09.10.2006, 10:10 Uhr

RAM-Geschwindigkeit für die Datenbank

Festplatten aus Arbeitsspeicher-Bausteinen sind 250 mal schneller als jedes magnetische System. Richtig eingesetzt, können mit ihnen die SAN- und Datenbank-Kosten erheblich gesenkt werden.
«Oracle-Datenbanken lassen sich mit SSD um bis zu einem Faktor 300 beschleunigen», so Donald Burleson von Burleson Consulting.
Eugene Vogt ist Senior Systems Software Architect und Senior Account Manager bei Swiss Memory Systems. www.swissmemorysystems.com
Vor einigen Wochen kündigte Samsung eine 32-GByte-Festplatte aus Nand-Flash-Speichern an. Sie soll künftig die heutigen, magnetischen Festplatten aus den Notebooks verdrängen. Zwar ist heute der Gigabyte-Preis von Flash-Speichern im Verhältnis zu den drehenden Magnetplatten noch noch. Dies machen aber die wesentlich kürzeren Zugriffszeiten und der geringere Stromverbrauch wieder wett. Davon ist der koreanische Hardwarehersteller überzeugt.
Was in Zukunft unsere Notebooks beschleunigen soll, wird im High-Perform-ance-Umfeld schon länger genutzt: Mikrochip-basierte Festplatten wurden ursprünglich für das US-Militär entwickelt und sind heute für High-Performance-Applikationen vor allem in den USA und Asien im grösseren Stil im Einsatz. In der Schweiz sind die superschnellen Speicher bisher aber noch wenig bekannt. Dies obwohl sie, nicht nur was die Leistung anbelangt, einige Vorteile bieten. Denn richtig eingesetzt lassen sich mit den so genannten Solid State Disks (SSD) auch erhebliche Kosteneinsparungen erzielen. Konkret eignen sich die SSD vor allem für Systeme mit hohem Datendurchsatz und für solche mit konkurrierendem Zugriff (random read/write) von vielen gleichzeitigen Nutzern, wie sie beispielsweise im Finanzbereich oder bei Webshops und Suchmaschinen im Einsatz sind.

Schnell und ausfallsicher

Im Gegensatz zu den Nand-Notebookvarianten von Samsung basieren die Solid State Disks (SSD) für den Business-Einsatz aber nicht auf Flashspeicher-Bausteinen sondern auf den aus der PC-Welt als Arbeitsspeicher bekannten RAM-Chips (Random Access Memory). RAM-basierte SSD bieten im Vergleich mit den Flash-Varianten eine noch einmal um einen Faktor 100 höhere Schreibgeschwindigkeit. Gelesen werden die Arbeitsspeicher sieben mal schneller als Flash-Elemente. Im Vergleich mit magnetischen Festplatten beträgt der Geschwindigkeitsvorteil der SSD bei Lese- und Schreiboperationen mindestens einen Faktor 250. Ein Unterschied der sich in einer ähnlich dramatisch besseren Gesamtsystemperformance äussert. Auf den ersten Blick verwundert der Einsatz von RAM-Bausteinen für die dauerhafte Datenspeicherung, denn diese sind im Gegensatz zu Flashspeichern flüchtig, das heisst sie können die Information nur so lange speichern, wie sie mit Strom versorgt sind. In den heute erhältlichen Appliances sorgen meist unabhängige Stromversorgungen, Akkus sowie Festplatten für ein Notfall-Backup dafür, dass aus den RAM-Bausteinen Enterprise-fähige, ausfallsichere Speicher werden.
Dafür, dass diese Systeme auch höchsten Sicherheitsanforderungen genügen, bürgt auch ihre Geschichte. Denn SSD sind an sich keine neue Technology. Texas Memory Systems beispielsweise entwickelt schon seit 1978 SSD-Produkte. Ursprünglich wurden sie für die US-Militärindustrie designt, die schon damals für ihre Forschungsprogramme extrem hohe Leistungen benötigte, und das Militär ist heute noch einer der Hauptanwender. Zwischenzeitlich waren die Chipfestplatten aber auch schon einmal im Business-Umfeld populär. Sie kamen früher häufig in Mainframe-Umgebungen zum Einsatz. In den letzten Jahren hat sich ihr Haupteinsatzgebiet aber vom Mainframe weg in die offene Systemwelt verlagert. Von den Servern werden die SSD dabei wie ganz normale Festplatten wahrgenommen und behandelt, die mit allen gängigen Systemen und Softwareplattformen kompatibel sind.

