01.03.2007, 08:52 Uhr

Die Storage-Investitionen im Griff haben

Der Speicherbedarf der ETH-Zürich explodiert. Die Systemdienste der Hochschule standen vor der Aufgabe, den Kern ihres Speichernetzes zu ersetzen, und zwar ohne Betriebsunterbruch.
Jürgen Winkelmann, Leiter der Systemdienste an der ETH-Zürich, erneuerte ohne Unterbruch im laufenden Betrieb die Speicher-landschaft. Heute stehen 300 TByte Speicherplatz zur Verfügung. Genug für die nächsten vier Jahre.
Die Erleichterung ist Jürgen Winkelmann anzusehen. Endlich hat der Chef der Systemdienste der ETH Zürich die letzten Sorgen um das erneuerte Speichernetzwerk der Zürcher Hochschule abstreifen können
Das starke Datenwachstum an der Hochschule hatte Winkelmann gezwungen, die bestehenden Speicherkapazitäten erheblich auszubauen. Ein Mammutprojekt, das erst im vergangenen Dezember, nach Monaten intensiver Arbeit und mit reichlich Verzögerung weitgehend abgeschlossen werden konnte. Heute verfügt die ETH über 300 TByte zen-tra-le Storagekapazität. Genug zumindest für die nächsten vier Jahre, dem Planungshorizont der Systemdienste, wie Winkelmann erklärt.
Doch die Umsetzung des Speicherausbaus war anstrengend und hat Winkelmann viel Geduld abgefordert. So mussten zunächst die Budgetverantwortlichen der ETH davon überzeugt werden, dass, um das Speichervolumen zu erweitern, der Kern des bestehenden Speichernetzes auf eine neue Basis gestellt werden muss. «Das war allerdings noch der leichteste Teil der ganzen Übung», erklärt Winkelmann, für den mit der Freigabe der benötigten Mittel die eigentliche Arbeit erst begann. Denn parallel zur praktischen Umsetzung der neuen Basis des Speichernetzes hatte seine Abteilung den laufenden Betrieb der zentralen Server und Hochleistungsrechner genauso zu garantieren wie den unterbruchsfreien Betrieb des bestehenden Storage-Netzes.

Umstellung ohne Unterbruch

Erst im Dezember 2006 war die Daten-Migration abgeschlossen - mit immerhin acht Monaten Verspätung. Eine Tatsache, die laut Winkelmann allerdings weniger gegen das Projekt als vielmehr für die vergleichsweise hohen Anforderungen des Projektes spricht.
«Unsere oberste Maxime lautete: Der Betrieb muss transparent weiterlaufen - ohne Unterbruch und ohne Datenverluste. Das konnte vollumfänglich eingehalten werden, und die Benutzer haben von der Umstellung praktisch nichts wahrgenommen», gibt Winkelmann stolz zu Protokoll. Die hohen Anforderungen ergaben sich aus der Priorität, die dem Speichernetzwerk bei der ETH -Zürich zukommt. «Wenn die Speicher nicht funktionieren», erläutert der Chef der Systemdienste, «gibt es an der ETH kein E-Mail, kein SAP, keine Studentenadministration, ja, es können nicht einmal Prüfungen abgehalten werden».

Die Grundlagen

Das erste Speichernetzwerk der ETH diente ab 1999 noch vor allem internen Zwecken der IT-Dienste. Es wurde seit 2000 für weitere Dienstleistungen ausgebaut und redundant ausgelegt. Als Netzwerkbasis dienten damals zwei SAN-Directors (Storage Area Network) der EMC-Serie Connectrix ED64. Für das NAS (Network Attached Storage) wurden zwei NAS-Server von IBM und eine Celerra CNS14, ebenfalls von EMC, eingesetzt. Für die Datenspeicherung kamen ein Disk-Array von Hewlett-Packard (HP) und zuerst eine, am Ende drei Clariions des Typs CX-500, CX-600 und CX-700 von EMC zum Einsatz.
Laut Winkelmann ist aber immer am Ziel festgehalten worden, auch den NAS-Speicherbedarf aus dem SAN heraus mit Appliances ohne eigenes Disk-Backend abzudecken: «Schon 2003 installierten wir deshalb eine Celerra CNS14 von EMC, die für die Speicherung der NAS-Daten auf die bestehende Clariion-Infrastruktur zugreifen kann».

Die Datenexplosion

Seither ist der Speicherbedarf sowohl bei den direkt mit dem SAN verbundenen physischen und virtuellen Servern, als auch beim NAS enorm gestiegen. Reichten 2003 noch knapp 20 TByte, waren auf den installierten Disk-Arrays Ende 2005 bereits 120 TByte belegt. Winkelmann erklärt das rasante Wachstum damit, dass es hier um die Frage des Datenwachstums im zentralen Bereich gegangen sei - nicht um das ETH-weite Anwachsen an Daten.
«Wenn dezentrale Speicher-inseln durch Nutzung des -zentralen Speichers abgelöst werden, entsteht eine Überlagerung des normalen Mengenwachstums durch die Speichernachfrage dieser Ablösungen. Dies führt zu einem stärkeren Wachstum im zentralen Bereich», erklärt Winkelmann. -Allerdings rechnet er auch künftig mit einer Verdoppelung des Speicherbedarfs alle 14 bis 18 Monate. «Wenn wir weiter mit Midrange-Geräten arbeiten würden», so Winkelmann, «stünden in vier bis fünf Jahren nicht mehr drei, sondern zehn Clariion-Einheiten in unserem Rechenzentrum». Und dann hätte man auch all jene Prob-leme, die mit entsprechend vielen lokalen Storage-Inseln bestünden. «Nur mit einer Konsolidierung lässt sich der Verwaltungsaufwand langfristig im Zaum halten», erklärt der ETH-Mann seine Entscheidung für den grundlegenden Wechsel der Storage-Basis.

