Schweiz bei künstlicher Intelligenz führend 26.09.2018, 14:01 Uhr

swissICT Symposium: Neues Format feiert Premiere in Basel

Von Luzern nach Basel, September statt November und ohne Award – dieser wird im November in Zürich verliehen. Das diesjährige Symposium des Branchenverbands swissICT wartete mit einigen Neuerungen auf. Eines blieb aber gleich: Die intensive Debatte über die Chancen der digitalen Transformation für Wirtschaft und Gesellschaft.
Exponenten der Schweizer ICT-Branche haben in Basel am 38. swissICT-Symposium über die digitalen Trends diskutiert.
(Quelle: swissICT / FW Communications)
Diese Woche hat sich die Schweizer ICT zum traditionellen ICT-Symposium des Branchenverbands swissICT getroffen. Doch einige Dinge waren anders. Statt wie bisher im November nach Luzern lud der Verband dieses Jahr bereits im September nach Basel. Der SwissICT-Award wird künftig im November verliehen, im Rahmen des Digital Economy Award. Jedoch nicht mehr in Luzern, sondern in Zürich.
Entsprechend fokussiert das Symposium auf die Wissensvermittlung. Dieses Jahr hinterfragte der Verband den Megatrend digitale Transformation unter dem Motto «Digitalisiert was nun?» Hierüber diskutierten im Hotel Hyperion im Messeturm Experten mit Verbandsmitgliedern über aktuelle Treiber der Digitalisierung und deren Folgen für Unternehmen und Mitarbeiter.

Digitalisierung – eine Chance für die Schweiz

Die Veranstaltung eröffnete Geschäftsführer Christian Hunziker am Vorabend im Rahmen eines Gala-Dinners. Hunziker begrüsste die rund 60 Gäste, Speaker und Sponsoren mit einer kurzweiligen Rede. Der Verband habe sich Digitalisierung quasi auf die Fahne geschrieben, erklärte Hunziker. Entsprechend ist das Thema Motto der Konferenz sowie des im November stattfindenden Digital Economy Awards.
«Digitalisierung ist eines der ganz grossen Potenziale, das die Schweiz hat», betonte Hunziker und verwies in diesem Zusammenhang auf eine Studie von Avenir Suisse. Digitalisierung könne dazu beitragen, die Schweiz als Wirtschaftsstandort und die Anerkennung etwa als innovativstes und produktivstes Landes weltweit zu fördern. Hierzu tragen Unternehmen, forschende Hochschulen oder auch Ökosysteme wie das Cryptovalley bei.
 
Wie sich Digitalisierung in traditionellen Bereichen auswirkt, erklärte Hunziker am Beispiel des Weinbaus für den an der Hochschule ZHAW Fachleute ausgebildet werden. Am Standort in Wädenswil, dem Wohnort von Hunziker, forscht die ZHAW inzwischen an der Digitalisierung des Weinbaus. Hierfür würden Experten gesucht und Hunziker warf die Frage auf, ob nun vielleicht bald der E-Wein auf den Markt kommen könnte.

Blockchain für die Billag

Ladina Heimgartner, Directura RTR und stellvertretende Generaldirektorin SRG SSR, zeigte in ihrem Referat die Entwicklung der digitalen Mediennutzung und deren Folgen für das Schweizer Radio und Fernsehen aber auch für die Schweizer Medienlandschaft insgesamt auf.
Quelle: swissICT
Kaum eine Branche wird von der digitalen Transformation so stark durcheinander gewirbelt wie die Medien. Ladina Heimgartner, Directura RTR und stellvertretende Generaldirektorin SRG SSR, zeigte in ihrem Referat die Entwicklung der digitalen Mediennutzung und deren Folgen für das Schweizer Radio und Fernsehen aber auch für die Schweizer Medienlandschaft insgesamt auf.
Wie könnte die SRG im Jahr 2030 aussehen, wollte ein Gast wissen. Ob dann vielleicht die Billag-Gebühren mit Hilfe von Blockchain-Technik abgerechnet werden? Darauf wusste Heimgartner zwar noch keine definitive Antwort sagte aber: «Ich finde die Idee sehr interessant und habe mir in letzter Zeit Gedanken darüber gemacht, inwiefern Blockchain vielleicht das heutige Gebührensystem einmal ablösen könnte», antwortete Heimgartner. Mit dem Blick in den Raum voller IT-Experten forderte sie die Gäste auf, mit ihr darüber zu diskutieren.

