversprechende Stossrichtung einschlagen zu können, werden Bewerber im Interview nach ihrem Traumjob bei Elca gefragt und nach einem Job, den sie sich im Unternehmen nicht vorstellen können.

Wo Quereinsteiger gefragt sind

Weil die heimischen Hochschulen weniger Abgänger in den Markt entlassen als gewünscht, setzen sich einige Unternehmen ausserdem mit dem Thema Quereinstieg auseinander. Besonders offen zeigt sich Stampfli, der bei Elca viel mit der Einstellung neuer Mitarbeiter zu tun hat. «Grundsätzlich sind Quereinstiege möglich. Wenn jemand eine kaufmännische Ausbildung absolviert und nebenbei noch etwas in der Informatik gelernt hat, nehmen wir ihn gerne, wenn wir sehen, dass er clever ist», sagt der Elca-Manager.
Entscheidend seien das Verständnis für passende Konzepte und die richtige Denkweise. Denn Fachwissen wie Angular, SharePoint oder ein spezifisches CRM lerne auch an einer Hochschule ohnehin fast keiner, das müssten sich die Arbeitnehmer bei Elca aneignen. «Und übergeordnete Technologien können sich ändern.»
Autor
Michael Küng
ist Wirtschafts- und Technologiejournalist aus Aarau.

Ausgerechnet Java ist ein Nadelöhr

Als Nadelöhr in der Weiterentwicklung des Geschäfts wird immer wieder die schwierige Suche nach Java-Entwicklern genannt. «Java ist zwar nicht schwierig zu verstehen, dafür aber sehr gross und umfangreich», sagt Elcas Stampfli unisono mit anderen Firmenvertretern.
Entwickler müssen mittlerweile eine Vielzahl verschiedener Frameworks für Datenhaltung, Business-Prozesse und Frontends beherrschen. Und die sind komplex, sich einzuarbeiten, braucht viel Zeit. Deshalb würde Stampfli auch klar in Abrede stellen, dass jeder Programmierer Java beherrscht: «Ein bisschen programmieren reicht nicht.» Und das, obwohl Java an allen deutschsprachigen Fachhochschulen Hauptprogrammiersprache ist.
Christoph Denzler, der an der Fachhochschule Nordwestschweiz den Studiengang Informatik verantwortet, weiss, woran das liegt. «Ich höre oft, dass grundsätzlich breit ausgebildete Informatiker gesucht werden.» Solche bildet die FHNW denn auch aus. Die von der Schule angestrebte Grundausbildung ziele darauf ab, es den Unternehmen zu ermöglichen, die jungen Berufseinsteiger relativ schnell zu den benötigten Spezialisten auszubilden.
Wichtig seien ausserdem erste praktische Erfahrungen, welche die Studenten der Fachhochschule in Form von Projekten mit Partnerunternehmen sammeln können. Dabei kommen agile Frameworks wie Scrum zum Einsatz.

Social Skills gehören zum Studium dazu

Neben einer guten Grundausbildung, auf der die Unternehmen aufbauen können, setzt Denzler gezielt auf den Aufbau eines Erfahrungsschatzes in den weichen Faktoren. Dadurch lernen die Studierenden, in der Teamarbeit gesamthaft Verantwortung zu zeigen und davon abzusehen, Aufgaben strikt nach Funktion zu verteilen.
Ein bei vielen Studenten unbeliebtes Instrument ist die Möglichkeit, dass die Studierenden innerhalb von Projektteams Noten anpassen können. «Wir ermöglichen es den Studenten, die Noten einzelner Teammitglieder zu erhöhen», erläutert Denzler.
Weil sich der Notenschnitt im Team nicht ändern darf, bedingt das auch die Senkung der Note eines anderen Teammitglieds. Wie die Studenten dieses Tool anwenden, bleibt ihnen überlassen. Genutzt werde es selten und viele Studierende bitten Denzler darum, es abzuschaffen. «Aber das ist eben auch eine Aufgabe: Lernen, die Arbeit von Teamkollegen realistisch einzuschätzen und ein passendes Feedback zu kommunizieren. Das kann sehr unangenehm sein. Entsprechend wichtig ist es, dass wir auch das schulen.»
“Unsere Studierenden lernen, die Arbeit von Teamkollegen realistisch einzuschätzen und ein passendes Feedback zu kommunizieren„
Christoph Denzler, FHNW
Überraschenderweise tauscht man sich beim Studiengang Informatik der Fachhochschule nur sporadisch mit der Privatwirtschaft aus. «Wir sind jetzt daran, das zu ändern, und wollen in Zukunft regelmässig mit der Industrie in Kontakt treten», sagt Denzler.
Dass die Schule trotzdem einen guten Draht zur Arbeitswelt hat, liegt auch daran, dass knapp die Hälfte der Immatrikulierten berufsbegleitend studiert. Daraus ergibt sich ein reger Fluss von Informationen aus der Berufswelt. «Ich muss mich gegenüber Studierenden oft rechtfertigen, weshalb ich ein bestimmtes Framework für den Unterricht gewählt habe, und schaue mir die von den Studierenden vorgeschlagenen Alternativen an», führt Denzler weiter aus.
Eine Produktausbildung bietet die Fachhochschule deshalb aber nicht an, die Grundausbildung zugunsten möglichst vielfältiger Zukunftsperspektiven steht im Mittelpunkt. Neben Java spielen dafür in der Ausbildung unter anderem auch .NET sowie Module für Python und Perl eine Rolle.

