Gründerideen anno 1989 23.12.2019, 09:04 Uhr

Rückblick: Die Jubilare der Schweizer IT

Vor 30 Jahren herrschte Pioniergeist in der Schweizer Informatik. An rund 30 Orten wurden neue IT-Firmen gegründet. Computerworld stellt die Gründer und ihre damaligen Geschäftsideen vor.
Am europäischen Hauptsitz von Hewlett-Packard in Meyrin waren 1984 «vorbildliche» PC-Arbeitsplätze eingerichtet
(Quelle: Hewlett-Packard)
Nur vereinzelt war in der Computerworld vor 30 Jahren von einem Start-up zu lesen, das seine Nische im aufstrebenden Informatikmarkt gefunden hat. Doch es gibt sie, die Gründer in allen Teilen der Schweiz, die vor 30 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit wagten. In der Top-500-Datenbank von Computerworld sind die Gründungsjahre aller Schweizer Informatikfirmen gelistet. Rund 30 Start-ups sind mit Jahrgang 1989 verzeichnet. Zwei sogar mit Jahrgang 1959. Die Geschäftsideen könnten nicht unterschiedlicher sein: Business-Software, Netzwerk, PC-Reinigung, Sicherheit und natürlich Schreibmaschinen sowie Messinstrumente markierten die Anfänge der Schweizer IT-Szene. Computerworld stellt die Geschäftsideen vor.

Eri Bancaire: Banken-Software

Die Gründer von Eri Bancaire, die Familie Assaraf, erachteten den Finanzplatz Schweiz als guten Entwicklungsort und Einstiegsmarkt für eine Banken-Software. Das Unternehmen wurde im Jahr 1989 im Genfer Vorort Carouge gegründet. 2007 zügelte Eri in den benachbarten Vorort Vernier, wo die Firma weiterhin ansässig ist. Ihre Lösung, das «Olympic Banking System», bediente von Anfang an internationale Privatbanken, Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften. Mit Kundennähe als Unternehmensstrategie unterhält Eri Bancaire mittlerweile Niederlassungen in Genf, London, Lugano, Luxemburg, Paris, Singapur und Zürich. Das Unternehmen beschäftigt über 400 Mitarbeiter und zählt mehr als 300 Banken und Finanzinstitute in über 50 Ländern weltweit zu seinen Kunden.
Den Unternehmenssitz im Genfer Vorort Vernier hat Eri Bancaire 2007 bezogen
Quelle: Eri Bancaire
Als Partner der ersten Stunde kooperiert IBM seit 30 Jahren mit Eri. Die Olympic Banking Software war ursprünglich für den Einsatz auf IBM-Systemen (früher AS/400, heute IBM System i) entwickelt worden. Mittlerweile läuft das Kernbanken-System auch auf marktgängigen Plattformen wie Linux, Unix und Windows. Unterstützt werden daneben Open-Source-Plattformen in den Clouds von IBM oder Microsoft Azure. Weiter bietet Eri heute mit Partnern wie Swisscom und ITpoint Systems verschiedene Betriebsmodelle wie Application Service Providing, Business Process Outsourcing, Platform as a Service oder Software as a Service an.
Mit Technologien wie Blockchain und dem immer grösseren Fokus der Banken auf Digitalisierung musste sich Eri den neuen Anforderungen stellen. So ist der Hersteller heute beispielsweise mit der Bank Frick im Blockchain-Banking unterwegs. Weiter sponsert Eri den grössten Schweizer Fintech-Inkubator F10.

