Hier investiert die Schweiz in die IT-Zukunft

Kooperation und Dezentralisierung

Die Energieversorger in der Schweiz bereiten sich weiterhin auf die Liberalisierung des Strommarkts vor. In Zukunft sollen wie bis anhin schon Grossverbraucher auch Privatpersonen ihren Energielieferanten frei wählen können. Über den Zeitpunkt sind sich die Politiker und Unternehmen allerdings bisher nicht einig geworden. Einige Konzerne nahmen die anstehenden Marktöffnung aber zum Anlass, schon im Vorfeld zu handeln. Die EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich), EBM (Genossenschaft Elektra Birseck) und Romande Energie lagerten ihre Backoffices in eine gemeinsame Dienstleistungsfirma aus. In diesem Zusammenhang bekam der IT-Dienstleister Avectris den Auftrag, für rund 4,5 Millionen Franken die ERP-Systeme der drei Konzerne zusammenzuführen. Auf der künftigen IT-Plattform soll die operative Tätigkeit – vom Messdienst bis hin zur Rechnungsstellung – der drei Versorger standardisiert werden. Für das Ablesen der Stromzähler hat Avectris aus­serdem eine App entwickelt, mit der die Zusteller der Schweizerischen Post in Zukunft unter anderem die Zähler von Romande Energie kontrollieren.
In Walenstadt wird «Quartierstrom» über die Blockchain abgerechnet
Quelle: Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt
Zum ersten lokalen Strommarkt der Schweiz haben sich in Walenstadt 37 Haushalte und ein Alterszentrum zusammengeschlossen. Sie nehmen teil am Pilotprojekt «Quartierstrom», in dem seit Anfang Jahr lokal erzeugter Solarstrom über eine Blockchain in der Nachbarschaft vermarktet wird. «Im Januar hatten wir eine sehr tiefe Stromproduktion, weil sich die Sonne wenig zeigte oder Schnee die Solaranlagen bedeckte», sagt Christian Dürr vom Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt. Den wenigen Strom haben die Teilnehmer meist im eigenen Haushalt verbraucht. Erst wenn Überschüsse produziert werden, kommt es zum Handel über die Blockchain. Dies zeigte sich in den (sonnigeren) ersten beiden Februarwochen: Gut 32 Prozent der Gesamtproduktion wurde in der Nachbarschaft gehandelt – knapp 50 Prozent wanderte direkt in den zugehörigen Haushalt. Nur 18 Prozent ging an den Energieversorger. Vom gesamten Stromverbrauch konnte die Gemeinschaft immerhin 25 Prozent mit lokalem Solarstrom decken. An sonnigen Tagen stieg dieser Anteil auf 37 Prozent. Im Verlauf des einjährigen Pilots sollen nun erstens Erfahrungen mit der eigens entwickelten Blockchain-Lösung gesammelt werden. Zweitens wird protokolliert, wie sich die Nutzer im lokalen Strommarkt verhalten.



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