Spezialisierung kann riskant sein

In der Industrie kommt die Stossrichtung der Fachhochschule Nordwestschweiz vielerorts gut an. So setzt Geschäftsführer Markus Brunold von BSI Business Integration auf Studienabgänger mit einem relativ breiten Profil.
Auch, weil Informatiker bei BSI vom ersten Kundengespräch bis zur fertigen Software in den gesamten Entstehungsprozess involviert sind. «Wir suchen Programmierer und ausgebildete Software-Ingenieure, primär ab Hochschule», sagt Brunold. Es ist die Sparte, in der branchenweit am meisten Fachkräfte gesucht werden.
Konsequenterweise hat das Unternehmen seine jeweils vier Standorte in der Schweiz und Deutschland um städtisch angesiedelte Hochschulen herum aufgebaut. «An Orten, an denen die Studierenden sich wohlfühlen und auch bleiben wollen», wie er anmerkt.
Einer davon ist Baden, wo das Unternehmen vor 23 Jahren seinen Anfang genommen hat. «Uns ist wichtig, dass Bewerberinnen und Bewerber gerne mit Kunden zusammenarbeiten und die grossen Freiheiten zu nutzen wissen, die wir unseren Arbeitnehmenden geben», sagt Brunold.
Denn BSI verfügt über keine klassischen Unternehmensabteilungen, sondern arbeitet schon seit seiner Gründung in agilen Teamstrukturen. «Wir stellen für jedes Projekt ein passendes, sehr gut organisiertes Team zusammen.» Entsprechend gross sind die Freiheiten der Entwicklerinnen und Entwickler. Durch die breiten Anforderungen, die sich von Projekt zu Projekt ergeben, ist es für BSI auch nicht so wichtig, welche Sprachen ein Software Engineer beherrscht.
Vorteilhaft seien in der Business-Welt jedoch Java und sicher nützlich auch die agile Software-Entwicklung. Er warnt junge Entwicklerinnen und Entwickler davor, sich zu früh auf eine Sprache zu spezialisieren: «Damit beschränkt man sich immer auch auf ein sehr enges Gebiet.»