HP: seit 60 Jahren in der Schweiz

Von der Weltausstellung 1958 in Brüssel brachte Bill Hewlett den Plan mit, nach Europa zu expandieren. Im folgenden Jahr kehrte er zusammen mit dem Ingenieur Bill Doolittle und dem Firmenanwalt Nate Finch nach Europa zurück. Ihr Ziel war es, eine europäische Verkaufszentrale zu gründen. Aufgrund der guten rechtlichen Rahmenbedingungen für Firmenansiedlungen in der Schweiz fiel die Wahl auf Genf. Dort wurde im Mai 1959 Hewlett-Packard Schweiz gegründet – die erste Niederlassung ausserhalb der USA.
Europa-Chef Franco Mariotti, Bill Hewlett und Bill Doolittle (von links) am 25-jährigen Jubiläum von HP Schweiz in der Genfer Niederlassung
Quelle: HP Schweiz
Bill Doolittle wurde zum Geschäftsführer ernannt. Eine seiner ersten Aufgaben war es, Büros in Genf zu mieten. Er wählte einen Neubau in der Rue du Vieux-Billard, in dem er und drei Angestellte fortan tätig waren. Aus der im September 1959 eröffneten Fabrik im deutschen Böblingen wurde die Ware bezogen, in Basel gab es ein Lager. HP Schweiz vertrieb zunächst ausschliesslich elektronische Messinstrumente. Nach und nach expandierte das Unternehmen in die Bereiche Medizin, Analytik und elektronische Bauteile. 1966 wurde mit der Herstellung von Computern begonnen, 1972 der erste wissenschaftliche Taschenrechner (HP-35) lanciert. In den 1980ern folgten der Personal Computer und der Tintenstrahldrucker.
Die grossen Übernahmen und Abspaltungen des Gesamtkonzerns waren natürlich auch für HP Schweiz von Bedeutung. Beispielsweise wurde 1999 das frühere Hauptgeschäft mit Mess- und Medizinaltechnik ausgegründet. Die Firma Agilent ist mittlerweile selbständig und heute in Basel ansässig. Durch die Übernahme von Compaq 2002 vergrösserte sich die Belegschaft von HP Schweiz, durch den Kauf von Mercury 2006 nochmals, ein drittes Mal 2008 durch den Erwerb des IT-Dienstleisters EDS. Im Jahr 2015 folgte die Aufspaltung in HP Incorporated sowie Hewlett Packard Enterprise. Am gemeinsamen Firmensitz mittlerweile in Dübendorf hat sich aber bis anhin nichts geändert. Das wird auch so bleiben, zügeln doch beide Unternehmen im Frühjahr 2020 nach Wallisellen in den Glatt Tower.

