09.06.2006, 09:12 Uhr

Inder unter Druck

Zwar hält der Outsourcing-Boom in Niedriglohnländer an. Indische IT-Dienstleister geraten allerdings unter Druck, will Forrester herausgefunden haben.
Der indische IT-Branchenverband Nasscom (National Association of Software and Service Companies) geht davon aus, dass die Exporte von Software und IT-Dienstleistungen um knapp ein Drittel auf 23,4 Milliarden US-Dollar steigen werden. Die großen IT-Dienstleister wie Accenture oder IBM haben nach dem Auslagerungsboom der letzten Jahre gegenüber den indischen Anbietern aber deutlich aufgeholt. Sie seien dabei, ihre Geschäftsmodelle auf die bessere Nutzung von Offshore-Möglichkeiten auszurichten, sagte Forrester-Analyst Pascal Matzke. "Die Geschäftsmodelle verschmelzen. In vier oder fünf Jahren wird das ein Markt sein." Dann sei mit einer gewaltigen Konsolidierungswelle zu rechnen.
IBM hat seine Belegschaft in Indien auf 42'000 aufgestockt und will in den kommenden drei Jahren sechs Milliarden US-Dollar in Indien investieren. Nur in den USA beschäftigt der Computerkonzern mehr Mitarbeiter. Zum Vergleich: Die indische Infosys hatte im Geschäftsjahr 2005 rund 36'000 Beschäftigte.
Der starke Anstieg der Gehälter in Indien bringt unterdessen die Margen der IT-Dienstleister vor Ort unter Druck. "Während sich die Umsätze der zehn führenden indischen Dienstleister in den letzten fünf Jahren verdoppelt haben, sind die Personalkosten wesentlich schneller gestiegen", sagt Matzke. "Entsprechend steigen auch die Tagessätze der Berater." Ständiger Personalwechsel belaste zudem die Kundenbeziehungen. "Die Loyalität der Mitarbeiter ist oft nicht sehr ausgeprägt", sagte Matzke.
Die überlasteten Strassen, Flughäfen und Stromnetze der IT-Zentren Bangalore, Chennai, Hyderabad und Mumbai stellten ein Hindernis für das künftige Wachstum der Branche dar. "Ohne wesentliche öffentliche Investitionen in die städtische Infrastruktur in allen wichtigen Zentren wird Indien nicht in der Lage sein, das derzeitige Wachstum aufrechtzuerhalten", sagte Matzke.
Zunächst hätten den indischen Anbietern Kostenvorteile als Türöffner gedient. Inzwischen entwickelten sie sich weg von den klassischen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben und der Applikationsentwicklung und in Richtung Unternehmensberatung und Projektmanagement. Ihr Auftreten habe sich enorm gewandelt, und dementsprechend auch die Wahrnehmung beim Kunden. "In ausgewählten Bereichen steht ihr Know-how dem von IBM oder Accenture in nichts nach", sagte Matzke. Die Osteuropäer müssten diese Wissenslücke erst einmal schliessen.
Angesichts der steigenden Lohnkosten müssten indische Anbieter einfachere Tätigkeiten mittlerweile weiter auslagern, etwa nach China, auf die Philippinen, nach Russland oder Vietnam. "Für solche Arbeit wird Indien zu teuer", sagte Matzke.



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