Abwerben ist kein Thema

Von Bewerberinnen und Bewerbern erwartet BSI vorrangig, dass sie Leidenschaft zeigen. «Im Gespräch merkt man schnell, ob sich jemand auch in der Freizeit mit der Thematik auseinandersetzt oder ob er sich auf die Pflichtaufgaben im Studium beschränkt.»
Im Mittelpunkt stehen ausserdem die Werte des Unternehmens. Zu ihnen muss der künftige Mitarbeiter, die zukünftige Mitarbeiterin passen. Das Unternehmen setzt bei der Suche nach Verstärkung sehr gezielt auf Hochschulabgänger, das Abwerben bei der Konkurrenz ist für BSI kein Thema. «Einige Arbeitnehmer aus anderen Unternehmen hätten wahrscheinlich Mühe, mit den fehlenden Hierarchien und den grossen Freiheiten bei uns umzugehen», erklärt Brunold die Fokussierung. «Die Hochschulen bearbeiten wir deshalb sehr stark.»
“Spannende Arbeit und Zugehörigkeit sind das A und O„
Markus Brunold, BSI Business Integration
Das Unternehmen bietet Praktika, begleitet Bachelor- und Masterarbeiten, nimmt an Hochschulevents teil, macht Sponsorings und ist immer an der Kontaktparty der ETH dabei. «Die ist sehr wichtig. Noch vor wenigen Jahren waren wir mit ein paar anderen Firmen allein vor Ort, mittlerweile sind dort alle vertreten, bis hin zu Banken und Versicherungen.»
Im Werben um den Nachwuchs setzt BSI auf spannende Arbeit und Zugehörigkeit: «Das ist das A und O.» Das sei wichtiger als der Lohn. «Damit kann man niemanden abholen», macht Brunold klar.  BSI setzt vielmehr auf direkte Kommunikation und die daraus hervorgehenden Mitbestimmungsmöglichkeiten. «Das ist sicher spannender als der Job eines Programmierers, der am Ende einer Kette sitzt und sich dort darauf beschränkt, Vorgaben entgegenzunehmen und umzusetzen», sagt der Geschäftsführer.

Wenn Mitarbeiter zu Aktionären werden

Das scheint anzukommen: Inzwischen sind zwei Drittel des Teams am Unternehmen beteiligt. «BSI gehört den Mitarbeitenden. Alle Aktionäre sind Mitarbeitende und möglichst alle Mitarbeitende sind Aktionäre. Auch das unterscheidet uns von börsenkotierten Wettbewerbern, bei denen der Shareholder Value vor den Mitarbeitenden und den Kunden kommt.»
Das Modell sei etwas ganz Besonderes und ein Grund, weshalb sich die Mitarbeitenden derart verbunden, eingebunden und involviert fühlten. Das erzeuge wiederum einen einzigartigen Spirit, der von den BSI-lern auf die Kunden «überschwappt» und dort weite Kreise ziehe, betont Brunold.
Und die Firma mit 322 Mitarbeitenden bietet neben internen Weiterbildungen auch externe Kurse, den Besuch von Konferenzen und die Lab Days. Letztere ermöglichen es jedem Arbeitnehmer, sich für ein paar Tage zurückzuziehen, um sich in Ruhe mit einer neuen Technologie oder einer Idee auseinanderzusetzen.
Im Gegenzug erwartet das Unternehmen das Teilen der Erkenntnisse aus diesen Tagen mit der Firma. Ob das in Form eines Vortrags, eines Workshops oder eines Prototypen geschieht, ist den Mitarbeitenden überlassen. «So entstehen oft Ideen, die ihren Weg in unsere Produkte finden», schliesst Brunold.

Brückenbauer gesucht

Auf erfahrene Fachkräfte setzt der IT-Dienstleister Avectris. Passend zum Kundenportfolio sucht das Unternehmen IT-Spezialisten, die zusätzlich über Branchenwissen verfügen: «Wir bewegen uns primär in den Branchen Dienstleister, Finanzwirtschaft, Gesundheitswesen, Industrie, öffentlicher Sektor und Versorger», sagt Tanja Santner-Steinebrunner, Personalverantwortliche von Avectris.
Wie andere Unternehmen setzt auch Avectris weiter auf hohe Sozialkompetenzen. «Sie sind nötig, um den Kunden zu verstehen und dieselbe Sprache zu sprechen wie er.» Neben den genannten klassischen IT-Spezialisten und -Beratern sucht Avectris für die anstehenden S/4Hana-Migrationsprojekte SAP-Spezialisten, die auch interdisziplinäres Denken mitbringen, um als «Brückenbauer» zwischen der IT und den Fachbereichen agieren zu können.
“Wir suchen SAP-Spezialisten, die Brücken zwischen der IT und den Fachbereichen bauen können„
Tanja Santner-Steinebrunner, Avectris
Weitere Bereiche mit Bedarf sind Workplace Engineering, DevOps sowie Solution-Architekten für die stark wachsenden Bereiche Cloud und Security. Um an gut ausgebildete Fachkräfte zu gelangen, präsentiert sich Avectris regelmässig an Fachhochschulen, setzt in der Rekrutierung aber auch auf das gezielte Ansprechen von Spezialisten auf sozialen Netzwerken, allen voran LinkedIn.