Info Nova: ERP-Software

Vor 30 Jahren zählte NCR zu einer der grössten Computerfirmen der Welt. In der Schweiz war das Unternehmen mit Applikations-Software sehr erfolgreich. Zum Portfolio zählte die Geschäftsverwaltungslösung «iFAS-02». Der Job von Christine Alpstäg, Markus Guggisberg und René Krämer war bis dahin, NCR-Kunden mit dem ERP zu betreuen. Anfang 1989 entschlossen sie sich, ihre eigene Firma zu gründen. Dafür mieteten sie sich in einem Treuhandbüro in Bassersdorf ein. Zunächst führte das «Software-Haus» Info Nova allgemeine IT-Dienstleistungen bei Kunden aus.
Die heutige Info-Nova-Geschäftsleitung: Denis Kandzic, Fabian Döbeli und René Schalcher (von links)
Quelle: Info Nova
Das ERP blieb vorläufig noch im Besitz von NCR, die schon zwei Jahre später durch AT&T übernommen und 1994 in AT&T Global Information Solutions (GIS) umbenannt wurde. Parallel wurde Info Nova aktiv: Die Weiterentwicklung von IFAS-3000 geschah in Kooperation mit GIS. Einer der drei Gründer, René Krämer, übernahm die Geschäftsführung mit dem Ziel, einen Direktvertrieb aufzubauen. 1996 wurde die iFAS-Abteilung in die eigenständige iFAS Informatik ausgelagert, um sie zwei Jahre später wieder in Info Nova zu integrieren. Dabei gingen auch die Rechte an iFAS-3000 zu Info Nova über. In dieser Zeit waren die Informatiker von Info Nova bereits mit der Neuentwicklung von iFAS V4 auf der Basis einer SQL-Datenbank beschäftigt. Aufgrund befürchteter Inkompatibilitäten zum Millennium-Wechsel standen sie allerdings unter Druck und mussten die Software innert kürzester Zeit zur Marktreife bringen. 1999 wurde der erste Vertrag für iFAS V4 unterzeichnet und die Lösung beim damaligen Kamerahersteller Sinar (heute Femron) eingeführt. Während Info Nova nach dem Jahrtausendwechsel zuerst begann, KV-Lehrlinge und anschliessend auch Informatik-Lehrlinge auszubilden, etablierte sich das iFAS-ERP bei Industriebetrieben und KMU. Das Unternehmen zügelte 2006 an den heutigen Hauptsitz in Volketswil und startete fünf Jahre später die komplette Neuentwicklung von iFAS X5. Für die Software sollte die Biotechnologiefirma Milan Analytica aus Rheinfelden der Pilotkunde werden.
Den geschäftlichen Erfolg münzte Info Nova um in ein Sponsoring-Engagement im Curling. Zwischenzeitlich wurde das Damenteam des Davos Curling Club in «Curling Team Davos iFAS» umbenannt. Der Weltmeistertitel der Schweizer Damenmannschaft 2012 in Kanada fiel auch in diese Zeit. Der Mitgründer René Krämer erlebte diesen Triumph noch, verstarb aber im Jahr darauf. Fabian Döbeli übernahm 2013 die Geschäftsleitung, die er bis heute innehat. Die Firma blieb aber in Familienbesitz. Döbeli zeichnete sich verantwortlich für die Übernahme der ERP-Sparte des Wettbewerbers Copal Logtrain Systems 2016. Und für mittlerweile über 40 Kunden, die mit iFAS X5 arbeiten.

LAN Computer: Netzwerk-Pionier

Während das Wort «Computer» 1989 schon jedermann geläufig war, wussten die meisten mit der Abkürzung «LAN» noch nichts anzufangen. Deshalb entschieden sich Christian Passath und Reto Bertschi, ihre Firma «LAN Computer Systems» zu nennen. Beide waren zuvor Angestellte der Bieler Firma EIM Computer, die sie in der Gründerzeit unterstützte.
Reto Bertschi und Christian Passath (von links) stossen im Hafen von Miami auf LAN Computer Systems an
Quelle: LAN Computer Systems
Während eines privaten Ausflugs nach Miami entwarfen Passath und Bertschi ihr Geschäftsmodell und eröffneten am 1. September 1989 an der Werkstrasse 35 in Lyss ihr eigenes Unternehmen. Die Firma zählte zunächst 3,5 Vollzeitstellen: Passath war der Verkäufer, Bertschi der Techniker, Sandra Bürki die Sekretärin und Ursula Lauper die Teilzeit-Technikerin. Anfangs konzentrierte sich die Firma getreu ihres Namens auf die Konzeption und Installation von Netzwerk-Infrastrukturen. Die Technologie war noch nicht standardisiert, IBMs Token Ring und Ethernet waren die vorherrschenden Alternativen.
Um die Aktivitäten zu kanalisieren, wurde 1993 die Firma LAN Services ausgegründet. Fortan beschäftigte sich LAN Computer mit der Projektberatung und dem Verkauf von Hard- und Software. LAN Services übernahm die Wartungs- und Support-Arbeiten. Die neue Tochterfirma entwickelte sich bis in die 2000er-Jahre zum Full Service Provider, der alle Triple Play Services (Kabel-Internet, Kabel-Telefonie und Digital-TV) abdeckte. Dafür vermarktete LAN Services zusammen mit zehn Kabelnetzfirmen im Espace Mittelland das Produkt QuickLine. 2006 übernahm der Kabelnetzverband Besonet die LAN Services. Neu firmierte das Unternehmen als Finecom Telecommunications und wurde zum zweitgrössten Kabelnetzbetreiber der Schweiz.
Im Zuge der Ausgliederung von LAN Services wurden die Netzwerk-, Service- und Support-Abteilungen wieder in LAN Computer integriert. Die mittlerweile 40-köpfige Belegschaft wandelte sich zu einem Full-Service-Systemintegrator für Netzwerke sowie Hard- und Software. Der Kundenkreis umfasste vorwiegend Unternehmen und Schulen im Espace Mittelland sowie im Berner Jura.
Zuletzt war LAN Computer in den Schlagzeilen, als Mitinhaber Christian Passath 2013 die Aktien des langjährigen Teilhabers Reto Bertschi übernahm. Letzterer ist heute noch Inhaber der Firma Netrics, die er 1999 ebenfalls zusammen mit Passath gegründet hatte.

