Rückblick 30.12.2008, 14:34 Uhr

ERP im Mittelstand 2008

Wer auf bahnbrechende Neuentwicklungen im ERP-Geschäft gewartet hatte, wurde 2008 weitgehend enttäuscht. Grosse Umwälzungen liess die Software-Branche vermissen. Was bleibt, ist der Bedarf mittelständischer Unternehmen an modernen Anwendungen.
Grosse Hypes sind ausgeblieben. Trotzdem hat sich 2008 im ERP-Segment einiges getan.
Anwenderunternehmen suchen nach neuer Software, weil ihre bestehenden Programme teilweise zehn und mehr Jahre auf dem Buckel haben. Die Pflege dieser meist kaum noch erweiterbaren Software kommt Unternehmen oft teuer zu stehen. Deshalb begeben sich viele Firmen auf die Suche nach ERP-Software.
Die Hersteller entwickeln ihre Produkte weiter, indem sie ihre Lösungen auf moderne Plattformen wie .NET oder Java hieven, bessere Berichtsfunktionen einfügen, neue Frontends entwickeln sowie ihre Produkte mittels Web-Services öffnen, um Drittsysteme besser ankoppeln zu können. Einige Anbieter konnten 2008 schon Ergebnisse vorweisen.

SAP verschiebt Business ByDesign

Für viel Aufregung sorgte 2008 ein Erzeugnis, das am Ende gar nicht auf den Markt kam. SAPs neues Produkt "Business ByDesign" weckte grosse Erwartungen, doch die Markteinführung wird sich vermutlich noch bis Ende 2009 hinziehen.

Wartungsaufschlag schockt die SAP-Kunden

Einen Sturm der Entrüstung entfachte die Walldorfer durch die Ankündigung, die Software-Wartung deutlich zu verteuern. Betroffen sind davon vor allem mittelständische Kunden. Das Thema wird den Konzern auch noch nächstes Jahr beschäftigen. Zumindest hat SAP nun die Kündigung der Wartungsverträge für deutsche und österreichische Kunden zurückgenommen. Die Firmen können im Jahr 2009 zwischen Standard- oder Enterprise Support wählen (siehe auch "##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"46880","page":0,"text":"Enterprise Support: SAP Schweiz bleibt stur","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!"). . Allerdings hat SAP schon durchblicken lassen, die Standardwartung, die bisher 17 Prozent vom Lizenzpreis kostete, "im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten" ab 2010 zu verteuern. Auf diese Weise will der Software-Anbieter das Vertrauen der Software-Nutzer zurückgewinnen.

Sage will ins internationale ERP-Geschäft

SAP-Konkurrent Sage hatte sich bisher darauf konzentriert, ERP-Software für jeweils lokale Märkte anzubieten. Allerdings stehen viele Mittelständler vor der Aufgabe, ihre Geschäftsprozesse in verschiedenen Ländern auszurollen. Besonders die Kunden aus dem gehobenen Mittelstand, die für die Lösung von Sage Bäurer in Frage kommen, musste der Hersteller mangels international ausgelegter Software abweisen. Mit dem aus Frankreich stammenden Produkt "ERP X3" hofft Sage eine Lücke zu schliessen. Ob und wie das gelingt, wird sich wohl erst im nächsten Jahr zeigen.

Microsoft zieht Dynamics Entrepreneur zurück ...

Microsoft dagegen nahm ein Produktangebot vom Markt, weil es sich nicht verkaufen liess. Mit "Dynamics Entrepreneur" hatte der Konzern gehofft, mit kleinen Unternehmen ins Geschäft zu kommen. Die technische Basis bildete das Kernprodukt "Dynamics NAV" (vormals Navision).

... und schickt neue Navision-Generation ins Rennen

Mit Dynamics NAV 2009 brachte Microsoft zum Jahresende eine neue Software-Generation der verbreiteten Geschäftsapplikation auf den Markt, die sowohl eine neue Architektur als auch eine neue Benutzeroberfläche bereitstellt. Zudem soll die ERP-Umgebung über Web-Services mehr Möglichkeiten bieten, andere Programme einzubinden.

Welche ERP-Software der Mittelstand will

Bedarf an ERP-Software besteht weiterhin. Firmen aus dem Mittelstand modernisieren ihre Geschäftsapplikationen. Viele Unternehmen steigen auf aktuelle Versionen ihres Lieferanten um. In vielen Fällen trennen sie sich jedoch auch vom bisherigen System, weil es sich nicht mehr erweitern respektive weiterentwickeln lässt. Oft verwenden Betriebe mehrere, unter Umständen eher schlecht als recht integrierte Anwendungen. Mitunter haben die Programme zehn und mehr Jahre auf dem Buckel und sind am Ende ihres Lebenszyklus angelangt.
Bei der Wahl des Produkts spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, unter anderem die Branchenausrichtung der Geschäfts-Software. Manche Unternehmen wollen möglichst viele Funktionen über den Standardumfang der Lösung abdecken können, um den Anpassungsaufwand in Grenzen zu halten.
Speziell für den Mittelstand hat auch ERP-Marktführer SAP in Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen branchenorientierte Applikationen aufgelegt. Im Herbst hatte der Konzern das Angebot ausgebaut.

ERP-Einführung bleibt ein heisses Eisen

Die Auswahl des geeigneten Produkts ist schon eine Leistung, doch danach beginnt die eigentliche Arbeit erst. Die Einführung einer Geschäftsapplikation stellt für den Mittelstand eine hohe Belastung hinsichtlich Budget, Organisation und Personalkapazität dar. Daran hat sich auch 2008 nichts geändert. Einerseits muss die Chemie innerhalb des Projektteams stimmen, andererseits müssen IT-Anbieter und Anwender die gleiche Sprache sprechen können. Selbstverständlich ist das keineswegs. Für Probleme sorgen weit mehr schlechte Kommunikation und unklare Zuständigkeiten als technische Defizite eines Software-Produkts. Zwar gibt es Einführungsmethoden und -werkzeuge, doch diese werden nicht immer konsequent genutzt.
Projekte stehen und fallen mit einer geeigneten Projektleitung. Der Projektleiter sollte nicht nur viel von ERP verstehen, sondern vor allem die Prozesse des Unternehmens kennen und mit den "Betroffenen" umgehen können.

Und wie geht es weiter?

Was das Jahr 2009 vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Abschwungs für den ERP-Markt bringt, lässt sich schwer vorhersagen. An umfängliche Neuinvestitionen dürften sich viele Firmen nicht heranwagen. Bereits begonnene Vorhaben werden unter Umständen zeitlich gestrafft. Andererseits können Unternehmen gerade mit Investitionen in Geschäftssoftware ihre Prozesse effizienter gestalten und damit Geld sparen.
Frank Niemann/idg



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