02.05.2017, 14:12 Uhr

Vision Smart City

Die Digitale Transformation macht auch vor den Städten nicht halt. An der SmartSuisse trafen sich Vertreter aus Wirtschaft, Forschung und Politik, um über smarte Schweizer Städte zu debattieren.
Das Internet der Dinge (IoT) läutet eine neue Stufe der Digitalisierung ein. Das Thema Smart City ist mittlerweile in aller Munde und auch in der Wirtschaft angekommen. Ein Grossteil der Unternehmen ist dabei, strategisch darauf zu reagieren. Wer jedoch nicht proaktiv auf diese Herausforderung reagiert, geht das Risiko ein, Marktanteile zu verlieren oder ganz von der Bildfläche zu verschwinden.
Und auch die Städte müssen dringend nachziehen. Verglichen mit Städten aus dem Silicon Valley oder asiatischen Metropolen wie Singapur und Seoul krebsen Schweizer Städte und Gemeinden allerdings noch etwas lahm diesem Trend hinterher. Trotzdem gewinnt das Thema auch hierzulande zunehmend an Bedeutung und werden überall Projekte angegangen. Um sich über den Stand der Dinge in Sachen einer smarten, vernetzten Schweiz auszutauschen, trafen sich rund 400 IT-Entscheider, Wissenschaftler und Vertreter aus Politik und Wirtschaft im Congress Center Basel an der Konferenz SmartSuisse. Nächste Seite: Mehr Mut zum Risiko

Der Schweiz fehlt die grosse Vision

Immer mehr Menschen leben in Städten, vor allem in den Bereichen Energie und Verkehr stehen wir daher vor grossen Herausforderungen. Und in der Tat: Hinsichtlich Mobilität und Energieeffizienz tut sich einiges, wenn auch noch nicht genug, wie die Mehrheit der Keynote Speaker mahnte. «Ein erster Schritt zur Smart City wäre, mehr aus der Zukunft her zu denken und nicht nur Gestern auf Morgen zu projizieren», sagte Dr. Jörg Beckmann, Geschäftsführer Mobilitätsakademie & Verband Swiss eMobility.
Klartext redete auch Andreas Meyer, CEO der SBB: «Wir sind noch zu selbstzufrieden. Wir haben ein Riesenpotenzial, das wir aber nicht sehen und drohen daher den Trend zu verschlafen». Dabei hätte die Schweiz, im Vergleich zu anderen Ländern, in denen Grossstädte existenzielle Probleme zu lösen hätten, allenfalls Finanzierungsprobleme für die Infrastruktur. Andere Länder hätten klarere, handfeste Zielsetzungen, wir hingegen seien in der Regel nicht mutig genug.
Für Singapur beispielsweise sei die Schweiz einmal Vorbild gewesen, wie sich einst Caroline Seah, Direktorin von Singapurs Urban Planning Excellence Departement äusserte, doch das sei lange vorbei. Einige der besten Schweizer Leute arbeiten heute im asiatischen Stadtstaat, weil sie dort mehr erreichen können, als hier. «Der Schweiz fehlt die grosse Vision», so der SBB-Chef. Nächste Seite: Viel Geld an der falschen Stelle Auch beim Einsatz von öffentlichen Mitteln fehle uns der Mut. «Wir geben viel Geld aus, aber nicht immer an der richtigen Stelle», Meyer weiter. Auch wenn man hierzulande nicht gerne Szenarien durchspiele, so werden diese dringend benötigt, auch auf die Gefahr hin, daneben zu liegen und Fehler zu machen. Die SBB engagieren sich mit vielen Projekten in den Bereichen Verkehr und Städteplanung, man ist schon lange nicht mehr nur schienengebunden. Auch autonome Autos werden in die Planung einbezogen. Einer Untersuchung zufolge liessen sich durch autonome Fahrzeuge rund 60 Milliarden Franken pro Jahr einsparen.  

