27.03.2007, 09:04 Uhr

Den Umstieg auf Voip erfolgreich gemeistert

Am 1. Juni 2007 wird die Migrol eine neue Voip-Telefonanlage mit Call-Center-Funktion in Betrieb nehmen. Wie die für den Zürcher Hauptsitz und fünf Regional-Stellen massgeschneiderte IP-Telefonie-Lösung evaluiert wurde und wie diese derzeit implementiert wird schildert dieser Erfahrungsbericht.
Bernhard Wirz ist Inhaber der Wirz TKS in Steinmaur, die sich auf Telekom-Projekte spezialisiert hat.
Nach wie vor wird über die IP-Telefonie respektive über Voice over IP (Voip) und deren Anwendung sehr viel diskutiert. Doch sehr wenig wird genau erklärt. Dabei braucht es eine gute Erläuterung über die verschiedenen Möglichkeiten und Lösungsvarianten, die Voip bietet. Denn wenn bereits während der Evaluationsphase an alle Aufgaben gedacht wird, welche ein Voip-Projekt mit sich bringt, steht in der Regel einer erfolgreichen Realisierung nichts im Weg.
Die Technik steht und funktioniert zwar heute - doch sie ist für die Übertragung der Sprache relativ neu. Denn diese ist nur noch als eine Applikation unter anderen im Netzwerk verfügbar. Die Sprachübertragung ist somit nicht mehr als ein Puzzle-Stein des gesamten Bildes einer IT-Infrastruktur. Das heisst aber gleichzeitig auch, dass in einem Voip-Projekt eigentlich dann nichts schief gehen kann, wenn alle Beteiligten ihren Puzzle-Stein am richtigen Ort und zur richtigen Zeit ins Bild beziehungsweise ins Projekt einfügen.
Fakt ist zudem, dass viele Firmen, die sich über eine neue Telekommunikationslösung Gedanken machen, mindestens eine IP-Telefonie-Variante prüfen und offerieren lassen. Seit diesem Jahr zeichnet sich diese Trendwende - weg von der herkömmlichen Telefonie hin zur IP-Telefonie - deutlicher ab als in der Vergangenheit.

Migrol: Ein Projekt als Beispiel

Gut 18 Monate lang hat die Wirz TKS die zum Migros-Genossenschafts-Bund gehörende Migrol in technischer Hinsicht bei der Evaluation und seit kurzem auch bei der Realisierung einer neuen Telekommunikationslösung begleitet. Die Verantwortlichen von Migrol standen vor der Aufgabe, eine integrierte Lösung für ihre bisherige Infrastruktur zu finden.
Die Situation: Migrol betreibt im Bereich Direktverkauf «Brenn- und Treibstoffe» am Hauptsitz in Zürich ein Call-Center für die Bestellungen. Die fünf Aussenstellen, Prilly, Courtaman, Basel, St.Gallen und Lugano, sind autonom. Jede verfügt über eine eigene Telefonanlage. In der Regel werden alle Anrufe in der entsprechenden Region entgegengenommen und bearbeitet. Ist das nicht möglich, werden Telefonate als Rufweiterschaltung über das öffentliche Netz an einen anderen Standort umgeleitet.
Ziele und Vorgaben
Die Migrol-Verantwortlichen verfolgten bei der Evaluation einer IP-basierten Telekommunikations-Lösung zwei Hauptziele. Erstens sollte die telefonische Einbindung der Aussenstellen in das Call-Center in Zürich ermöglicht werden. Damit soll ein Gesamtüberblick inklusive der Statistiken über den Telefonverkehr erreicht werden.
Zweitens sollen die Agenten des Zürcher Call-Centers weiterhin die vorhandene Gross-Datenbank, eine ERP-Lösung (Enterprise Resource Planning), über eine CTI-Funktion (Computer Telefonie Integration) vollumfänglich nutzen können. Den Aussenstellen wird diese Zusatzfunktion neu ebenfalls zur Verfügung gestellt.
Überdies gab es zwei weitere Vorgaben für das Voip-Projekt: Einerseits sollen die bestehenden Rufnummern an allen Standorten erhalten bleiben. Andererseits sollen die Regionen unabhängig vom Hauptsitz eigenständig funktionieren können.

Analyse und Evaluation

Die Evaluationsphase wurde, wie üblich, mit einer Ist-Aufnahme gestartet (siehe Grafik Seite 18). Diese ergab folgende Bestandssituation: Am Hauptsitz ist seit 1995 eine Telefonanlage von Nortel, Typ Meridian Opt 11, im Einsatz. Im Jahr 2002 wurde zusätzlich eine Call-Center-Applikation von WBE in Betrieb genommen. Die Aussenstellen verfügen über Ascotel-Telefonanlagen. Alle Standorte hängen am öffentlichen PSTN-Netz (Public Switched Telephone Network) der Swisscom. Die Aussenstellen sind via VPN (Virtual Private Networking) von Cablecom für Datenanwendungen mit dem Hauptsitz in Zürich verbunden. An allen Standorten gibt es eine eigene Infrastruktur für Telefonie und Daten. Die Call-Center-Applikation ist via Schnittstelle an die Telefon-Vermittlungsanlage angeschlossen. Sie ist somit nur für den Zürcher Hauptsitz im Einsatz. Die Gesprächsverbindungen laufen alle über das öffentliche Swisscom-Netz.