TV schafft Gemeinschaftserlebnis

Während heute vier von fünf Personen über 60 Jahre Zeitungen und Magazine lesen, sind dies bei den 15 bis 29-jährigen noch 39 Prozent. Lineares Fernsehen schauen noch 80 Prozent der älteren Zielgruppe und 52 Prozent der jüngeren. Doch obwohl sich Netflix und Co. Steigender Beliebtheit erfreuen, glaubt Heimgartner an das lineare TV. Es gebe Ereignisse, die ein Gemeinschaftsgefühl erzeugten. «Das Ski-Abfahrtrennen am Lauberhorn will man live erleben und nicht hinterher on-Demand anschauen», sagte Heimgartner.
Etwas weniger rasch geht der Wandel des Radios vor sich. Knapp 70 Prozent hören Musik, Nachrichten und Beiträge über das Radio. Der beliebte Streaming-Dienst Spotify halte derzeit einen Höreranteil von 10 Prozent. Für die aktuell boomenden Podcasts interessieren sich in der Schweiz derzeit zwei Prozent. Dennoch könne sich auch beim Radio niemand zurücklehnen.
Die grössten Konkurrenten seien globale Giganten, namentlich Apple, Amazon, Google Facebook, Netflix und Spotify. Aber auch die deutsche ARD und die Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe sowie die britsche BBC zählte Heimgartner zu den Mitbewerbern. Denn auch diese entziehen Schweizer Kunden Werbegelder. Etats, welche die heimischen Sender ebenfalls gut gebrauchen könnten.
Für die SRG bedeuteten die rückläufigen Einnahmen, dass die Organisation effizienter arbeiten müsse, resümierte Heimgartner. Ein Trumpf sei der Fokus auf den heimischen Markt. Etwa durch Schweizer Eigenproduktionen. Es gelte eine Bindung zur Gesellschaft zu stärken und die digitalen Chancen zu nutzen im Sinne des Service Public, sagte Heimgartner abschliessend.

Verbandspräsident fordert Debatte über Besteuerung von digitaler Wertschöpfung

Am Symposiumstag selbst reisten über 100 Fachleute aus der ICT-Branche an die Stadt am Rheinknie, wie der Verband mitteilt. Das Programm war in die drei Teile Gesellschaft, Mensch und Unternehmen gegliedert. In jedem Segment bot swissICT den Besuchern mehrere Referate an. Die Themen reichten von Epigenetik und Burnout im digitalen Zeitalter über digitale Nachhaltigkeit bis hin zum Praxisleitfaden für Industrie-4.0-Projekte.
Vor Medienvertretern betonte Verbandspräsident Thomas Flatt, dass die heimische ICT-Branche gut gerüstet sei. Die Wirtschaft müsse sich aber noch stärker bewusst werden, dass die Digitalisierung heute die Kernstrategie eines Unternehmens massiv beeinflusse, sagte Flatt gemäss Mitteilung.
In einer Diskussion mit Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz und Vorstandsmitglied der FDP Schweiz, dem Facebook- und Marketing-Spezialisten Thomas Hutter sowie dem Pascal Kaufmann vom KI-Start-up Starmind, sei man sich einig gewesen, dass der Fokus für eine erfolgreiche Zukunft auf die Bildung gesetzt werden müsse.
Als Freisinniger sichtete Silberschmidt Handlungsbedarf bei den Steuern und im Arbeitsrecht sowie bei der Raumplanung. Gemäss Thomas Flatt brauche es allerdings kein neues Steuermodell für Start-ups sondern eine «Debatte, wie digitale Wertschöpfung über das bestehende Steuersystem besteuert werden soll», lässt sich der Verbandspräsident zitieren.

Führungsrolle im Bereich künstliche Intelligenz

Für KI-Pionier Pascal Kaufmann stehe die Schweiz europaweit im Bereich der Forschung zur künstlichen Intelligenz an der Spitze. Um den Vorsprung zu halten seien Milliarden nötig. Eine durchaus realistische Grössenordnung.
Zum Vergleich: Der französische Staatschef Emmanuel Macron hatte im Frühling dieses Jahres angekündigt, in den nächsten fünf Jahren 1,5 Milliarden Euro in KI-Projekte zu investieren. China will mit hohen Investments und den zahlreichen heimischen Techunternehmen bis 2030 den globalen Markt für KI dominieren. Nur mit namhaften Investitionen könne die Schweiz aus Sicht Kaufmanns den Anspruch auf eine Führungsrolle längerfristig sichern.

Neue Jobs und Fachkräftemangel

Tätigkeiten, bei denen der Mensch eine wichtige Rolle einnehme, sahen die vier Fachleute auch künftig nicht in Gefahr. Viel mehr laufe es darauf hinaus, dass viele Stellen in den nächsten Jahren nicht besetzt werden können, etwa weil die Babyboomer Generation pensioniert wird.
Hutter zeigte sich überzeugt, dass neue Jobs entstünden. Nach seiner Erfahrung brauche es aber in vielen Schweizer Unternehmen noch viel Überzeugungsarbeit und Investitionen. Es sei immer noch eine grosse Zurückhaltung bei digitalen Themen spürbar.



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