LC Systems: Geschäft mit Daten

Rolf Niederer gründete LC Systems 1989 mit dem Schwerpunkt auf Enterprise Data Centers. Seine Partner und Lieferanten waren anfänglich Sun Microsystems sowie Veritas. Um die Jahrtausendwende wurde das Portfolio um Managed Services sowie Linux-Themen erweitert und die Standorte Basel sowie Bern eröffnet. Als erster Schweizer Partner nahm LC Systems ab 2003 das Storage-Portfolio von Hitachi ins Programm auf. Im Jahr 2009 vergrösserte das Unternehmen sein Portfolio um Lösungen für Data Analytics, darunter Produkte unter anderem von Splunk, Hitachi Pentaho und Logpoint. Dieses wurde seither ergänzt unter anderem um das Thema Data Security, hier mit Lösungen zum Beispiel von Vectra, Rapid7 und Twistlock.
Im Jahr 2012 expandierte LC Systems nach Deutschland sowie Österreich und gründete eine Niederlassung in München. Von hier aus werden die Kunden in den beiden Nachbarländern bedient. Heute beschäftigt LC Systems über 80 Mitarbeiter in Arbon, Basel sowie Bern und weiterhin in München.

Leuchter: gegründet vor 60 Jahre

Der langjährige Hermes-Verkaufsdirektor André Leuchter gründete 1959 unter seinem Namen eine Firma in Luzern. Die andré leuchter Aktiengesellschaft fungierte als Vertriebs- und Wartungspartner sowohl für Hermes- als auch für Olivetti-Schreibmaschinen. Die Doppelspurigkeit bei den Lieferanten sollte sich später noch für Leuchter als Glücksfall erweisen. Denn Hermes verschlief in den 1960ern die Elektrifizierung der Schreibmaschinen. Olivetti zog hingegen mit. Leuchter setzte auf die Italiener und konnte sich am Markt behaupten.
An der Messe «Micro-Comp 1985» orientierte Daniel Jäggli (links) von Leuchter einen Interessenten über Olivetti-Drucker
Quelle: Leuchter
In dieser Situation trat Daniel Jäggli 1976 bei Leuchter als Lehrling ein. Er führte das Unternehmen 1982 in die moderne Informatik mit dem Olivetti M20 als erstem PC. Und im Jahr darauf mit dem Betriebssystem MS-DOS auf dem Olivetti M24. 1985 übernahm Jäggli im Rahmen eines Management-Buy-outs die Geschäfte bei Leuchter. Er entwickelte das Unternehmen weiter zu einem Anbieter für PC-Business und Netzwerke. Die zwischenzeitlich fehlende Programmierkompetenz kompensierte Marco Conconi, der 1991 als Partner bei Leuchter einstieg. Im gleichen Jahr verabschiedete sich das Unternehmen vom langjährigen Lieferanten Olivetti. Neu setzte Leuchter auf Compaq, seit der Übernahme 2002 auf HP.
Seit 2012 haben Jäggli und Conconi die Nachfolge im Rahmen einer Gruppenstruktur geplant, die bis 2025 umgesetzt sein soll. Dann sollen 80 Prozent der Leuchter-Aktien den Mitarbeitern gehören. Dafür wurde der Konzern in fünf Tochterunternehmen aufgeteilt, die mittlerweile im Besitz der Angestellten, der Geschäftsführer und der Leuchter Holding sind. Zusammen beschäftigen sie heute am Standort Luzern rund 80 Mitarbeiter – davon sieben Lernende.