Kontakt zu ehemaligen Bewerbern wird gepflegt

Auch mit ehemaligen Bewerbern hält das Unternehmen wenn immer möglich Kontakt und fördert als einer der grössten Lehrlingsausbildner im Kanton Aargau den eigenen Nachwuchs.
Überdies bietet Avectris ein Weiterbildungsangebot, die Möglichkeit, Konferenzen und Fachmessen zu besuchen, Assessments zu absolvieren und sich in flachen Hierarchien zu bewegen. «Bei uns sind wir alle per Du und wir pflegen den offenen und direkten Austausch untereinander, bis hin zu unserem Geschäftsführer Thomas Wettstein», sagt Santner-Steinebrunner.
Der Lohn sei nur eine Komponente, die Fachkräfte anziehe. Die Erfahrung zeige allerdings, dass das nicht nachhaltig sei, so die Personalverantwortliche. «Es wird immer jemanden geben, der noch mehr Lohn bietet.» Insbesondere die jüngere Generation beziehe ihre Motivation aus Themen wie moderne Arbeitsmittel, attraktive Aufgabenstellungen und möglichst viel Entscheidungsspielraum, flexible Arbeitszeiten sowie Arbeitsplatzwahl.

Wer auf einen Kurs wartet, ist zu spät

Die beste Methode, neue Technologien zu erlernen, sei, sie in einem Projekt umzusetzen, findet Roman Hugelshofer, Managing Director Application Security und Mitglied der Geschäftsleitung bei Ergon. «Wer auf einen Kurs wartet, ist meist schon zu spät – zumindest für Kunden, welche die neusten Skills benötigen.»
Das sehr gesuchte «T-Profil», das also Bewerber auszeichnet, die über ein breites Allgemeinwissen in ihrem Fachbereich verfügen und ein vertikales Standbein mit Spezialwissen in einem spezifischen Gebiet mitbringen, greife zu kurz. «Einem jungen Informatiker muss bewusst sein, dass sein spezialisiertes Wissen vor Ende seiner Karriere irrelevant sein wird.»
“Wer auf einen Kurs wartet, ist meist schon zu spät„
Roman Hugelshofer, Ergon Informatik
Technologien und die zugehörigen Standbeine würden verschwinden, neue hinzukommen. Erhalten bleibe die «gesammelte Weisheit» im technischen Allgemeinwissen. «Diese wiederum hilft, sich in neue Fähigkeitsbereiche schnell einzuarbeiten, und das ist für uns als Arbeitgeber langfristig wertvoller als detaillierte Kenntnisse mit kurzem Ablaufdatum.»

Beteiligung an Erfolg – aber auch am Risiko

Bei Ergon ist eine ganze Reihe von Spezialisten besonders gefragt: Requirements Engineering, Quality Assurance, technische Projektleitung, Sicherheitsarchitektur, Data Science, IoT, AR, UX und Cloud. Um für neue Talente attraktiv zu sein, setzt das Unternehmen darauf, die Mitarbeitenden am Geschäftsgang zu beteiligen: «Gemeinsame Erfolge wollen wir würdigen und entlöhnen. Gleichzeitig beteiligen wir uns alle auch am Risiko», sagt Hugelshofer.
Die viel erwähnte Firmenkultur müsse zudem authentisch sein, meint Hugelshofer weiter und: «Ungereimtheiten zwischen angepriesener und der tatsächlich gelebten Kultur werden schnell aufgedeckt und können zu einer hohen Fluktuation sowie einem Imageschaden führen.» Auch Ergon investiert in seine Mitarbeitenden, sei es in Weiterbildungen, Firmen-Weekends, die ideale Büroausstattung oder einfach in frische Früchte und Snacks zur schnellen Verpflegung zwischendurch.

