Datenschutzfiasko 20.12.2018, 10:50 Uhr

Facebook bot Tech-Konzernen umfangreichen Zugriff auf Nutzerdaten

Facebook ermöglichte Microsoft, Netflix und Co. den Zugang zu Nutzerdaten. Laut einem Medienbericht konnten Netflix und Spotify auf die privaten Nachrichten von Nutzern zugreifen. Zudem wurde der Konzern vom US-Regierungsbezirk Washington DC verklagt.
(Quelle: shutterstock.com/Ink Drop)
Vor dem US-Kongress hat der Facebook-CEO Mark Zuckerberg den Vorwurf zurückgewiesen, sein Unternehmen habe Nutzerdaten verkauft. Recherchen der «New York Times» zeigen nun, dass es Facebook mit der Freigabe von Daten an Partnerunternehmen auch nicht ganz so streng sah. Laut einem Bericht gewährte der Konzern unter anderem der Microsoft-Suchmaschine Bing Zugang zu den Namen von Facebook-Freunden von Nutzern. Die Streamingdienste Netflix und Spotify bekamen dem Blatt zufolge gar das Recht eingeräumt, private Nachrichten von Usern zu schreiben, zu lesen und zu löschen. Die Streaming-Anbieter erklärten, dies sei ihnen nicht bewusst gewesen. Die «New York Times» beruft sich dabei auf interne Dokumente und Gespräche mit ehemaligen Facebook-Mitarbeitenden.
Facebook reagierte nun auf die neue Vorwürfe und verteidigte den Zugang zu Nutzerdaten für Firmen wie Microsoft, Netflix oder Spotify. Das Online-Netzwerk betonte, die Schnittstellen seien dazu gedacht gewesen, Nutzern den Kontakt zu ihren Facebook-Freunden auf den anderen Plattformen zu ermöglichen. Sie seien auch lediglich nach einer Anmeldung aktiviert worden, hiess es in einem Blogeintrag.
Solche Verknüpfungen von Facebook-Accounts mit anderen Diensten werfen nicht zum ersten Mal Fragen auf. Das Online-Netzwerk sieht darin keine Verletzung der Datenschutz-Vorgaben: Die Nutzer hätten einfach auf der Plattform der Partner-Firma den Zugang zu ihren Facebook-Daten gehabt. Kritiker argumentieren, dass dabei Daten zum Beispiel Informationen von Freunden ohne deren Zustimmung weitergegeben worden seien.

Entsprechende Schnittstellen

Zugleich bestätigte Facebook, dass die entsprechenden Schnittstellen zum Teil noch 2017 verfügbar gewesen seien, obwohl der Datenzugang eigentlich 2014 eingestellt wurde. Das hätte nicht passieren dürfen, räumte der zuständige Manager Konstantinos Papamiltiadis ein. Facebook habe aber keine Hinweise darauf, dass es Datenmissbrauch nach dem Ende des Programms gegeben habe. Das Online-Netzwerk nannte auch die «New York Times» selbst in der Liste der Partner, bei denen es eine Verknüpfung mit Facebook-Daten gab.
Die «New York Times» berichtete zugleich auch, dass Facebook von Partnern wie Amazon, Yahoo oder dem chinesischen Smartphone-Anbieter Huawei Daten wie zum Beispiel Kontaktlisten erhalten habe, die dann unter anderem für Freundschaftsvorschläge genutzt worden seien. Das gehe aus internen Unterlagen hervor, die der Zeitung vorliegen. Noch im vergangenen Jahr hätten unter anderem Sony, Microsoft und Amazon E-Mail-Adressen von Facebook-Nutzern über ihre Freunde abrufen können.

Washington DC verklagt Facebook

Weiterer rechtlicher Ärger droht Facebook auch wegen des Datenskandals um Cambridge Analytica. Der US-Regierungsbezirk Washington DC reichte Klage gegen das Online-Netzwerk ein. Generalstaatsanwalt Karl A. Racine beschuldigt Facebook massiver Schlamperei beim Datenschutz, wodurch die Informationen vieler Nutzer im Wahlkampf 2016 für politische Manipulationen missbraucht worden sein könnten. «Facebook hat es verfehlt, die Privatsphäre seiner User zu schützen und sie darüber getäuscht, wer Zugang zu ihren Daten hatte und wie diese genutzt wurden», erklärte Racine am Mittwoch.
Bei dem Skandal hatte der Entwickler einer Umfrage-App vor mehr als vier Jahren Informationen von Facebook-Nutzern unrechtmässig an die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica weitergereicht, die später unter anderem für das Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump arbeitete. Dabei ging es nicht nur um die Daten der rund 300'000 Umfrage-Teilnehmer, sondern auch um die ihrer Facebook-Freunde. Facebooks Regeln für den Daten-Zugriff von App-Entwicklern liessen diesen breiten Einzug von Informationen von 2007 bis 2014 zu. Als der Fall im März bekannt wurde, stürzte Facebook in eine schwere Krise und brachte das Online-Netzwerk unter verschärfte Aufmerksamkeit von Aufsehern und Politikern. Gründer und Chef Mark Zuckerberg wurde rund zehn Stunden lang im US-Kongress befragt, in Grossbritannien wurde Facebook mit einem Bussgeld von 500'000 Pfund belegt, das das Unternehmen kippen will.
In den USA ist die Lage noch einmal brisanter für Facebook, weil der Konzern sich dort in einer Einigung mit der Aufsichtsbehörde FTC nach Datenschutz-Verstössen verpflichten musste, keine Daten von Nutzern ohne deren Einwilligung zu teilen. Wenn festgestellt wird, dass Facebook gegen diese Auflagen verstossen hat, drohen empfindliche Sanktionen. Generalstaatsanwalt Racine klagt, weil Daten von rund 340'000 Einwohnern von Washington DC von dem Skandal betroffen gewesen seien. Er strebt auch Entschädigungszahlungen und Strafen in nicht genannter Höhe an.



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