MacTech Buncak: FileMaker-Apps

Die Computer-Probleme eines Professors nennt Pavel Buncak als Ausgangspunkt für seine Firmengründung. Er studierte in den 1980ern Mathematik an der Universität Basel. Professor Wolfgang Pollasek kam nach einer Vorlesung ihn zu mit der Bitte, ihm bei einem Problem mit einer Apple-Software zu helfen. Der Support war von Erfolg gekrönt, woraufhin Buncak eine Woche später als einer der jüngsten Datenassistenten eingestellt wurde. Durch Kontakte kam er zu Aufträgen der Firma Hoffmann-La Roche. Er entschloss sich, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen und gründete im Januar 1989 in Allschwil die Firma MacTech Buncak.
An der «Topsoft» in Baden 1992 war MacTech erstmals mit einem eigenen Stand präsent
Quelle: MacTech Buncak
Von Anbeginn an setzte Buncak auf die FileMaker-Plattform als Programmierumgebung. Darauf realisierte er Speziallösungen für unterschiedliche Anforderungen: eine Auftragssteuerung für Xerox, eine Budgetverwaltung für das Bethesda-Spital, ein Druckereisteuerung für Valora sowie eine Mitgliederverwaltung für den Novartis Angestellten Verband. Da die Aufgabenstellungen sich bei Unternehmen einer Branche ähnelten, programmierte Buncak die Lösung gleich für die gesamte Branche. Anschliessend erhielt der ursprüngliche Kunde sein Programm zu einem Vorzugspreis. Dieses Modell unter dem Markennamen «X-Line» erwies sich als erfolgreich. Selbst den Sprung über die Grenze schaffte MacTech: Eine ursprünglich für die Basler Rechtsmedizin entwickelte Software für die DNA-Analyse ist seit rund zehn Jahren in den Rechtsmedizin-Instituten der Universitäten Freiburg und Würzburg im Einsatz.
Neu bietet das Unternehmen mit Hauptstandort in Duggingen seine Lösungen auch zur Miete an. Die neue «BusinessX»-Software beziehen KMU beispielsweise aus der Cloud (kmux.ch). Die Anwendungen programmiert Inhaber Buncak – der jüngst erst geheiratet hat – weiterhin selbst. In den Niederlassungen in Saas-Fee und Berlin beschäftigt er sechs Angestellte, darunter einen Lehrling.