Flotte Datenbanken

In offenen Umgebungen können die SSD ihre Leistungsfähigkeit neben SAN-Umgebungen (Storage Area Networks) vor allem im Datenbankbereich ausspielen. «Oracle-Datenbanken lassen sich mit SSD um bis zu einem Faktor 300 beschleunigen», wie der Oracle-Consultant Donald Burleson von der Burleson Consulting Group aus eigener Erfahrung weiss. Eine Aussage, die auch vom europäischen Speicher-Verantwortlichen des Marktforschungsunternehmens IDC, Claus Egge, gestützt wird.
Datenbankbeschleunigungen durch SSD können vor allem in zwei Situationen erzielt werden. Im einen Fall greifen viele Anwender gleichzeitig auf nicht vorher bestimmbare Teile einer Datenbank zu. Dies führt in traditionellen Architekturen häufig zu langen Wartezeiten. Gerade bei E-Shops kann dies den Abbruch der Transaktion und damit den Verlust des Kunden bedeuten. Die wesentlich kürzere mittlere Zugriffszeit der SSD von nur 20 Mikrosekunden verhindert solche geschäftsschädigenden Warteschlangen. Magnetische Festplatten haben demgegenüber mittlere Zugriffszeiten im Millisekundenbereich.
Im anderen Fall wird die Beschleunigung erreicht, indem die häufig genutzten Bereiche der Datenbank auf einer SSD gehalten werden. Diese kann bis 3,2 Millionen I/Os (Input/Output) pro Sekunde bewältigen. Aktuelle magnetische Festplattensysteme (Raid) erreichen zwar theoretisch ähnliche I/O-Werte. Diese Werte werden jedoch in der Realität wegen der hohen Latenzzeiten von bis zu 10 Millisekunden, die durch die mechanische Positionierung des Schreib-/Lesekopfs entstehen, nicht annähernd erreicht. In realen Datenbank-Anwendungen werden Raid-Systeme zudem häufig durch Indizes-Aktualisierungen, temporäre Tablespaces, viele zufällige Anfragen an eine Tabelle, Rollbackdaten und bei Oracle vor allem auch durch Redo Logs ausgebremst. Ganz allgemein lässt sich die Datenbankleistung erheblich erhöhen, indem die Metadaten auf eine SSD verschoben werden.

Viele Einsatzfelder

In der Anwendungspraxis werden die SSD heute aus diesen Gründen im Business-Umfeld beispielsweise eingesetzt, um die Leistungsfähigkeit von ERP- (Enterprise Resource Planning) und CRM-Systemen (Customer Relationship Managment) zu erhöhen. Inbesondere von diesen genutzte OLAP-Applikationen (Online Analytical Processing) können von SSD stark profitieren. Aber auch hoch belastete OLTP-System (Online Transaction Processing) im Banking- und E-Business-Bereich oder geschäftskritische Anwendungen, die auf sehr schnelle Antwortzeiten angewiesen sind, wie Börsenapplikaktionen, Kreditkarten-Einkäufe aber auch die SMS-Dienste der Mobilfunker gehören zu den Einsatzgebieten. Ebenso wie Anwendungen, bei denen sehr hohe Abfragespitzen zu Warteschlangen und damit zu Anwenderunzufriedenheit führen.

Turbo für SAN

Das zweite Haupteinsatzgebiet der SSD ist neben der Datenbankbeschleunigung die Leistungssteigerung von SAN. Dabei haben sie sich in den meisten Fällen als die klar kostengünstigste der vier heute möglichen Alternativen zur Steigerung der I/O-Leistung erwiesen. Die SSD werden in diesem Fall als SAN-Cache eingesetzt, in dem beispielsweise die Metadaten des Speichernetzwerks gehalten werden, damit auf diese zugegriffen werden kann und sie gleichzeitig automatisiert verwaltet werden können, ohne das System zu überlasten. Vor allem bei verteilten SAN können sie so ihre grundsätzlichen Geschwindigkeitsvorteile ausspielen. Andere Methoden, um vergleichbare Performance-Steigerungen zu erreichen, sind wesentlich teurer. Vergleichsrechnungen zeigen, dass die alternativ möglich eine Erhöhung des Arbeitsspeichers der Server, oder des internen Cache der Speichersysteme über die Lebenszeit der Geräte gerechnet rund dreimal mehr kosten, als der Einsatz einer SSD. Auch eine Erhöhung der Anzahl der Festplattenspindeln im SAN kommt meist teurer zu stehen.
Der Einsatz im SAN kann neben der kostengünstigen I/O-Leistungssteigerung zudem einen zweiten Flaschenhals zum Verschwinden bringen: Zu lange Backup-Zeiten. Dem San Diego Supercomputing Center gelang es zum Beispiel, durch den Einsatz von SSD die Backup-Zeit seiner File-System-Metadaten von 21 Stunden auf gerade noch 30 Minuten zu senken.
Die vergleichsweise geringeren Kosten zeigen auch, dass die verbreitete Meinung, wonach SSD teuer seien, nicht zutrifft. Richtig eingesetzt, können sie nicht nur sonst nicht mögliche Leistungen erbringen, sondern auch erheblich Hardwarekosten sparen. Und auch die Implementationskosten sind vergleichsweise äusserst gering. SSD-Systeme sind praktisch Plug-and-Play-fähig. Dazu kommt, dass die Datenbank-Lizenzkosten meist über die CPU-Anzahl berechnet werden. Der Einsatz von SSD anstelle einer Erhöhung der Serverleistung führt darum zusätzlich zu einer erheblichen Senkung der Softwarekosten.
Eugene Vogt



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