Totalrevision 18.12.2019, 11:36 Uhr

Ständerat ringt um neues Datenschutzgesetz

Im November nahm die Staatspolitische Kommission des Ständerats die Vorlage für ein neues Datenschutzgesetz einstimmig an. Nun berät die kleine Kammer die Totalrevision. In der aktuellen Form droht die Vorlage jedoch zu scheitern.
(Quelle: pd)
Mindestens gleiches Schutzniveau wie heute, kompatibel mit EU-Recht, zudem ein Kompromiss beim sogenannten Profiling: Unter diesen drei Prämissen möchte die ständerätliche Kommission das Datenschutzgesetz modernisieren. Die grosse Kammer hatte in der Herbstsession nach einer Marathondebatte der Totalrevision des Datenschutzgesetzes als Erstrat zugestimmt, mit 98 zu 68 Stimmen bei 27 Enthaltungen – jedoch zähneknirschend. Zuvor hatte der Nationalrat das Gesetz gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf deutlich abgeschwächt.
Für die SP und die Grünen geht das Gesetz in der vorliegenden Form zu wenig weit. Sie drohen bereits mit dem Nein in der Schlussabstimmung, sollten im weiteren Verlauf der Beratungen keine Verbesserungen beschlossen werden. Die SVP wiederum lehnt das Gesetz wegen des Drucks aus der EU ab. Zusammen könnten sie die Vorlage zu Fall bringen.
Vor diesem Hintergrund hat die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK) die Detailberatung zum Datenschutzgesetz durchgeführt. Wegen der sehr deutlichen Mehrheitsverhältnisse lässt sich bereits jetzt sagen, dass der Ständerat die Vorlage gegenüber der nationalrätlichen Fassung in zentralen Punkten wohl stark anpassen wird. Für die SPK stehen nach eigenen Angaben zwei Punkte im Zentrum. Erstens: Schweizer Bürgerinnen sowie Konsumentinnen sollen mindestens den gleichen Schutz ihrer Daten erhalten wie bisher. Und zweitens: Das Schweizer Datenschutzniveau soll mit jenem in der EU vergleichbar sein.

Schärfere Sanktionen

Um eine solche Äquivalenz zu den Regelungen in der EU zu erreichen, hat die ständerätliche Kommission mehrere vom Nationalrat verabschiedete Bestimmungen verschärft. Einstimmig beschloss sie etwa, die Daten über gewerkschaftliche Ansichten oder Tätigkeiten wieder in die Liste der besonders schützenswerten Personendaten aufzunehmen. Ebenfalls ohne Gegenstimme schlägt die SPK ihrem Rat vor, die Ausnahme von der Informationspflicht bei unverhältnismässigem Aufwand aufzuheben, die vom Nationalrat eingeführt worden war.
Oppositionslos sieht die Kommission zudem davon ab, einen abschliessenden Katalog der bei der Ausübung des Auskunftsrechts zu erteilenden Informationen einzuführen. Auch punkto Sanktionen bei Nichteinhaltung des Datenschutzrechts will die SPK weiter gehen als der Nationalrat. Das beschloss sie mit 6 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
Neben dem Druck aus der EU will die SPK auch den innenpolitischen Drohungen von links-grüner Seite angemessen begegnen. Stichwort ist das sogenannte Profiling. Ein solches liegt vor, wenn vollständig automatisiert – insbesondere durch einen Algorithmus – personenbezogene Daten ausgewertet werden, um daraus Lebensumstände, Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen einer Person abzuleiten oder vorherzusagen.
Die SP und die Grünen wollten bereits im Nationalrat eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen für ein Profiling im Gesetz festschreiben, scheiterten mit diesem Vorhaben aber deutlich. Nun schlägt die ständerätliche Kommissionen einen Kompromiss bei dieser Art der Datenbearbeitung vor.

Strengere Regeln für Bonitätsprüfung

Demnach soll der Begriff «Profiling mit hohem Risiko» in das Datenschutzgesetz aufgenommen werden. Was darunter fallen würde, bleibt derzeit offen. Eine Kommissionsminderheit will an der ursprünglichen Version des Bundesrats festhalten, die einen generell erhöhten Schutz beim Profiling vorsieht und auf eine Differenzierung in der Risikodefinition verzichtet. Schliesslich will die SPK im Datenschutzgesetz auch die Rechte jener Personen stärken, die einer Bonitätsprüfung unterzogen werden. Konkret will sie die Bearbeitung von Daten einschränken, die älter als fünf Jahre sind oder Minderjährige betreffen.
Die Schweiz hinkt der Diskussion einige Jahre hinter der EU hinterher. Im nächsten Jahr müssen sich die Räte einigen. Die EU überprüft nämlich bis im Mai 2020, ob der Datenschutz in der Schweiz noch gleichwertig ist mit ihrem eigenen. Das wäre derzeit nicht der Fall. Ändert die Schweiz ihre Bestimmungen nicht, drohen hiesigen Unternehmen grosse Wettbewerbsnachteile, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter zu bedenken gab. Für die Firmen würde ein Austausch von Daten mit Betrieben in der EU schwierig.



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