Make or Buy? Darauf kommt es an

So Bleibt Know-how in der Unternehmens-IT erhalten

Für Leuthard Bau ist es wichtig, das Prozess-Know-how inhouse zu halten. Das Gleiche gelte für die Leitung aller IT- und Business-Projekte. Die Betreuung der Infrastruktur und des Netzwerks habe man hingegen ausgelagert. «Dieses Wissen können wir nur schwer erarbeiten, es wandelt sich ständig», sagt Furrer. Es sei schlicht zu kostspielig, immer auf dem aktuellen Stand bleiben zu müssen.
“Wir bauen Wissen da auf, wo wir es haben wollen und sorgen dafür, dass es intern vorliegt„
Walter Furrer, Leuthard Bau
Angst vor einem Know-how-Verlust hat Furrer trotzdem keine. «Wir bauen das Wissen da auf, wo wir es haben wollen und sorgen dafür, dass es intern vorhanden ist.» Zudem sei für ausgelagerte Bereiche eine aktuelle und vollständige Dokumentation Pflicht. Auch Lukas Ritter, Informatik­leiter der Gibb Berufsfachschule in Bern, will wichtiges Know-how auf keinen Fall verlieren. «Wir entscheiden sehr bewusst, in welchen Fällen wir Outsourcing betreiben wollen und wo es für uns wichtig ist, dass wir das Know-how weiterhin im Unternehmen halten», sagt Ritter.

Kommunikation ist alles

Furrer geht davon aus, dass der Trend weiter weg von Make und hin zu Buy geht. Für Leuthard Bau werde sich die Sourcing-Strategie allerdings nicht gross verändern. «Wir sind ja bereits sehr stark im Buy-Bereich aktiv», wie Furrer weiter ausführt. Auf die Frage, was die grössten Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit den Sourcing-Partnern sei, antwortet der Projektleiter IT: «Es braucht klare Spielregeln, die eingehalten werden müssen.» Im Vordergrund stehe dabei eine verständliche und offene Kommunikation. Und es helfe, wenn die Unternehmenskultur der Partner zusammenpasse.
Roger Notter, CEO des Fullservice-Anbieters Enkom aus Sursee, fordert ebenfalls eine direkte Kommunikation. «Wir erwarten, dass Partner uns proaktiv auf neue Lösungen aufmerksam machen. So bleiben wir stets am Ball und können situativ unsere Strategie anpassen.»

Flexibilität und Kundennähe sind zentral

Quelle: Computerworld/Swiss-IT 2020
Auch die Haecky Gruppe aus Reinach hat der Redaktion ihre Make-or-Buy-Strategie verraten. Sie produziert kandierte Früchte, Marroni-Spezialitäten und Bäckerei- und Patisserie-Produkte inhouse und distribuiert Lebensmittel und Spirituosen. «Die IT-Programmierung und die Transportlogistik überlassen wir Dritten», sagt Peter Haecky, 
Vizepräsident des Verwaltungsrats. Sie verfügten in ihren Spezialgebieten über mehr Wissen.
Um nahe am Kunden zu bleiben, achte man aber darauf, die wichtigsten Prozesse in eigener Hand zu halten. «Als Familienfirmengruppe mit 28 Aktionären und einer 104-jährigen Geschichte ist es unabdingbar, flexibel auf neue Herausforderungen reagieren zu können», sagt Haecky. Das sei auch der Grund, warum man seine Make-or-Buy-Strategie mit allen Involvierten und Geschäftseinheiten abstimme.
Für das Unternehmen Brugg Lifting ist die Nähe zu den Kunden ebenfalls zentral. Es stellt Aufzugs-, Architektur- und Drahtseile sowie Zurr- und Hebemittel her. «Unsere Kunden legen immer mehr Wert auf massgeschneiderte Lösungen», sagt Cristina del Valle, Head of Supply Chain. Der Trend gehe darum in Richtung Make. «Wir haben erkannt, dass Standardlösungen nach dem Prinzip ‹one shoe fits all› nicht unserer Unternehmenskultur entsprechen.»

Der Erfahrungsaustausch ist wichtig

Auch das Kantonsspital Obwalden (KSOW) nahm Stellung. Es ist Mitglied in der Vereinigung Gesundheits Informatik, in der es Erfahrungen offen teilt. Das Spital sei kein Early Adopter und setze auf Standardisierung, sagt Informa­tikleiter Roland Blättler.
Die IT betreibe man inhouse und Fat Clients, Thin Clients und Tablets bestücke man selbst mit Standard-Software. Das KSOW kontrolliere Medizin-Technik-Geräte, Speicher, Netzwerk, Firewall und Applikationen. Auch Evaluation, Beschaffung, Betrieb und Monitoring liege in der Hand des Spitals.
Speziell dabei ist die breit gefächerte Kundschaft der Spital-Informatik: Bürger, Steuerzahler, Patienten, Behörden, Kanton, Bund, vor- und nachgelagerte Betriebe, Ärzte, Rega, Rettungsdienste, Spitex, andere Spitäler und interne Nutzer. Rund um die Uhr ein nahtloses Benutzererlebnis zu garantieren, sei eine Herausforderung, sagt Blättler. Es sei kein Scheitern, wenn das nicht immer gelinge – «sondern ein ganz normaler Aspekt der Digitalisierung».

Besondere Kriterien im Gesundheitswesen

«Wir machen alles selber, ausser entwickeln», sagt Blättler. Die Klinischen Applikationen und die Abläufe passe man selbst an, weil die Prozesse in jeder Gesundheitseinrichtung anders seien. Nur für spezifische Entwicklungen, etwa im Bereich des Enterprise Ressource Planning und beim Krankenhausinformationssystem, kooperiere das KSOW mit externen Dienstleistern. Der Markt sei in der Schweiz dafür zwar klein. Gute Partner zu finden, sei aber kein Problem.
Auf die Frage, warum das Spital mit Externen zusammenarbeitet, sagt Blättler: «Die hohen Kosten eigener klinischer Entwicklungen und der notwendige 
Zufluss von Know-how sind für uns nicht finanzierbar.» 
Ein grosses Spital in Zürich könne sich die Entwicklung 
eines Krankenhausinformationssystems leisten, für kleinere Gesundheitseinrichtungen sei das aber unmöglich. «Im Intranet verfolgen wir die Strategie Web First, um 
alles auf eine Plattform zu bringen», sagt Blättler.
Darauf sei nicht nur der Menüplan abgebildet, sondern auch durchgängige Informatik- und Human-Ressources-Prozesse. Er wünscht sich, den bestehenden Mix von internen und externen Know-how-Trägern in dem Bereich zu verstärken. Intranet-Anwendungen könnte man dadurch schneller live schalten. Ideen gebe es zuhauf, aber die Umsetzung ziehe sich meist in die Länge.



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