Stadtratskommission gibt Auskunft
13.12.2021, 07:29 Uhr

Das sind die Gründe für das Berner «base4kids2»-Debakel

Das Debakel bei der Einführung der neuen Berner Schulinformatik geht auf eine Reihe strategischer Fehler und auf ungenügendes Projektmanagement zurück. Zu diesem Schluss kommt die Aufsichtskommission des Stadtrats.
(Quelle: Beat Bossert/Unsplash)
In der Stadt Bern wird das Debakel rund um das IT-Projekt «base4kids2» aufgearbeitet. Vergangenen Freitag präsentierte die Aufsichtskommission des Stadtrats vor den Medien nun ihren Untersuchungsbericht. Die Stadt wollte demnach innert kürzester Zeit eine schweizweit einmalige Schulplattform entwickeln, ohne über genügend Ressourcen und das notwendige Wissen zu verfügen.
Bei der Ausschreibung sei juristisch korrekt gehandelt worden, sagte Claudine Esseiva (FDP), Leiterin des Untersuchungsausschusses. Doch eine Endnutzer-Analyse habe man nicht gemacht. Man habe sich also nicht gefragt, was die Schulen genau bräuchten. Zudem habe man die Kenntnisse der Lehrkräfte wohl überschätzt und den Support-Bedarf massiv unterschätzt. Die Verantwortlichen hätten den Fokus zu wenig auf markterprobte Produkte gelegt und stattdessen auf eine Open-Source-Lösung gesetzt, ohne dabei wie ursprünglich geplant mit anderen Städten zusammenzuarbeiten.

Viel Ärger

Unter «wahnsinnigem Zeitdruck» sei die Lernplattform ab Herbst 2019 eingeführt worden. Lange Zeit sei verwaltungsintern alles schöngeredet worden. Dabei gab es aus den Schulen von Beginn weg Klagen: Drucken sei fast unmöglich, Geräte stellten von alleine ab, Dokumente seien kaum zu bearbeiten. Lehrkräfte kritisierten, ein vernünftiger Unterricht sei so nicht möglich.
Solche Feedbacks seien nicht genügend berücksichtigt worden, hält die Aufsichtskommission fest. Der Umgang mit Kritik gehöre zu den zentralen strategischen Fehlern, genau wie das fehlende Risikomanagement.

Hohe Kosten

Für «base4kids2» sprach das Volk 2018 insgesamt 24 Millionen Franken. Später wurde ein Nachkredit von 2,7 Millionen Franken nötig. Vor zwei Wochen versicherte die Bildungsdirektion, das Projekt sei mittlerweile auf Kurs (Computerworld berichtete). So wurden zusätzliche Stellen in der Verwaltung geschaffen, und vor allem wurde die Open-Source-Software durch Microsoft Office ersetzt. Wie viel Geld bislang in den Sand gesetzt wurde, liessen die Vertreterinnen der Aufsichtskommission am Freitag offen. Auch sei es nicht ihre Aufgabe zu bewerten, wie gut das Projekt mittlerweile aufgestellt sei.
Klar sei, dass angesichts der hohen Kosten und der vielen betroffenen Lehrkräfte, Eltern und Schulkinder einige Lehren für die Zukunft gezogen werden müssten. Die Kommission richtet eine Reihe von Empfehlungen an die Stadtregierung und die Bildungsdirektion unter Gemeinderätin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis).

Grossprojekte als Chefsache

Grossprojekte wie «base4kids2» müssten künftig klar als Chefsache behandelt werden, sagte Kommissionspräsidentin Edith Siegenthaler (SP). Probleme müssten rechtzeitig erkannt werden, sodass man reagieren könne. Weiter müssten die verschiedenen Direktionen und Abteilungen zwingend konstruktiv zusammenarbeiten. Auch brauche es verwaltungsintern mehr Kompetenz für Informatikprojekte. Diese müssten von der Stadtverwaltung professionell begleitet werden können, ohne dass man sich in eine Abhängigkeit von Informatik-Anbietern begebe.
Der Bericht der Kommission wird nun dem Stadtrat vorgelegt. Die GFL/EVP-Fraktion zeigte sich am Freitag in einem Communiqué «beunruhigt» über die Vielzahl von Fehlentscheidungen bei «base4kids2». Das Schulamt müsse dringend besser aufgestellt werden.



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