nag informatik: neue Wege in der IT

Die Informatik-Welt in der Finanzbranche war 1989 geprägt von Host Computing. Einzig die IT-Spezialisten bestimmten das Vorgehen und den Grad der Automatisierung. Das Business hatte kaum Mitspracherecht. In dieser Situation schickten sich drei langjährige Angestellte aus der Finanzbranche an, die IT-Vorherrschaft zu beenden. Bernard Schmitt, Florian Neuburger und Claudine Schmitt gründeten nag informatik (zuerst unter dem Namen Neuburger Aktiengesellschaft). Bei den IT-Dienstleistungen standen anstatt der Informatik nun neu das Business und seine Bedürfnisse im Zentrum. Dafür wurden gemeinsam mit den Fachspezialisten der Kunden zunächst die Ist-Prozesse aufgenommen und daraus anschliessend die Soll-Prozesse konzipiert – und wo sinnvoll automatisiert.
Florian Neuburger und Bernard Schmitt (von links) in den Gründerjahren von nag informatik
Quelle: nag informatik
Seit 1989 meldet nag informatik ein kontinuierliches, eigenfinanziertes Wachstum. Zu den Kunden zählen hauptsächlich Versicherungsunternehmen, aber auch die öffentliche Hand und Krankenkassen. In den Projekten der 1990er kamen noch häufig Individualentwicklungen zum Einsatz, ab 2003 brachten die Experten von nag informatik die Tool-Suite «nag migrate» mit. Unter anderem bei der Basler Versicherung, Allianz Suisse und Zurich bewährte sich die Software für Datenmigrationen. Die 2008 lancierte Lohnmeldeverarbeitung «nag elm» kam und kommt zum Beispiel bei Helvetia und Swica zum Einsatz. Weitere selbst entwickelte Lösungen für Business-Analyse, Projektmanagement, B2B-Lösungen und Testdatenmanagement kamen später hinzu. Seit einigen Jahren ist die Firma mit ihren Produkten für Datenmanagement auch im Ausland tätig, hauptsächlich in Deutschland.
Bernard Schmitt amtete bis 2012 als CEO. Mittlerweile ist er im Ruhestand. Sein Nachfolger ist René Güttinger. Mitgründer Florian Neuburger ist der Verwaltungsratspräsident und noch immer als Senior Business Consultant tätig. Claudine Schmitt schliesslich unterstützt nag informatik weiterhin bei Projekten. Am Hauptsitz in Basel zählt das Unternehmen heute rund 40 Mitarbeiter.

rombus: ICT-Reinigungen

Der Drang zur Selbständigkeit war der Ausgangspunkt für Markus Renggli, 1989 die Firma CCS Computer Clean Service Luzern zu gründen. Ausserdem wollte er nach eigener Aussage etwas zu machen, was niemand professionell macht. Seine Geschäftsidee war, Dienstleistungen rund um die Reinigung von Informatikanlagen anzubieten. Waren es zunächst Computer und Drucker, so entwickelte sich das Angebot später in Richtung der Reinigung und Wartung von IT- und Kommunikations-Anlagen sowie Rechenzentren. Mittlerweile nimmt auch die Reinigung von industriellen Anlagen wie Kraftwerken einen grossen Teil des Angebots ein. Als gelernter Elektroniker beherrscht Renggli auch die Nassreinigung von Elektronik.
Auch Steckerleisten in Industrie-Anlagen reinigt und befestigt rombus neu
Quelle: rombus
CSS firmierte ab 1994 unter dem Namen rombus. Mitte der 2000er war der Start für einem Strategiewechsel: rombus befasst sich mit allen Belangen von Schmutz und Staub in der Elektronik. Die Firma erbringt Dienstleistungen, liefert Reinigungsmittel und berät sowie schult Kunden im ganzen DACH-Raum. Speziell bei Umbauten bietet rombus heute weiter auch den Schutz von Anlagen und System an. Wie Renggli sagt, will er noch mindestens 20 Jahre weitermachen und die Beratung im DACH-Raum vorantreiben.