Die Evaluation der IP-Lösung

Um zu einer erfolgreichen Umsetzung zu gelangen, wurde die Evaluation in vier Schritten ausgeführt. Am Anfang stand das Pflichtenheft mit den von Migrol gewünschten Lösungen. Dann erfolgte die Ausschreibung an sechs verschiedene System-Lieferanten. Dem schloss sich der Vergleich der jeweiligen Produkte und Lösungen an. Schliesslich kam es zu einer weiteren Offertrunde, welche detaillierte Angaben von nur noch drei Lieferanten umfasste.

Eine Lösung, die alle Vorgaben erfüllt

Zum Zuge kam am Ende eine Avaya-Lösung. Ausschlaggebend dafür war, dass damit die Telefonie- wie auch die Call-Center-Anwendung in einem System und in einer Lösung aufgebaut werden kann. Und selbstverständlich beinhaltet die gewählte Variante auch die Betreuung der neuen Anlage durch den Lieferanten.
Die Darstellung auf Seite 19 zeigt den neu gewählten Aufbau der Telekomunikation am Beispiel der Hauptanlage in Zürich und den einzelnen eigenen Systemen in den Aussenstandorten. Diese behalten auch mit dem neuen System ihre gewünschte Eigenständigkeit einschliesslich der bestehenden Rufnummern. Zudem findet der Telefonverkehr in der Region statt. Die VPN-Datenleitung zwischen dem Hauptsitz und den Regionen ist um ein halbes MBit Bandbreite erhöht worden und dient neu für diverse Bereiche des Informationsaustausches.
Die gewünschte Integration der Regionen ist ebenfalls realisiert. Der Call-Center-Supervisor in Zürich und die jeweiligen Supervisor jeder Region haben nun alle nötigen Informationen wie etwa die Agenten-Zustände «an- oder abgemeldet», «Pause», «Bearbeitungszeit» und so weiter auf ihrem Bildschirm zur Verfügung.

Realistischer Zeitplan als Basis

Durch den Einsatz der IP-basierten Telefonie ist heute an allen sechs Standorten ein paralleler Aufbau der Systeme möglich. Das vereinfacht insbesondere die Installation der neuen Anlagen. Die Personen an den bestehenden Arbeitsplätzen werden dabei in keiner Weise behindert. So lassen sich beispielsweise auch die Call-Center-Applikation aufbauen, programmieren und testen, ohne dass dadurch der laufende Betrieb tangiert oder gar gestört wird. Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass beim ganzen Projekt darauf geachtet wurde, dass die Schulung und Instruktion der betroffenen Mitarbeiter einfach und ohne Zeitdruck möglich sein wird.
Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass beim ganzen Projekt darauf geachtet wurde, dass die Schulung und Instruktion der betroffenen Mitarbeiter einfach und ohne Zeitdruck möglich sein wird. Wie der Zeitplan (siehe Grafik) zeigt, befindet sich das Projekt derzeit mitten in der Umsetzungsphase. Aktuell ist das Call-Center-Design in Bearbeitung. Es wird planmässig Ende März abgeschlossen. Die Anpassungen des Migrol-Firmennetzes sind ebenfalls bereits durchgeführt, auch die Netzwerkanpassungen der Aussenstellen und der Systemaufbau am Hauptsitz ist beendet. Noch in Bearbeitung ist der Aufbau der neuen Systeme in den Regionalstellen.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass der Zeitplan eingehalten werden kann. Sollten nicht völlig unerwartete, aussergewöhnliche Probleme auftreten, kann die Migrol ab 1. Juni ihre Systeme auf die neue, Voip-basierte Plattform umstellen.

Informationen zum Unternehmen

Migrol
Die zum Migros-Genossenschafts-Bund gehörende, schweizweit tätige Migrol beschäftigt derzeit rund 280 Mitarbeiter. Das 1954 gegründete Unternehmen generierte vergangenes Jahr - insbesondere dank guter Heizölkonjunktur - 1,66 Milliarden Franken Umsatz; 13,1 Prozent mehr als im Jahr 2005. In drei Hauptgeschäftszweige gegliedert, betreibt die Migrol 320 Tankstellen in der Schweiz. 130 davon mit eigenen Shops. Zudem verkauft Migrol Brenn- und Treibstoffe wie Heizöl, Benzin, Diesel und Pellets an Privat- und Firmenkunden. Überdies bietet die Migrol ihren Kunden tanktechnische Dienste an. Der Verkauf von Brenn- und Treibstoffen erfolgt über den Hauptsitz in Zürich mit rund 30 Beschäftigten sowie über fünf regionale Verkaufsbüros mit jeweils zwischen drei und zehn Angestellten.
Bernhard Wirz



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