27.10.2005, 20:00 Uhr

Einfacher Datenhalter

Die achte Ausgabe der Datenbanksoftware Filemaker bietet Neuerungen vor allem für Entwickler. Am Konzept der Einfachheit wurde aber nicht gerüttelt.
Seit vielen Jahren mischt die Apple-Tochterfirma Filemaker mit ihrer gleichnamigen Software im Geschäft für Desktop-Datenbanken mit. Bereits mit Version 3 erschien Filemaker auch für Windows. Und die Server-Variante macht Datenbankanwendungen auch Arbeitsgruppen mit mehreren Dutzend Personen sowie übers Web zugänglich. Damit unterscheidet sich Filemaker von Access, der Konkurrenz aus dem Hause Microsoft.
In den Grundzügen ist Filemaker seinen Wurzeln treu geblieben. Die grundlegende Bedienung hat sich seit den ersten Versionen nicht geändert. Über ein Dialogfenster werden Felder definiert und anschliessend in einem Layout-Modus zu einer Eingabemaske oder einem Druckformular angeordnet. Für den Aufbau einer simplen Datenbank sind keinerlei Kenntnisse einer Programmier- oder Abfragesprache à la SQL (Structured Query Language) erforderlich. Das vereinfacht den Einsatz von Filemaker für Office-Anwender, dem hauptsächlichen Zielpublikum. Diese Philosophie ist die Stärke dieser Datenbank, aber gleichzeitig auch ihre Schwäche. Denn die einfache Bedienung verlockt zum unstrukturierten Design. Gerade Anwendungen, die über Jahre hinweg gewachsen und immer wieder angepasst wurden, lassen sich nur mit grossem Aufwand überarbeiten oder portieren.

Näher ans Office

An den Grundfesten hat Filemaker bei der achten Ausgabe ihrer Datenbank nicht gerüttelt. Nicht geändert hat sich auch das Dateiformat, das demjenigen des Vorgängers entspricht. Das vereinfacht ein Software-Update, weil sich die Anpassungen in Grenzen halten dürften. Auf der Desktop-Seite ist die aktuelle Version in zwei Varianten erhältlich. Filemaker Pro 8 eignet sich sowohl für die Bedienung als auch für die Erstellung von Datenbankanwendungen. Für weitergehende Projekte bietet sich die Advanced-Version an, die an die Stelle der bisherigen Developer-Fassung tritt. Sie erlaubt es, komplett eigene Menüs zu entwerfen und damit Anwendungen verstärkt aus dem Filemaker-Kleid zu lösen. Die Advanced-Version wird auch benötigt, um selbstlaufende Applikationen zu erzeugen, die sich ohne Filemaker-Lizenz einsetzen lassen. Diese Runtime-Anwendungen sind allerdings nach wie vor nicht netzwerkfähig. Für vernetzte Datenbanken ist auf jedem Arbeitsplatz eine eigene Filemaker-Lizenz nötig.

Beziehungspflege

Die jüngste Ausgabe bietet nützliche Verbesserungen für die Zusammenarbeit mit anderen Office-Anwendungen. Filemaker 8 kann Datensätze direkt als PDF-Datei speichern oder im Excel-Dateiformat exportieren. Die Feldnamen werden dabei als Überschriften eingesetzt. Und die neue E-Mail-Funktion eignet sich für Mailings direkt aus der Datenbank heraus. Für den Versand greift Filemaker auf die auf dem Rechner installierte E-Mail-Anwendung zurück, die Datenbank kann nicht direkt mit einem SMTP-Server (Simple Mail Transfer Protocol) kommunizieren. Die E-Mail-Funktion unterstützt auf der Windows-Seite nicht nur Outlook und Outlook Express. Im Test liess sich Post problemlos auch mit Thunderbird verschicken. Unter Mac OS X - vorausgesetzt wird mindestens Version 10.3.9 - arbeitet die Datenbank ebenfalls mit allen gängigen Mailanwendungen zusammen.
Der umgekehrte Weg, der Import von Daten, erfuhr ebenfalls eine Vereinfachung. Bei Vorlagen in Tabellenform legt Filemaker wahlweise gleich eine neue Datenbank-Tabelle an. Bisher musste diese Aufgabe in Handarbeit erledigt werden. Allerdings erzeugt der automatische Weg ausschliesslich Textfelder. Die Anpassung auf die effektiven Inhalte muss gegebenenfalls nachträglich manuell vorgenommen werden.