Scheuss & Partner: vom PC in die Cloud

Die Schweiz war Ende der 1980er-Jahre das Land mit einer der grössten Verbreitungen von Personal Computern. Mit der Assemblierung von PCs liess sich noch gutes Geld verdienen. Erst recht, wenn die Komponenten direkt sowohl aus Hongkong als auch Taiwan importiert wurden, dachten sich Felix Scheuss und Stefan Kunz. So gründeten sie 1989 die Computer Trade Scheuss & Co. und verkauften im Ladenlokal an der Zentralstrasse 9a in Volketswil hauptsächlich Hard- sowie Software nach individuellem Kundenwunsch. 1993 kam eine Filiale in Zürich Milchbuck hinzu, 1995 zügelte die Firma komplett in die Limmatstadt.
An der Zürcher Schaffhauserstrasse verkaufte Scheuss & Co. ab 1993 selbst montierte PCs
Quelle: Scheuss & Co.
Im neuen Jahrtausend wurde der Handel mit und das Montieren von Endkunden-Hardware je länger, je weniger lukrativ. Scheuss baute 2001 eine Dienstleistungs-Abteilung inklusive Helpdesk auf. Im Jahr 2006 gab das Unternehmen die Assemblierung von PCs komplett auf und beschränkte sich auf den Vertrieb vorgefertigter Lösungen der grossen Hardware-Hersteller. Auch zielte das Angebot deutlich stärker auf den B2B-Bereich. Mit dem Umzug nach Zürich Schwamendingen 2007 wurden Verkauf und Dienstleistungen an einem Standort vereint.
Mit der Gründung des Tochterunternehmens publicloud stieg Scheuss 2012 in das Cloud-Geschäft ein. Neben der eigenen Rechenzentrums-Infrastruktur bot das Unternehmen auch Managed Services und Support bei den Kunden vor Ort an. Auch diese Geschäftsidee sollte sich auszahlen. 2017 regelte Felix Scheuss seine Nachfolge über ein Management-Buy-out. Sechs neue Partner erwarben Aktien, das Unternehmen firmierte neu als Scheuss & Partner. Mitgründer Scheuss ist noch als Verwaltungsratspräsident aktiv. Sein Gründungskollege Stefan Kunz hatte sich schon einige Jahre zuvor ganz in die Pension verabschiedet.
Der heutige Geschäftsführer, Stefan Cicigoi, ist selbst schon seit 21 Jahren im Unternehmen. Er führt zusammen mit seinem Team von rund 35 Mitarbeitern, davon zwei Auszubildende, die Geschäfte von Scheuss & Partner fort.

Swiss Infosec: integrale Sicherheit

Reto Zbinden gründete Swiss Infosec im Jahr 1989. Er führt das Unternehmen noch heute
Quelle: Swiss Infosec
Schon während seines Jus-Studiums in Bern erkannte Reto Zbinden die Chancen und Risiken im Bereich Datenschutz und Informationssicherheit. Für seine neu gegründete Firma Swiss Infosec schrieb er sich die «Integrale Sicherheit» auf die Fahne. Gemeint war eine gesamtheitliche Betrachtung der Sicherheit von den Informatik-Systemen über das Krisen- und Risikomanagement, das Business Continuity Management bis hin zur physischen Sicherheit. Mit dem Geschäftsansatz «Genau so viel, wie Sie brauchen und angemessen ist» war Zbinden bis anhin immer am Puls der Zeit. Er konnte bald kleine und grosse Unternehmen sowie auch international tätige Konzerne bedienen. Dafür baute er mit seinen Freunden Matthias Grütter und Hans Zemp ein verlässliches Team auf. Alle drei zählen noch heute zum Kern von Swiss Infosec.
Im Jahr 1992 lancierten Zbinden und seine Kollegen den ersten Lehrgang zum «Informations- und IT-Sicherheitsbeauftragten», womit sie Swiss Infosec als Ausbildungsinstitut etablierten. Im Jahr darauf veröffentlichte der Gründer die erste Ausgabe seines Standardwerks «Informations- und IT-Sicherheit in Theorie und Praxis».
Gut zehn Jahre später war das Thema IT-Sicherheit allgegenwärtig, genauso wie der Schädlingsbefall in Schweizer Unternehmen. Swiss Infosec erhielt 2004 ein Mandat als externer Security Officer. Von nun an gab es den Chief Security Officer zur Miete. Da die Fachkräfte insbesondere im Sicherheitsbereich rar waren, entschloss sich Zbinden 2005, selbst Lehrlinge zum Mediamatiker EFZ auszubilden. Die Belegschaft wuchs weiter. Deshalb bezog Swiss Infosec 2007 einen neuen Standort in Sursee. Anschliessend folgte die Diversifizierung des Geschäfts.
Zunächst wurde 2017 die Software-Entwicklung in die Tochterfirma Swiss GRC ausgegliedert. Sie programmiert, betreut und wartet die hauseigene Software «GRC Toolbox». Die Lösung wird auch in Grossbritannien vermarktet, wofür eine Gesellschaft auf der Insel gegründet wurde. 2018 folgte dann die Tochterfirma in Deutschland. Sie bedient hauptsächlich Schweizer Unternehmen, die aufgrund der DSGVO neu eine Niederlassung in der EU benötigen. Für diese Kunden übernimmt das Berliner Büro von Swiss Infosec die Vertreterfunktion. Die Unternehmensgruppe beschäftigt mittlerweile über 40 Angestellte. 2019 trat auch Zbindens Sohn Dominic in das Unternehmen ein.