Lösungen, die im öffentlichen Interesse stehen

«Das Strassenverkehrssystem ist eines der ineffizientesten Systeme, die es gibt», sagte Dr. Carl Friedrich Eckhardt, Leiter Kompetenzzentrum Urbane Mobilität von BMW. Daher sei On-demand-Mobility so wichtig. «Hier können wir die Chancen der Digitalisierung ausnutzen.» Es sei an der Zeit Qualitätsziele zu definieren, Angebote zu erweitern und Partizipationsprozesse einzuführen. Und auch regulativ müsse etwas verändert werden und Bedingungen geschaffen werden, die das öffentliche Interesse unterstützen.
Der Bürger, hier waren sich alle Redner einig, müsse aktiv in Smart-City-Vorhaben eingebunden werden. Diese finanzieren mit ihren Steuern schliesslich auch einen Grossteil der Projekte. Viele beschäftigen sich aber noch zu wenig mit dem Thema. Die ETH will mit sogenannten Massive Open Online Courses (MOOCs) hier Abhilfe schaffen und die Bevölkerung für Smart City begeistern und sensibilisieren. Nächste Seite: Auf Start-ups setzen Auch Jamie Cudden, Smart City Programme Manager im Dublin City Council, nahm einigen Vorrednern ein wenig den Wind aus den Segeln. Die meisten Städte würden das wirtschaftliche Potenzial von Smart-City-Projekten noch gar nicht sehen. Und entgegen der Aussagen von Marktforschern, die für smarte Städte schon Milliardengewinne wittern, würden viele mit Smart City noch gar kein Geld verdienen. Städte müssten Daten sammeln und selbst vermarkten, meinte auch Andreas Christian Moser, Chief Digital Officer und CTO von Cisco. Anderenfalls springen Privatunternehmen in diese Lücke und sahnen am Ende die Gewinne ab. Dublins Smart City Chef Cudden empfahl den Zuhörern nicht immer auf dieselben, etablieren Unternehmen zu setzen und stattdessen mit Start-ups zusammenzuarbeiten. Schliesslich kämen über die Hälfte aller IoT-Innovationen auf dem Markt aus den Ideenschmieden von Jungunternehmen.

Vom Kunden her entwickeln

Smart Cities sind gelb, liess Roman Cueni, Leiter Mobilitätslösungen der PostAuto Schweiz AG verlauten. «Wir wollen vom Kunden her Lösungen entwickeln», so Cueni. Die Post ist mit verschiedenen Projekten am Start. Realisiert ist beispielsweise «NordwestMobil» - ein Projekt von PostAuto in Kooperation mit dem TCS und den Basler Verkehrsbetrieben BVB. Hiermit lassen sich Verkehrsmittel vergleichen und kombinieren sowie freie Parkplätze und Events finden.
«My Local Services» ist eine Webplattform für Gemeinden, die Dienstleistungen des lokalen Gewerbes, der Gemeinden sowie der Post verbindet. Im auf fünf Jahre angelegten Mobilitätslabor arbeiten der Kanton Wallis, die Stadt Sitten, die ETH Lausanne, die HES-SO Valais-Wallis und Post zusammen an der Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen. Man darf auf die Ergebnisse gespannt sein. Nächste Seite: Transparenz mit Open Data

Mehr Open Data!

Prof. Dr. Kay W. Axhausen vom Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich, plädierte schliesslich dafür, (mehr) Open-Data-Quellen zu nutzen. «Anderenfalls wäre beispielsweise eine Verkehrsplanung der Stadt Zürich gar nicht möglich», weil schlicht und einfach kein Geld da sei, all diese Daten selbst zu erheben.
Open Data hingegen ermöglicht auf der einen Seite ein offenes Ökosystem an Nutzern und Entwicklern, erhöht sowohl Vertrauen als auch die Qualität der Daten und beschleunigt die Innovation. Auf der anderen Seite verlangt es Aktualität, Geokodierung, stabile Metadaten sowie Fehlertoleranz und -korrektur. Alles in allem ging die SmartSuisse erfolgreich über die Bühne, viele Referenten waren ungewohnt offen und die Aussteller gaben sich am Ende des Tages über das Interesse und die Besucherfrequenz zufrieden.




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