Permanente Weiterbildung gefordert

Dass die Angestellten den nächsten Trend nicht verpassen, ist auch das Ziel beim Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen Zühlke. «Wir erwarten von allen, dass sie sich konstant weiterbilden und nicht Gefahr laufen, den Anschluss zu verlieren», sagt Annina Scheidegger, HR-Business-Partner bei Zühlke.
Dazu unterhält das Unternehmen eine eigene Akademie, deren Kurse auch Externen offenstehen. Jeder Mitarbeiter wird in Absprache mit dem Vorgesetzten individuell gefördert. Bewerber müssen tief gehendes Know-how vorweisen, gut zur Unternehmenskultur passen sowie hungrig und bereit sein für lebenslanges Lernen. Kommunikationsfähigkeiten werden mündlich, schriftlich und visuell erwartet.
“Wir erwarten von allen, dass sie sich konstant weiterbilden„
Annina Scheidegger, Zühlke
Dafür lockt Zühlke mit innovativen und herausfordernden Projekten, in denen es stets Neues zu lernen gibt. Zusätzlich zu verbreiteten Anreizen wie flexiblen Arbeitszeiten bietet das Unternehmen auch Optionen wie unbezahlten Urlaub.
Neben klassischen Stelleninseraten und Präsenz an Konferenzen wirbt Zühlke vor allem mit selbst organisierten Kursen und Netzwerktreffen für sich und bindet so die eigene Belegschaft mit ein: «Unsere Mitarbeitenden haben zumeist die besten Kontakte und wissen, wer aus ihrem Netzwerk zu Zühlke passt», sagt Scheidegger.

Ältere Arbeitsuchende werden ausgeschlossen

Auffallend viele Unternehmen lassen durchblicken, dass sie vor allem höher qualifizierte Fachkräfte suchen. Diesen Trend bestätigt auch der Verband ICT Berufsbildung Schweiz. Der Verband erinnert daran, dass es umso wichtiger ist, dass Firmen neue ICT-Lehrstellen schaffen, um den Bedarf zu decken. «Rund 80 Prozent der höheren Abschlüsse bauen auf Lehrstellen auf», sagt Geschäftsführer Serge Frech.
Das hätten viele Unternehmen bereits erkannt, doch brauche es noch von vielen weiteren Organisationen ein Engagement, um den künftigen Bedarf an Fachkräften auch nur annähernd zu decken.
“Es gibt die unterschwellige Befürchtung, dass es eine ältere Person nicht mehr schafft, mit neuen Technologien umzugehen„
Christian Hunziker, swissICT
Ein weiterer Ansatzpunkt könnte die Integration älterer Fachkräfte sein. Insgesamt fehlen in der Branche rund 40'000 Fachkräfte. «Das betrifft nicht nur den Entwickler, sondern das ganze Spektrum», weiss Christian Hunziker, Geschäftsführer von SwissICT. «Eben war ich bei einem Unternehmen zu Besuch, das die Ressourcen nach Bedarf herumschiebt und etwa Supporter ins Consulting schickt, um den Alltag zu bewältigen.»
Und das, obwohl der Branche gleichzeitig in der Generation 50+ zahlreiche Spezialisten verloren gehen – ein Widerspruch. «Wir haben mit zahlreichen Führungskräften, Personalverantwortlichen und Betroffenen geredet, um herauszufinden, wieso viele ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Branche den Anschluss an den Arbeitsmarkt verlieren», sagt Hunziker. Werden vielleicht ältere Jahrgänge im Auswahlverfahren aussortiert?

ICT-Verband will gegenlenken

Die Erkenntnisse des Branchenverbands sprechen dagegen. «Es gibt die unterschwellige Befürchtung, dass es eine ältere Person nicht mehr schafft, mit neuen Technologien umzugehen.» Doch entscheidend sei, dass sich viele Arbeitgeber schlicht nicht getrauen würden, ältere Arbeitnehmer einzustellen. Aus Angst, sie wieder entlassen zu müssen, sollte es nicht funktionieren. Weil sie dann wieder ein wenig älter sind als zuvor und es womöglich noch einmal etwas schwieriger hätten.
So scheiden viele aus dem Arbeitsmarkt aus, weil es dieser vermeintlich gut meint mit ihnen. Das die Erkenntnis von SwissICT. Dass bereits Arbeitnehmer ab 45 Jahren ein erhöhtes Risiko haben, aus dem Arbeitsmarkt herauszufallen, ist umso problematischer, als dass mögliche Quereinsteiger abgeschreckt werden und sich der Fachkräftemangel so zusätzlich verstärkt. Der Verband will der Problematik schon bald mit einem neuen Projekt entgegenwirken, das noch in der Entwicklung ist.



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