Die «kleinen» und die «verlorenen» Jubilare

Eine ganze Reihe weiterer Schweizer IT-Unternehmen feiert in diesem Jahr ebenfalls ihr 30-jähriges Bestehen. Aufgrund der zu tiefen Umsätze schafften sie es allerdings nicht ins Top-500-Ranking. Dennoch gehen unsere besten Glückwünsche auch an: den CAD-Spezialisten Abvent, den IT-Dienstleister Comlight, den langjährigen Abacus-Partner Ernst + Partner, den ERP-Anbieter Geste Informatique aus Carouge, den Industrie-Anlagenspezialist Ist System Technik, den Software-Anbieter Sirius Technologies, den Distributor Sotec Software sowie den Verband Yetnet, der 27 Aargauer und Solothurner Antennenbetreiber vereint.
Weiter erleben einige 1989 gegründete Informatik-Firmen ihren diesjährigen Betriebsgeburtstag leider nicht mehr. Zu den «verlorenen» Jubilaren zählen der Dokumentenmanagement-Spezialist A + A Anadon-Allam, die beiden Sicherheitsanbieter Critical Path und Eracom Technologies, der Projektmanagement-Experte Helix Business-Soft, der PC-Assemblierer Jet Schweiz IT sowie der Dynamics-Partner KCS.net. Das IT-Beratungsunternehmen redtoo wurde Ende 2016 von der Unternehmensgruppe Vinci Energies Schweiz übernommen und firmiert heute unter dem Namen Axians redtoo. Im gleichen Jahr übernahm Bechtle Schweiz die 1989 gegründete Firma Steffen Informatik. Sie wird als Bechtle Steffen weitergeführt.
Die 1989 gegründete Andersen Consulting ist heute als Accenture auch in Zürich domiziliert
Quelle: Accenture
Schliesslich eröffneten vor 30 Jahren diverse globale IT-Firmen eine Niederlassung in der Schweiz. Aus dem 1989 gegründeten Beratungskonzern Andersen Consulting sollte 2001 Accenture werden. Schon seit 2003 lenkt Thomas Meyer die Geschäfte der Schweizer Büros in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano und Zürich. Der IT-Dienstleister Attachmate Schweiz wurde 2014 von Micro Focus übernommen. Das Software-Unternehmen Citrix steuert das Geschäft ausserhalb der USA seit 1989 von Schaffhausen aus. Die Schweizer Tochterfirma von cobra wurde 2007 vom deutschen Software-Haus Buhl Data gekauft. Die als Crosstec Engineering gegründete und 1992 von Micronas übernommene TDK-Micronas wurde 2017 vollkommen in TDK integriert. 2004 liquidiert wurde die Niederlassung des Entwicklers der legendären Tabellenkalkulation 1-2-3, Lotus Development in Regensdorf. Hingegen weiterhin bestens florieren die 1989 eröffneten Schweiz-Gesellschaften von Microsoft, NTT Data, SAS sowie Verizon Wireless.



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