Die Entscheidung

Mit einem attraktiven Angebot habe EMC der ETH die Entscheidung leicht gemacht, das SAN auf eine komplett neue Basis zu stellen, sagt Winkelmann. Dazu wurde Anfang 2006 eine Symmetrix DMX3 installiert. Das neue Herz des Speichernetzwerks bilden seitdem drei Directors vom Typ Connectrix ED-10000M. Dazu kommt ein skalierbarer IP-Storage-Gateway der Celerra-NSX-Reihe. Mit diesem Ausbau der Symmetrix seien nun die rund 300 TByte Speicherplatz verfügbar.
«Unser Planungszyklus bei der Beschaffung von IT-In-frastruktur liegt bei drei bis
fünf Jahren», fügt er an. In diesem Sinne wäre also ohnehin bald ein neuer Zyklus «fällig» gewesen.

Der Planungshorizont

Nur mit Blick auf die Infrastruktur der 2003 beschafften Basis hätten die Systemdienste noch die nächsten zwei oder drei Jahre arbeiten können. «Allerdings mit einem höheren administrativen Aufwand», wie Winkelmann anfügt. «Da wir sicherstellen konnten, mit der neuen Umgebung keine höheren Kosten zu erzeugen, als mit der alten, war es zweckmässig, den Wechsel zu diesem frühen Zeitpunkt durchzuführen», stellt er denn auch klar. Für die nun installierten DMX3 plant Winkelmann mit einer Perspektive von mindestens vier Jahren: «Die Maschine ist derzeit erst zu zwei Dritteln mit Disks gefüllt. Das heisst, wir gehen davon aus, bei Bedarf die Kapazität durch weitere Diskeinschübe auszubauen und damit jedenfalls während mindestens vier Jahren mit dieser Plattform auskommen zu können».

Die Kostenfrage

«Über vier Jahre gerechnet, sind die Kosten für die neue Installation praktisch gleich hoch wie für einen schrittweisen Ausbau der bisherigen Infrastruktur auf die gleiche Kapazität», präzisiert Winkelmann seine Argumente: «Wir konnten die Budgetverantwortlichen deshalb rasch von der Lösung überzeugen - trotz der höheren Anfangs-Investition». Denn die Alternativen waren unmissverständlich: Entweder die bestehende Midrange-Infrastruktur weiter rasant ausbauen oder auf eine komplett neue Lösung umsteigen.

Die Umsetzung

Die Migration der bestehenden Daten auf die neue Storage-Plattform sollte zwar bereits im April 2006 abgeschlossen sein. Doch insbesondere die grosse Komplexität des Projekts führte zu der mehrmonatigen Verzögerung, erklärt Winkelmann.
Denn während sich die NAS-Seite problemlos umstellen liess, habe die Migration der zahlreichen völlig unterschiedlichen Server im SAN diverse Knacknüsse geboten. «Konkret waren das immer Probleme im Bereich der Kompatibilität der involvierten Komponenten», erläutert Winkelmann: «Insbesondere musste in der Übergangsphase das alte und das neue SAN gleichzeitig funktionieren, was dazu führte, dass nur ganz bestimmte Kombinationen von Firmware, Treibern, OS und Patch-Levels miteinander verträglich waren».
Beispielsweise hätten die Exchange-Server-Cluster immer wieder die Konnektivität zu den LUN (Logical Unit Number) des neuen SAN verloren, solange noch die LUN des alten SAN im Zugriff waren. «Aber genau während der Migration wird ja der Zugriff auf beides benötigt», weiss Winkelmann. In solchen Fällen seien umfangreiche technische Abklärungen erforderlich gewesen, bis ein gangbarer Weg gefunden war.
Dass dies in jedem Fall gelungen ist, war keineswegs selbstverständlich.
Speicheraufgaben

ETH-Systemdienste

Die ETH-Systemdienste verantworten im Storage-Bereich das SAN- (Storage Area Network) und NAS-Angebot (Network Attached Storage) mit der zugrundeliegenden Speicherplattform. Dabei kann jedes ETH-Institut seine Storage-Bedürfnisse selbst abdecken oder den Speicherplatz bei den Systemdiensten einkaufen. Offeriert wird der Speicherplatz in den drei Varianten als NAS, SAN oder über virtuelle Server. Das erste TByte kostet die Institute 6000 Franken pro Jahr, das zweite und dritte TByte je 5000 Franken jährlich und ab dem vierten TByte kostet jedes weitere TByte 4000 Franken im Jahr.
Volker Richert



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