Design à la Filemaker

Das Erstellen von neuen Tabellen oder ganzer Datenbankanwendungen geht in Filemaker leicht von der Hand. Beim Definieren der Felder stehen die wichtigsten Typen zur Wahl. Allerdings nimmt die Software bei Text- und Zahlenfeldern keine weitere Differenzierung nach der Länge vor.
Zugelegt hat die relationale Datenbank-umgebung bei den Werkzeugen zur Verknüpfung von Feldern. Ähnlich wie in Micro-soft Access zeigt ein Fenster die verschiedenen Tabellen an. Beziehungen zwischen zwei Feldern lassen sich bequem mit der Maus erstellen. Formatierungsfunktionen helfen, die Darstellung der Tabellen und Beziehungen übersichtlich zu halten. Das gesamte Schema lässt sich zudem ausdrucken. Beim bislang eher umständlichen Definieren von Beziehungen hat die Herstellerin erheblich nachgebessert.
Einige Komfortverbesserungen, aber keine grundlegenden Neuerungen erfuhr dagegen die Layout-Komponente. Sie dient dazu, die Felder zu Eingabemasken, Listen oder Druckformularen zusammenzuschustern. Praktisch ist die Möglichkeit, mehrere Layouts mit Reitern zu verbinden, ohne hierfür ein Skript zu schreiben. Sowieso sind die Programmiermöglichkeiten in Filemaker selber beschränkt. Der Script-Maker, quasi die Entwicklungsumgebung innerhalb der Software, bietet zwar Zugriff auf gängige Funktionen sowie Befehle für Bedingungen und Schleifen. Und in Version 8 versteht sich Filemaker mit lokalen wie globalen Variablen. Aber Skripte dienen nach wie vor eher der Automatisierung von Abläufen als der Abbildung komplexer Geschäftslogiken. Programmier-Profis dürften hier rasch an die Grenzen des Machbaren stossen. Zudem ist für die ernsthafte Entwicklung die Advanced-Version empfehlenswert. Sie bietet gegenüber der normalen Ausgabe einen Skript-Debugger und die Möglichkeit, Code in anderen Tabellen wiederzuverwenden.
Zweischneidig ist das Konzept von Filemaker, Daten und Design in einer einzigen Datei zu vereinigen. Diese seit den Anfängen bestehende Eigenheit verbessert zwar die Übersicht über die zu einer Anwendung gehörigen Dateien. Doch für die Weiterentwicklung ist dieses Konzept eher störend und mit Mehraufwand verbunden. Wenn von einer externen Stelle aus beispielsweise Änderungen am Design vorgenommen werden, müssen die Daten anschliessend in die neue Version wieder importiert werden.

Sinnvoll in Massen

Die achte Ausgabe von Filemaker bringt insbesondere im Office-Umfeld einige sinnvolle Neuerungen. Und Datenbank-Designer werden den Komfortgewinn beim Erstellen von Beziehungen und Gestalten von Layouts schätzen. Was bleibt, ist der etwas zwiespältige Eindruck, den Filemaker hinterlässt. Die einfache Bedienung kann zum Stolperstein werden, wenn historisch gewachsene Datenbanken später auf andere Umgebungen migriert werden müssen. Dieses Unterfangen ist oft mit grossem Aufwand verbunden. Für einfache Aufgaben bietet sich Filemaker dagegen als ausgereifte Alternative zu Access an. In gemischten Umgebungen mit Windows-PC und Macs steht Filemaker konkurrenzlos da, wenn keine webbasierte Lösung in Frage kommt. Und für Client-Server-Anwendungen in Arbeitsgruppen stellt die Software unter Umständen auch eine Alternative zu SQL-Datenbanken dar. Es lohnt sich aber immer, sich nicht von der Einfachheit blenden zu lassen und einen gut strukturierten Aufbau zu verfolgen.
Andreas Heer



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